https://www.baunetz.de/recht/Versicherungsklausel_unwirksam_Versicherungsnehmer_erhaelt_Deckungsschutz_9566802.html
- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
Historische Fassade und Rankhilfe
Schulerweiterung von hey! architektur in Wien
Antiwarten und Sinnesgarten
Kinder- und Jugendklinik in Freiburg im Breisgau von Health Team Vienna
Zum 75. Geburtstag
Zwölf Projekte von Max Dudler
Baustelle Deutschland
Wie weiter nach dem Ampel-Aus?
Bauwirtschaft gemeinsam verändern
Klimafestival 2024 in Berlin gestartet
Umbau für die Perlen
Museum in Bahrain von Anne Holtrop
Wolken auf dem Expo-Gelände
Gewächshaus in Shanghai von Delugan Meissl Associated Architects
Versicherungsklausel unwirksam: Versicherungsnehmer erhält Deckungsschutz
Eine Klausel in den Bedingungen eines Haftpflichtversicherers, die von der Vorschrift des § 28 VVG abweicht und zu einem Verlust des Versicherungsschutzes führt, ist unwirksam; dem Versicherungsnehmer ist Versicherungsschutz zu gewähren.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.
Liegt ein Versicherungsfall vor, so hat der Architekt zur Wahrung seiner Ansprüche bestimmte formelle Verfahren, u.a. Anzeigepflichten, zu beachten.
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.
Liegt ein Versicherungsfall vor, so hat der Architekt zur Wahrung seiner Ansprüche bestimmte formelle Verfahren, u.a. Anzeigepflichten, zu beachten.
Beispiel
(nach LG Köln , Urt. v. 16.05.2024 - 24 O 211 / 23)
Nachdem ein Bauherr ein selbstständiges Beweisverfahren gegen einen Architekten eingeleitet hat, übermittelt dieser die Antragsschrift an seinen Haftpflichtversicherer. Die Versicherung teilt dem Architekten mit, dass sie eine Beauftragung eines Rechtsanwalts für das selbstständige Beweisverfahren nicht für erforderlich halte. Sie bittet den Architekten um die Vorlage verschiedener Unterlagen und Informationen, insbesondere um eine Bewertung der Beweisfragen sowie um eine Bewertung, welche beteiligten Bauunternehmer für welche Mängel verantwortlich seien. Trotz Fristsetzung durch den Versicherer und weitere Erinnerung reagiert der Architekt nicht. Als der Bauherr im Anschluss an das selbstständige Beweisverfahren eine Schadensersatzklage gegen den Architekten erhebt, erfragt dieser bei seinem Haftpflichtversicherer den Deckungsschutz. Der Haftpflichtversicherung lehnt die Einstandspflicht unter Hinweis auf eine Obliegenheitsverletzung ab (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil v. 22.08.1990). Sie beruft sich hierzu auf eine Bestimmung in den Haftpflichtversicherungsbedingungen:
"Wird eine der in § 5 genannten Obliegenheiten oder eine andere im oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, es sei denn, er hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. (...)"
Daraufhin erhebt der Architekt Klage gegen den Haftpflichtversicherer.
Das Landgericht Köln gibt dem Architekten recht und verpflichtet den Versicherer zur Erteilung des Deckungsschutzes. Einer Leistungsfreiheit des Versicherers stehe bereits die Unwirksamkeit der Sanktionsregelung (siehe oben) in den Bedingungen der Versicherung entgegen. Denn die Sanktionsregelung weiche zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der Neuregelung des § 28 VVG ab (sowohl im Hinblick auf die Beweislastverteilung bei einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung, als auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung).
(nach LG Köln , Urt. v. 16.05.2024 - 24 O 211 / 23)
Nachdem ein Bauherr ein selbstständiges Beweisverfahren gegen einen Architekten eingeleitet hat, übermittelt dieser die Antragsschrift an seinen Haftpflichtversicherer. Die Versicherung teilt dem Architekten mit, dass sie eine Beauftragung eines Rechtsanwalts für das selbstständige Beweisverfahren nicht für erforderlich halte. Sie bittet den Architekten um die Vorlage verschiedener Unterlagen und Informationen, insbesondere um eine Bewertung der Beweisfragen sowie um eine Bewertung, welche beteiligten Bauunternehmer für welche Mängel verantwortlich seien. Trotz Fristsetzung durch den Versicherer und weitere Erinnerung reagiert der Architekt nicht. Als der Bauherr im Anschluss an das selbstständige Beweisverfahren eine Schadensersatzklage gegen den Architekten erhebt, erfragt dieser bei seinem Haftpflichtversicherer den Deckungsschutz. Der Haftpflichtversicherung lehnt die Einstandspflicht unter Hinweis auf eine Obliegenheitsverletzung ab (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil v. 22.08.1990). Sie beruft sich hierzu auf eine Bestimmung in den Haftpflichtversicherungsbedingungen:
"Wird eine der in § 5 genannten Obliegenheiten oder eine andere im oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, es sei denn, er hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. (...)"
Daraufhin erhebt der Architekt Klage gegen den Haftpflichtversicherer.
Das Landgericht Köln gibt dem Architekten recht und verpflichtet den Versicherer zur Erteilung des Deckungsschutzes. Einer Leistungsfreiheit des Versicherers stehe bereits die Unwirksamkeit der Sanktionsregelung (siehe oben) in den Bedingungen der Versicherung entgegen. Denn die Sanktionsregelung weiche zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der Neuregelung des § 28 VVG ab (sowohl im Hinblick auf die Beweislastverteilung bei einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung, als auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung).
Hinweis
Das Gericht stellt zusätzlich darauf ab, dass auch der Nachweis einer Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und etwaigen Nachteilen für die Versicherung durch dieselbe nicht erbracht worden sei. Hierzu hatte der Haftpflichtversicherer vorgetragen, es sei ein Nachteil entstanden, da zwischenzeitlich ein Ortstermin durchgeführt und ein Gutachten erstellt worden sei; ferner seien Streitverkündungen erst verspätet ausgesprochen worden; des Weiteren hätte noch Einfluss auf die Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren genommen werden können oder es hätte noch Ergänzungsfragen gestellt werden können.
Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass eine Obliegenheitsverletzung allenfalls dadurch in Betracht käme, dass der Architekt die ausführenden Firmen und deren etwaige Verantwortlichkeit gegenüber der Versicherer nicht benannt habe. Eine solche Obliegenheitsverletzung habe sich jedoch nicht kausal auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ausgewirkt. Denn entgegen der Behauptung des Versicherers hätten die Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren nicht in eine andere Richtung gelenkt werden können, da der Antragsteller eine selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 487 Nr. 2 ZPO die maßgeblichen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden solle, selbst bestimme. Die Frage des Versicherers nach den verantwortlichen Unternehmen hätte allenfalls zur Verkündung des Streits an die Unternehmen führen können; eine Streitverkündung erfolgte dann allerdings im Klageverfahren und war – entgegen der Ansicht des Versicherers – auch nicht verspätet. Die Streitverkündeten hätten auch nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens und bei nachfolgender Streitverkündung im Klageverfahren die Möglichkeit, die Anhörung des Sachverständigen und die Einholung eines Ergänzungsgutachtens zu beantragen.
Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass eine Obliegenheitsverletzung allenfalls dadurch in Betracht käme, dass der Architekt die ausführenden Firmen und deren etwaige Verantwortlichkeit gegenüber der Versicherer nicht benannt habe. Eine solche Obliegenheitsverletzung habe sich jedoch nicht kausal auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ausgewirkt. Denn entgegen der Behauptung des Versicherers hätten die Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren nicht in eine andere Richtung gelenkt werden können, da der Antragsteller eine selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 487 Nr. 2 ZPO die maßgeblichen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden solle, selbst bestimme. Die Frage des Versicherers nach den verantwortlichen Unternehmen hätte allenfalls zur Verkündung des Streits an die Unternehmen führen können; eine Streitverkündung erfolgte dann allerdings im Klageverfahren und war – entgegen der Ansicht des Versicherers – auch nicht verspätet. Die Streitverkündeten hätten auch nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens und bei nachfolgender Streitverkündung im Klageverfahren die Möglichkeit, die Anhörung des Sachverständigen und die Einholung eines Ergänzungsgutachtens zu beantragen.
Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck