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Unkollegiales Verhalten oder Meinungsfreiheit?

Die Prüfung, ob die einem Planer vorgeworfene kritische Äußerung zum Entwurf eines Berufskollegen als unkollegial und berufsrechtswidrig anzusehen ist, erfordert eine Abwägung auch mit der Meinungsfreiheit des Architekten; eine berufsrechtswidrige Schmähkritik liegt nur dann vor, wenn die Defamierung des Berufskollegen und nicht der Entwurf im Vordergrund der Kritik steht.
Hintergrund
Das Berufs- und Standesrecht befasst sich mit Vorschriften und Bedingungen, die den Rahmen für die Berufsausübung des Architekten bilden.

In den Landesarchitektengesetzen sind verschiedene standesrechtliche Pflichten der Architekten geregelt.
Beispiel
(nach OVG NRW , Urt. v. 04.11.2009 - 6s E 861/07)
Die Partei der Grünen veröffentlicht vor einem anstehenden Bürgerentscheid eine Broschüre, die an alle Haushalte der Gemeinde S verteilt und im Internet veröffentlicht wird. In einem Artikel, welcher auf den anstehenden Bürgerbescheid Bezug nimmt, kritisiert ein Architekt den Entwurf eines Berufskollegen für einen Schulerweiterungsbau. In Folge dieser Kritik wird ein berufsgerichtliches Verfahren gegen den die Kritik äußernden Architekten eingeleitet. Das Berufungsgericht sowie auch das OVG NRW als Berufungsgericht sehen allerdings keinen hinreichenden Verdacht einer Berufspflichtverletzung.
 
Für die Frage, ob die kritischen Äußerungen zum Entwurf des Berufskollegen als unkollegial (hier im Sinne des § 22 Abs. 2 Nr. 11 BauKaG NRW) anzusehen seien, habe eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit des Architekten auf der einen Seite und der hier die Kollegialität schützenden Normen statt zu finden. Eine Schmähkritik könne nur dann angenommen werden, wenn die Defamierung einer Person im Vordergrund steht. Dies sei hier nicht anzunehmen. Betreffe wie hier die fragliche Äußerung eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage, drohe eine erhöhte Repression im Einzelfall zu einschüchternden Auswirkungen auf den Kommunikationsprozess insgesamt zu führen. Mithin spreche bei Äußerungen, die einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung darstellen, eine Vermutung zu Gunsten der Freiheit der Rede. Im Übrigen komme dem Schutzgut der Kollegialität kein höheres Gewicht zu als der Meinungsfreiheit.
Hinweis
Architekten dürfen wohl im Hinblick auf ihre Werke nicht als zu empfindlich sein, zumindest wenn die Kritik nicht rein personenbezogen ist. Dies gilt auch im Verhältnis zum Bauherrn (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.1994).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck