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Urteil im Haftungsprozess mit Bauherrn gilt im Deckungsprozess mit Versicherer

Wird ein Architekt wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung zum Schadensersatz an den Bauherrn verurteilt, kann der Versicherer im anschließenden Deckungsprozess unter Berufung auf eine Bindung der Feststellungen des Urteils im Haftungsprozess grundsätzlich bewußte Pflichtwidrigkeit einwenden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach LG Saarbrücken, nicht veröffentlicht , Urt. v. 19.10.2001 - 14 O 454/00)
Ein Architekt wurde in einem Prozess mit seinem Bauherrn dem Grunde nach verurteilt, Schadensersatz zu leisten, weil er sich vorsätzlich über das Erfordernis hinweg gesetzt hatte, die Belegreife für den Estrich vor Aufbringen des Marmorbelages abzuwarten. Die Haftpflichtversicherung verweigerte den Deckungsschutz mit der Begründung, dass der Architekt seine Berufspflichten bewußt verletzt habe. Das Gericht gab der Versicherung recht. Die Feststellungen in dem Haftungsprozess entfalten Bindungswirkung für die im Deckungsprozess maßgebliche Frage, ob ein bewusst pflichtwidriges Verhalten des Architekten vorliegt.

Zwar gilt grundsätzlich das Trennungsprinzip, wonach im Haftpflichtprozess zu entscheiden ist, ob eine Haftung des Architekten gegenüber dem Bauherrn besteht, während im Deckungsprozess zu entscheiden ist, ob dafür der Versicherer eintrittspflichtig ist. Das Trennungsprinzip wird allerdings durch die Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung des Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage durchbrochen. Der Architekt kann nicht einwenden, dass das Urteil im Haftpflichtprozess unrichtig sei, ihm insbesondere nicht Vorsatz treffe.

Er kann auch nicht einwenden, dass für seine Haftung es nicht darauf ankomme, ob Vorsatz gegeben ist, da die Feststellung des Gerichtes im Haftungsprozess zu der Haftung des Architekten auf der Einschätzung des pflichtwidrigen Verhaltens des Architekten beruhen und Vorsatz ausdrücklich festgestellt wurde.

In dem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass das Urteil keine Ausführungen zu einem Vorsatz des Architekten hinsichtlich der Schadenfolge enthält. Die Ausschlussklausel (A IV Ziffer 8 BBR/Architekt) soll verhindern, dass der Architekt auf Kosten der Versicherung experimentiert. Vorsatz bezüglich der Möglichkeit eines Schadenseintrittes ist daher nicht notwendig. Es genügt das Bewusstsein pflichtwidrigen Verhaltens.
Hinweis
Die Entscheidung im Deckungsprozess hätte dann anders ausfallen können, wenn in dem Haftungsprozess offen geblieben wäre, ob grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Architekten vorliegt.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck