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Neugestaltung des Umfeldes des Neanderthal Museums

Ort des Wettbewerbs Mettmann
Wettbewerbstyp Anonymer, einstufiger, begrenzt offener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren und zehn Zuladungen


Preise
1. Preis (23.000 DM) Lützow 7 – Müller, Wehberg, Berlin;
Mitarbeiter: Meißle, Rave;
Sonderfachleute: Fachberatung: Mildner
2. Preis (14.500 DM) Kiefer, Berlin;
Mitarbeiter: Bernard, Becker
3. Preis (9000 DM) wbp – Wolf, Junge, Bochum;
Mitarbeiter: Bochholt, Hagemann;
Sonderfachleute: Architekt: Tjarks
1. Ankauf (6000 DM) Lohaus, Carl, Hannover;
Mitarbeiter: Krause, Teharni, Gephart
2. Ankauf (6000 DM) One Architecture – van Dooren, Mevwissen, Bouw, Amsterdam;
Mitarbeiter: Ruedig, Diederichs, Hiues, von Nitzsch
Die Wettbewerbe im BauNetz sind ein Service der Bauwelt-Redaktion.

Kommentar
Im August 1856 stießen Arbeiter in den Kalksteinbrüchen des kleinen Tals zwischen Mettmann und Erkrath auf menschliche Skelettreste. Als der Elberfelder Gymnasialprofessor Johann Carl Fuhltrott die Knochenfunde auf „wahrscheinlich aus der Eiszeit“ datierte, schien das bisher gültige Weltbild des Menschen als Werk des Schöpfungsgottes ins Wanken zu geraten. Der erste Fund eines „Homo Sapiens Neanderthalensis“ im Neanderthal ist seither Symbol für die menschliche Urgeschichte schlechthin, und noch immer ist dessen stammesgeschichtliches Verhältnis zu uns ein heftig diskutiertes Thema von Archäologie und Paläoanthropologie.
1996 wurde unweit des Fundortes das von Günter Zamp Kelp entworfene Neanderthal Museum eröffnet (Heft 47/1996), dessen Ausstellung einen weiten Bogen zentraler Themen der menschlichen Evolution spannt, von den Anfängen vor vier Millionen Jahren bis in das 21. Jahrhundert hinein. Der legendäre Fundort selbst ist bisher nicht öffentlich zugänglich und verrät in seinem bislang völlig ungestalteten Zustand nichts von seiner archäologischen Bedeutung.
Die Stiftung Neanderthal Museum möchte nun das Areal für Museumsbesucher öffnen und hat deshalb über einen Realisierungwettbewerb nach Konzepten für eine Neugestaltung des Fundortes, des Museumsgartens und des Weges zwischen Museum und Fundort gesucht. Ein Budget von rund einer Million Mark steht für das Projekt zur Verfügung, spätestens bis zum Frühjahr 2002 soll es realisiert sein.
Der 1. Preis ging an das Büro Lützow 7 von Cornelia Müller und Jan Wehberg. Die Berliner Landschaftsarchitekten definieren den Weg vom Museum zur Fundstelle als einen „Weg durch die Raumzeit“, entlang dem wichtige Zeitpunkte der Evolutionsgeschichte des Menschen vermerkt sind. Der Weg ist durchgehend vermaßt und symbolisiert die vergehende Zeit. Silhouetten der Archetypen der Evolution begleiten den Weg und markieren das Auftreten der verschiedenen bekannten Lebensformen des Menschen. Auf dem Areal des Fundortes umreißen in den Erdboden eingelassene Wegekreuze Planquadrate von 10 auf 10 Meter Größe, welche die Verortung der Fundstelle erklären sollen. Im Planquadrat der Fundstelle selbst, die bis heute nicht eindeutig bestimmt werden konnte, werden Steinliegen gruppiert, die das „Suchen und Finden des genauen Fundortes kontemplativ offen“ lassen sollen. Innerhalb einiger Planquadrate ist ein Botanicum vorgesehen, das die Vegetation zur Zeit des Neanderthalers zeigen soll. Messstangen schließlich markieren den Bereich der jüngsten Grabungen.
Eher konzeptuell interpretiert der zweitplatzierte Entwurf der Berlinerin Gabriele Kiefer den Fundort als „Ort der Spekulation und des Ungewissen“. 45 Zentimeter breite Betonstreifen sollen das mit Schotterrasen bedeckte Areal mit der Umgebung verklammern. Unregelmäßig verteilte, über fünf Meter hohe Edelstahlstelen symbolisieren das Ungewisse, die Unmöglichkeit, die Fundstelle exakt zu orten. Mittels kleiner Betonquader, jeweils nur von einer Person zu „besitzen“, werden unterschiedliche Betrachtungsperspektiven des Raumes angeboten.
Bei aller Zustimmung für den ersten Preis äußerte die Jury jedoch Bedenken, dass „die Gefahr einer gewissen additiven Anreicherung im gesamten räumlichen Eindruck“ bestehe. Mit der künstlerischen, sparsamen Inszenierung der zweitplatzierten Arbeit hingegen fürchtet man aber wohl die Museumsbesucher zu überfordern.
Jan Friedrich