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Grundinstandsetzung und Ergänzung des Pergamonmuseums

Ort des Wettbewerbs Berlin
Wettbewerbstyp Verhandlungsverfahren


Preise
1. Preis (15.000 DM) Ungers mit Vieths, Köln;
Mitarbeiter: Steiniger, Koch, Zeltwanger;
Sonderfachleute: Farbperspektiven: Lengyel Toulouse, Köln
2. Preis (12.000 DM) Diener und Diener, Berlin/Basel;
Sonderfachleute: Conzett, Bronzini, Gartmann Ingenieure, Chur (CH)
3. Preis (8000 DM) Kollhoff, Berlin;
Mitarbeiter: Edelmann;
Sonderfachleute: Boll & Partner, Stuttgart
Axel Schultes Architekten, Berlin
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Kommentar
Das Pergamonmuseum ist das größte der fünf Ausstellungshäuser auf der Berliner Museumsinsel. Als Mittelpunkt der „Archäologischen Promenade“, einer unterirdischen Verbindung der Museen, entlang der die Ausstellungs-Highlights als Kurzprogramm für den Massentourismus verdaulich gemacht werden sollen, spielt das Museum eine zentrale Rolle. Das 1907 von Alfred Messel entworfene und bis 1930 von Ludwig Hoffmann als dreiflüglige Anlage um einen Ehrenhof herum errichtete Gebäude und seine monumentalen Exponate sind dringend sanierungsbedürftig. Wertvolle Großarchitekturen wie die ägyptischen Säulen aus dem Tempel des Sahure oder das Kalabsha-Tor, warten zudem seit Jahrzehnten in den Depots auf eine adäquate Präsentation. Rund 500 Mio. Mark sollen bis 2009 in Umbau und Sanierung investiert werden.
Im Januar hatte das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im Auftrag der Stiftung Preußisches Kulturerbe als Bauherrn auf der Suche nach einem „Hausarchitekten“ für das Museum einen Realisierungswettbewerb in Form eines Verhandlungsverfahrens ausgelobt. Aus 82 weltweiten Bewerbungen wurden acht Architekten eingeladen – neben den drei Preisträgern die Berliner Kahlfeldt Architekten, Axel Schultes Architekten, Kleihues + Kleihues sowie Josep Lluis Mateo, Barcelona, und Wiel Arets, Maastricht. Ein definitives Raumprogramm war nicht vorgegeben, vielmehr sollten Fragen nach den grundsätzlichen Parametern beim Umbau des Museums bearbeitet werden. Die Architekten waren Auslober und Preisrichtern von Anfang an namentlich bekannt, die unterschiedlichen Lösungsansätze wurden während der Bearbeitung in Kolloquien und Symposien diskutiert.
Mit dem ersten Preis für das Entwurfskonzept von Oswald Mathias Ungers wurden jetzt entscheidende Festlegungen getroffen. Wichtigstes Ergebnis: Der Ehrenhof soll, anders als von der Museumsleitung ursprünglich favorisiert, nicht überdacht werden, um dort die ägyptischen Großarchitekturen aufzustellen. Zu welchen gestalterischen und denkmalpflegerischen Konflikten das hätte führen können, zeigt der Entwurf von Axel Schultes, der vorschlägt, den Hof mit einer gewölbten „Glassphäre“ abzudecken und die monumentalen Ausstellungsstücke als Ruinenfeld mit der Hoffmann-Fassade im Hintergrund aufzubauen. Die Exponate sollen nun statt dessen auf der Hauptausstellungsebene in einem neuen Gebäudeflügel entlang der bisher zum Kupfergraben hin offenen Westseite untergebracht werden. Das würde dann auch den gewünschten Museumsrundgang ermöglich. Nord- und Südflügel mit der Islamischen- bzw. Vorderasiatischen Sammlung werden außerdem eigene Zugänge erhalten. Und – wohl wichtigstes Kriterium für die Erstplatzierung – das neue Verbindungsgebäude soll angelehnt an eine Planung Messels, der hier ursprünglich eine offene Säulenhalle vorsah, weiterhin einen öffentlichen Durchgang zum Ehrenhof zulassen, der damit zentrales Museumsforum und Haupteingang zum Ostflügel mit dem Pergamonaltar bleiben kann.
Die zweitplatzierten Diener und Diener sehen ebenfalls ein zweigeschossiges Verbindungsgebäude am Kupfergraben vor. Ihr gläserner Riegel soll neuer Haupteingang in das Museum werden. Der bisher öffentliche Ehrenhof würde dann allerdings zum Innenhof. Im Um-gang mit dem Bestand und der Idee eines Schaudepots im Sockelgeschoss konnten die Schweizer überzeugen.
Die drittplatzierte Arbeit Hans Kollhoffs schlägt eine gläserne Vitrine als Eingangsgebäude vor, das sich über den Kupfergraben weit in den Straßenraum hineinschiebt. Damit war der städte-bauliche Rahmenplan der Museumsinsel mit David Chipperfields neuem Haupt-eingang zur „Archäologischen Promenade“ neben dem Neuen Museum wohl zu sehr in Frage gestellt.
Ungers wird nun das Planungsteam für die Museumsinsel ergänzen. Seine Pläne zeigen den neuen Westflügel bisher als gläsernen Riegel mit steinverkleideten Stützen. Das sei aber nur als Skizze zu verstehen und könne später ganz anders aussehen. Die Möglichkeit, Diener und Diener ihren Entwurf entsprechend der nun getroffenen Festlegungen überarbeiten zu lassen, stellte sich für einige Mitglieder des Preisgerichts wohl als die überzeugendere Alternative dar: erst spät in der Nacht konnte man sich unter Vorsitz von Jürgen Sawade mit sieben zu sechs Stimmen auf eine Entscheidung zugunsten Ungers einigen.
Jan Friedrich