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Wann ist ein nachträglicher Mehraufwand des Planers zu vergüten?

Nach Ansicht des KG Berlin ist ein Architekt berechtigt, zusätzliches Honorar zu verlangen, wenn anstatt eines einfachen Streichens eines Bestandstreppenhauses vom Bauherrn später eine historische Renovierung verlangt wird.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch Planungsänderungen in Betracht.

Beispiel
(nach KG Berlin , Urt. v. 14.02.2012 - 7 U 53/08)
Im Rahmen eines Umbaus werden im Treppenhaus historische Malereien gefunden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Planung des Architekten im Einvernehmen mit dem Bauherrn ein einfaches Streichen des Treppenhauses vorgesehen, eine entsprechende Ausschreibung und Vergabe war bereits erfolgt. Nunmehr entschließt sich der Bauherr zu einer denkmalgerechten malerischen Renovierung. Der Architekt reicht hierfür Förderanträge bei der Denkmalbehörde ein, verhandelt mit dieser, entwirft ein planerisches Konzept, holt Kostenangebote ein und vergibt den Auftrag in Abgrenzung zur Leistungsschuld der bereits beauftragten Malerfirma. Für vorstehende Leistungen berechnet der Architekt ein zusätzliches Honorar, bei welchem er die anrechenbaren Kosten des Zusatzauftrages sowie die Prozentpunkte der Leistungsphasen 5 bis 7 zugrunde legt.

 

Das KG Berlin hält die Honorarzusatzforderung des Architekten für rechtens. Nach der Rechtsprechung des BGH, so das Gericht, steht dem Architekten, der im Zusammenhang mit Nachträgen, erneut Grundleistung zu erbringen habe, hierfür ein weiteres Honorar zu, weil der Kostenanschlag nicht fortgeschrieben werden könne. Zwar lösten Nachträge dann keinen zusätzlichen Honoraranspruch des Architekten aus, wenn es sich um unwesentliche, die bisherige Planung nicht grundlegend tangierende Änderung oder Ergänzungen handle; Nachträge seien aber zu vergüten, wenn von dem Auftraggeber dafür nachträgliche Architektenleistungen verlangt würden, die nicht Gegenstand des ursprünglichen Auftrags waren.

Hinweis
Ein honorarrechtlich – sowohl nach alter als auch nach neuer HOAI – sicherlich nicht ganz einfacher Fall. Die Überlegungen des Kammergerichtes sind aber teils unrichtig, teils jedenfalls unvollständig.

 

Nach alter HOAI (es war ein Fall der alten HAOI) dürfte folgendes zu beachten sein:

Es handelt sich unstreitig um eine Planungsänderungsanordnung des Bauherrn. Nicht ersichtlich ist, dass eine Mangelbeseitigungsleistung oder lediglich eine Optimierungsleistung des Architekten vorgelegen hätte. Weiter ist festzustellen, dass sich durch den Nachtrag die anrechenbaren Kosten des Bauvorhabens um rund 20.000,00 € erhöht haben. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 05.08.2010) führen diese erhöhten Baukosten allerdings nicht zu einer entsprechenden Fortschreibung des Kostenanschlages, sondern lediglich der Kostenfeststellung. Dass dieser Umstand allerdings so zu sagen automatisch – wie offenbar das KG Berlin meint – den Planer berechtigt, ein Zusatzhonorar (über dasjenige hinaus, welches durch die Anhebung der anrechenbaren Kosten in der Kostenfeststellung verursacht wird) zu fordern, ist sicherlich nicht richtig.

 

Entscheidend für die Frage, ob der Planer hier ein Zusatzhonorar verlangen darf, ist, ob er infolge der Planungsänderungsanordnung Grundleistungen, die er bereits vollständig abgeleistet hatte, erneut erbringen muss. Dies wird hier grundsätzlich zu bejahen sein, da im Hinblick auf das Treppenhaus die Grundleistungen Ausschreibung und Vergabe bereits erbracht waren (auch Ausführungsplanung?).

Nun aber wird es schwierig. Denn die Leistungen, die der Planer infolge der Änderungsanordnung erbringt, gehen weit über das hinaus, was er nach ursprünglicher Planvorgabe erbracht hatte; können mithin alle Leistungen als "wiederholte" Grundleistungen gelten, obwohl sie jedenfalls teilweise erstmalig erbracht wurden? Dies ist erheblich, denn - auch nachträglich - erstmalig erbrachte Grundleistungen sind grundsätzlich mit der Erhöhung der anrechenbaren Kosten abgegolten. Hier wird zudem zu überlegen sein, ob es sich bei den Förderanträgen nicht um nachträgliche besondere Leistungen handelt.

 

Ganz falsch ist auch die vom Gericht durchgewinkte Berechnung des Zusatzhonorars. Nach der der HOAI zugrunde liegenden Gesamtkostensystematik sind auch für wiederholte Grundleistungen die – ggf. gestiegenen – Gesamtkosten zugrunde zu legen; die Tatsache, dass Leistungen nur bezüglich eines bestimmten Gewerks erbracht wurden, ist durch anteilige Minderung der Honorarprozentpunkte zu berücksichtigen (anderenfalls käme es aufgrund der Degressivität der Honorartafeln zu einer unsachgerechten Honorarerhöhung).

 

Das Ergebnis dürfte wohl ungefähr so aussehen: Die erhöhten anrechenbaren Kosten finden lediglich in der Kostenfeststellung Berücksichtigung. Darüber hinaus ist der Architekt hier aber berechtigt, ein Zusatzhonorar für wiederholt erbrachte Grundleistungen zu berechnen für entsprechende Teilleistungen aus den Leistungsphasen 6 und 7 (unter Umständen 5), der Förderantrag müsste als besondere Leistung abgerechnet werden (und wäre nach alter HOAI wegen fehlender Schriftform gemäß § 5 Abs. 4 wohl kaum durchsetzbar).



Für die neue HOAI sehe dann die Sache auch nicht viel einfacher aus:

 

Ob und inwieweit die anrechenbaren Kosten eines Nachtrages infolge einer Planungsänderungsanordnung des Bauherrn zur einer Fortschreibung der nunmehr allein maßgeblichen Kostenberechnung führen, ist noch nicht entschieden, wird aber wohl mehrheitlich und nach Ansicht des Verfassers auch richtigerweise befürwortet. Die Fortschreibung würde hier (wohl) erst für alle Leistungen greifen, die nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Kosten, erbracht wurden, d. h. für die Restleistungen aus Leistungsphase 8.

Darüber hinaus wäre (bisher noch ungeklärt) ein zusätzliches Honorar für wiederholt erbrachte Grundleistungen nach den Grundsätzen, die oben beschrieben wurden, zu ermitteln. Für die besondere Leistung der Förderanträge gibt es nach HOAI 2009 unabhängig von einer fehlenden schriftlichen Honorarvereinbarung Honorar gem. § 632 Abs. 2 BGB (teils bestritten).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck