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Was bedeutet „örtlicher Zusammenhang“ im Sinne des § 22 HOAI?

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist ein räumlicher Zusammenhang i.S.d. § 22 HOAI bei einem Abstand von rund 400 m zwischen den in Betracht zu ziehenden Gebäuden anzunehmen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Wird ein Auftrag von einem oder mehreren Auftraggebern für mehrere mindestens im wesentlichen gleiche Gebäude erteilt, so kann sich aus § 22 HOAI eine Minderung des Honorars ergeben.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 15.06.1982 - 12 U 18/82 –, Baurecht 1982, 597.)
Ein Architekt hatte auftragsgemäß Planungsleistungen für einen Bauherrn erbracht. Das vom Bauherrn gewünschte Gebäude hatte der Architekt im gleichen Grundtypus bereits für einen anderen Auftraggeber etwa 400 m entfernt von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ausgeführt; Unterschiede betrafen lediglich ein Giebelfenster und die räumliche Stellung der Garagen. Im Übrigen wurden Grundriss und Konstruktion übernommen. Mangels wirksamer Honorarvereinbarungen streiten die Parteien über das Honorar des Architekten. Der Bauherr argumentiert unter anderem, dass sich der Architekt eine Kürzung des Honorars gemäß § 22 Abs. 3 HOAI anrechnen lassen müsse.

Das Gericht gibt dem Bauherrn Recht. Es stellt zunächst fest, dass die Gebäude „ im wesentlichen“ gleichartig seien. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden Aufträgen war nicht vorhanden; das Gericht wies insoweit darauf hin, dass nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs. 3 HOAI ein solcher zeitlicher Zusammenhang aber nicht erforderlich sei, wenn alternativ ein örtlicher Zusammenhang vorliege. Eben ein solcher örtlicher Zusammenhang sei vorliegend zu bejahen. Wann ein räumlicher Zusammenhang zwischen zwei Gebäuden bestehe, lasse sich nur anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Ein Entfernungsbereich ließe sich nicht in exakten Maßen abgrenzen. Maßgeblich ist vielmehr, ob durch eine mögliche einheitliche Bearbeitung der mehreren Bauvorhaben ein Aufwand entsteht, der nicht nennenswert größer ist, als bei nur einem Gebäude. Dabei komme es auch auf die Aufgabenstellung an den Architekten an. Erbringe dieser Leistungen im wesentlichen in seinem Büro von seinem Schreibtisch aus, so könne auch ein größerer Entfernungsbereich zwischen den Bauvorhaben ausreichend sein; andererseits könne trotz einer relativ kurzen Entfernung zwischen beiden Bauvorhaben der räumliche Zusammenhang zu verneinen sein, etwa weil sie auf dem Gebiet verschiedener Gemeinden liegen und dadurch ein nicht unwesentlich höherer Aufwand des Architekten erforderlich werde.
Hier liegen die Bauvorhaben rund 400 m auseinander. Diese Entfernung könne zwar nicht als ganz geringfügig angesehen werden. Gleichwohl falle sie für die vom Architekten geschuldete Planungstätigkeit nicht erheblich ins Gewicht. Hinzu komme, dass es sich um ein Gebiet handele, das erst jüngst bebaut worden sei und so gleichsam ein mehr oder weniger in sich geschlossenes Neubaugebiet darstelle. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Auftrag des Bauherrn an den Architekten nur die Leistungsphasen 1 bis 5 umfasse, für die die exakte Entfernung des Bauvorhabens voneinander von untergeordneter Bedeutung sei, weil der Arbeitsumfang des Architekten dadurch nicht beeinflusst werde. Alle diese Umstände rechtfertigten es, im vorliegenden Fall, den in § 22 Abs. 3 HOAI geforderten räumlichen Zusammenhang als gegeben anzusehen.
Hinweis
Das Gericht beschäftigt sich auch mit dem in § 22 Abs. 3 erwähnten Merkmal „unter gleichen baulichen Verhältnissen“. Hierzu führt es aus, dass es bei diesem Merkmal entscheidend darauf ankäme, ob der Architekt vor im wesentlichen gleiche oder unterschiedliche Planungsaufgaben gestellt werde, wobei insbesondere die Bodenverhältnisse, besondere planerische Maßnahmen zur Einbindung des Bauvorhabens in die Umgebung oder auch zur Verwirklichung von Sonderwünschen des ein oder anderen Bauherrn von ausschlaggebender Bedeutung seien. Das Gericht kommt hier zu dem Ergebnis, dass die beiden Vorhaben unterschiedliche Anforderungen vorgenannter Art an den Architekten nicht gestellt hätten. Beide Bauvorhaben lägen in dem jüngst erschlossenen Neubaugebiet. Das unterschiedliche Bodenverhältnisse vorhanden wären, sei nicht ersichtlich. Andere Unterschiede der „baulichen Verhältnisse“ seien jedenfalls nicht ersichtlich.

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