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Kellenschnitt und Herstellung nicht tragender Zwischenwände: handwerkliche Selbstverständlichkeiten ?

Die Anbringung eines Kellenschnitts zwischen Mauerwerksoberkante und Decke und die Herstellung nicht tragender Zwischenwände ohne starre Verbindung zur Decke sind nach Auffassung des OLG Dresden keine unwichtigen und unkritischen Arbeiten. Den Architekten trifft eine Überwachungspflicht.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach OLG Dresden , Urt. v. 27.03.2008 - 9 U 1644/05; BGH, Beschluss vom 29.01.2009 - VII ZR 98/08 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Ein Architekt war mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI beauftragt. Nach Fertigstellung der Arbeiten zeigten sich verschiedenste Ausführungsmängel. U.a. wies der Innenputz aufgrund eines fehlenden Kellenschnitts, der Außenputz aufgrund von Deckendurchbiegungen und starrer Anschlüsse der nicht tragenden Zwischenwände an die Decke Risse auf. Der Bauherr nimmt in Folge der Insolvenz des Rohbauunternehmers den bauleitenden Architekten wegen der der Schäden in Anspruch. Der Architekt vertritt u.a. die Auffassung, dass eventuelle Ausführungsfehler bei den starren Anschlüssen der nicht tragenden Zwischenwände an die Decken sowie die fehlenden Kellenschnitte nicht der Bauüberwachungspflicht unterfielen, da es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handele.

Das Gericht sieht dies anders. Nach Auffassung des OLG Dresden handelt es sich sowohl bei der Anbringung eines Kellenschnitts als auch bei der Herstellung von nicht tragenden Zwischenwänden ohne starre Verbindung zur Decke, die erforderlich gewesen wäre, nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten. Daher unterfallen diese der Bauüberwachungspflicht.
Hinweis
Das Urteil macht unmissverständlich deutlich, dass die Anforderungen an die Überwachung der Ausführung der Arbeiten durch den Architekten grundsätzlich hoch sind. Dies gilt insbesondere auch für die Ausführung von Putzarbeiten, wenn ihnen wie vorliegend eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. zu dieser Thematik auch OLG Dresden -10 U 736/07 - und KG Berlin -24 U 29/05-). Dennoch bedeutet dies nicht, dass der Architekt für jeden Fehler verantwortlich gemacht werden kann. Vielmehr ist dies anhand des konkreten Einzelfalls zu prüfen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck