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Wann liegt ein Serienschaden i.S.d. Haftpflichtversicherungsbedingungen vor?

Schlägt ein Architekt bei fünf verschiedenen, unabhängigen Bauvorhaben ein mangelndes Verfahren zur Kellerisolierung vor, so liegt ein Serienschaden im Rahmen wirksamer Haftpflichtversicherungsbedingungen nicht vor; der Versicherer kann seine Eintrittspflicht für alle fünf Bauvorhaben nicht auf die Höhe der Versicherungssumme pro Schadensfall begrenzen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

Ein Beschränkung des Haftpflichtversicherungsschutzes wird im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) i.d.R. dadurch herbeigeführt, daß die Leistungspflicht des Versicherers der Höhe nach auf Versicherungssummen begrenzt wird.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 28.11.1990 - IV ZR 184/89 -, VersR 1991, 175)
Ein Architekt erhielt etwa gleichzeitig von fünf Bauherren den Auftrag zur Planung und Errichtung von Häusern. Für alle fünf in Nachbarschaft gelegenen Baugrundstücke holte er ein Baugutachten ein, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass wegen ungünstiger Grundwasserverhältnisse eine Wasserdruckhaltende Außenisolierung gem. DIN 4031 (1990) gewährleistet sein müsse. Das vom Architekten vorgeschlagene und von allen fünf Bauherrn beauftragte Verfahren zur Kellerisolierung stellte sich als mangelhaft heraus: Schon während der Bauausführung kam es zu erheblichen Wassereinbrüchen und Nässeschäden, die sich nach Bezug der Häuser wiederholten. Der Architekt zeigte die von den Bauherren gegen ihn geltend gemachten Ansprüche seiner Haftpflichtversicherung an. Einer der Bauherrn erstritt ein rechtskräftiges Urteil auf Zahlung von rund DM 175.000,00. Der Haftpflichtversicherer zahlte einen Teilbetrag in Höhe von rund DM 40.000,00 aus. Darüber hinausgehende Zahlungen lehnte er unter Berufung darauf ab, es liege ein auf einer gemeinsamen Fehlerquelle beruhender Serienschaden an den fünf Bauvorhaben vor, für das er nur einmal bis zur Höhe der mit dem Architekten vereinbarten Versicherungssumme je Schadensfall, nämlich DM 150.000,00 aufzukommen habe.

Das Gericht verurteilte den Haftpflichtversicherer zu weiteren Zahlungen, allerdings unter Beschränkung auf die jährliche Höchstleistungspflicht des Versicherers in Höhe von DM 300.000,00. Zwar habe der Versicherer in seinen Versicherungsvertragsbedingungen als Serienschadesklausel geregelt, dass die mit dem Architekten vereinbarte Versicherungssumme pro Schadensfall nur einmal zur Verfügung stehe, wenn mehrere auf gemeinsamer Fehlerquelle beruhende Verstöße zu Schäden an (...) Bauwerken führten. Allerdings sei diese Klausel nach den Vorschriften des AGBG unwirksam, da sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige. Dies werde an folgendem Beispiel deutlich: „Ein Architekt, der seit seinem Studium eine Fehlvorstellung über die Erdbebenfestigkeit einer bestimmten Bauweise hat, empfiehlt diese über Jahre hinweg seinen Bauherrn in einem Erdbebengebiet. Als sich schließlich ein Erdbeben ereignet, stürzen sämtliche Gebäude ein. Nach der hier streitigen Serienschadensklausel würde die Versicherungssumme für alle Schäden nur einmal zur Verfügung stehen, weil es sich um auf gemeinsamer Fehlerquelle beruhende Verstöße handele. Dies wäre jedoch ein untragbares Ergebnis, weil hierdurch der Versicherungsschutz ausgehölt würde."

Damit verbleibe es bei der Serienschadenklausel der Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen, § 3 II Nr. 2 I AHB, wonach eine Beschränkung auf die Versicherungssumme je Schadensfall nur dann möglich sei, wenn die Schäden aus „derselben Ursache“ entstanden seien. Diese Serienschadensklausel berechtige vorliegend den Versicherer nicht zu einer Beschränkung seiner Eintrittspflicht, da die Schäden an den fünf Bauvorhaben eben nicht auf „derselben Ursache“ beruhten. Die Planung des einen Bauvorhabens sei nicht ursächlich für die Schäden der benachbarten Bauvorhaben gewesen; vielmehr habe der Architekt lediglich gleichartige Planungsfehler begangen.
Hinweis
Als Freiberufler vermag man sich kaum vorzustellen (und möchte es auch nicht), einen großen Haftpflichtschaden im Jahr zu verursachen; wieviel weniger denkt man daran, möglicherweise gleich mehrere Haftpflichtschäden in einem einzigen Jahr zu produzieren. Entsprechend mag man dazu neigen, eine relativ niedrige jährliche Höchstleistung mit seinem Versicherer zu vereinbaren (z. B. wie vorliegend zweimal DM 150.000,00). Daß diese Rechnung ins Auge gehen kann, zeigt der besprochene Fall: Die Eintrittspflicht des Versicherers wurde richtigerweise auf die jährliche Höchstleistung in Höhe von DM 300.000,00 beschränkt - nicht gerade viel, wenn man bedenkt, daß bereits einer der fünf Bauherrn ein Zahlungsurteil in Höhe von DM rund 175.000,00 erstritt.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck