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Verlegung des Sitzes der Bundesregierung nach Berlin: Wichtiger Kündigungsgrund?

Die Verlegung des Sitzes der Bundesregierung von Bonn nach Berlin kann zwar nach den vertraglichen Abreden einen wichtigen Grund darstellen; allerdings hat der kündigende Auftraggeber in diesem Fall den Kündigungsgrund zu vertreten, so dass er dem Architekten auch Honorar für nicht erbrachte Leistungen schuldet.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag sowohl aus wichtigem Grund als auch ohne einen wichtigen Grund, d.h. jederzeit, kündigen.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 16.03.1999 - 23 U 156/98 - (nicht rechtskräftig), OLG R 1999, 282)
Anfang 1991 beabsichtigte das Land NRW ein neues Objekt in Bonn für eine nach den Vorstellungen des Landes angemessene Landesvertretung zu erwerben und umzubauen. Ein Architekt wurde mit den Vollarchitekturleistungen beauftragt. In den dem Architekten gestellten allgemeinen Vertragsbedingungen hieß es u. a.:

"§ 7 Vorzeitige Auflösung des Vertrages
Der Vertrag kann von den Vertragspartnern aus wichtigem Grund ganz oder teilweise gekündigt werden".

Am 20.06.1991 beschloss der deutsche Bundestag, den Regierungs- und Parlamentssitz nach Berlin zu verlegen. Auf Grund des Umzugsbeschlusse entfiel für das Land NRW das Interesse an einer großzügigen Erweiterung ihrer Landesvertretung in Bonn. Das Vertragsverhältnis wurde daraufhin gegenüber dem Architekten beendet. Der Architekt macht nunmehr Honorar für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von fast DM 500.000,00 geltend.

Das OLG gibt der Klage statt. Zwar habe hier ein wichtiger Grund zur Kündigung vorgelegen; angesichts des Fortfalles der geplanten Zweckbestimmung war eine Fortführung der allein auf die Zwecke einer Landesvertretung ausgerichteten Baumaßnahme objektiv sinnlos und deshalb unzumutbar geworden. Dies schließe jedoch eine Geltendmachung des Honorars für nicht erbrachte Leistungen auf Seiten des Architekten nicht aus. Denn der wichtige Grund sei durch den kündigenden Auftraggeber zu vertreten gewesen. Das Vertretenmüssen in diesem Sinne meine nicht Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Vielmehr müsse eine wirtschaftlich zu verstehende Zurechnung nach Risikosphären erfolgen. Die geplante Verwendbarkeit des Objekts gehöre grundsätzlich zum Risikobereich des Bauherrn. Vorliegend war zudem auch schon bei Vertragsschluss das Risiko deutlich erkennbar, die Hauptstadt-Frage wurde bereits in Politik und Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Hinweis
In dem Vertrag war weiter festgelegt worden, dass - werde aus einem wichtigen Grund gekündigt, den der Bauherr zu vertreten habe - der Auftragnehmer die vertraglich vereinbarte Vergütung, jedoch unter Abzug der ersparten Aufwendungen erhalte; letztere werde mit 50 % der Vergütung für die vom Auftraggeber noch nicht erbrachte Leistungen vereinbart. Der oben genannte Klagebetrag in Höhe von fast DM 500.000,00 stellte 50 % des Resthonorars für noch nicht erbrachte Leistungen dar. Weitere Angaben über ersparte Aufwendungen oder anderweitigen Erwerb (vgl. § 649 II BGB) hatte der Architekt nicht gemacht.

Das Gericht hielt weitere Ausführungen auch nicht für notwendig. Zwar sei die genannte Klausel nach der Rechtsprechung unwirksam, jedoch nur wenn sie vom Architekten gestellt werde. Vorliegend sei der Vertrag vom Bauherrn gestellt worden, dieser könne sich nicht auf eine Unwirksamkeit der Klausel berufen (vgl. auch AGB`s AVA Architekt).

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