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Toleranzrahmen bei der Rechnungsprüfung?

Nach Ansicht des OLG Dresden besteht bei Pauschalpreisverträgen unter Umständen eine geringe Einschätzungstoleranz hinsichtlich des erreichten Leistungsstandes und der Bewertung von Mängeln; eine rechnerische Zuvielfreigabe von 1,8 % kann demnach keinen Prüffehler darstellen.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Im Rahmen der Objektüberwachung hat der Architekt eine Rechnungsprüfung der eingereichten Unternehmerrechnungen vorzunehmen.
Beispiel
(nach OLG Dresden , - Urteil vom 12.12.2019 – 10 U 35/18 )
Ein Architekt prüft im Rahmen der ihm übertragenen Bauleitung unter anderem Rechnungen des Generalunternehmers. Mit dem GU war ein Pauschalpreis in Höhe von rund 1,05 Million € vereinbart worden. Grundlage war ein „Zahlungsplan“, welcher die Leistungen des GU in Gewerke aufschlüsselte; auch die Gewerke waren allerdings lediglich mit Pauschalbeträgen bepreist. Entsprechend den Regelungen des Vertrages sollten Abschlagszahlungen auf die vereinbarten Preise entsprechend dem jeweils festgestellten Bautenstand erfolgen. Später kündigt der Bauherr dem GU. Der Bauherr macht nunmehr rund 220.000,00 € gegenüber dem Architekten geltend als Schadensersatz wegen Überzahlung an den (zwischenzeitlich insolventen) GU.
 
Das OLG Dresden erkennt den geltend gemachten Anspruch nicht an und weist die Klage ab. Nach einer eigenen Ermittlung der Überzahlung kommt das Oberlandesgericht Dresden lediglich zu einem Betrag in Höhe von rund 17.000,00 €. Im Verhältnis zu der tatsächlich gezahlten Summe – 965.549,00 € – ergebe sich eine Überzahlung von lediglich 1,8 %. Eine solche Abweichung liege aber noch im Rahmen von auch bei pflichtgemäßer Ausübung der Prüfung von Abschlagsrechnungen zu erwartenden und hinzunehmenden – geringfügigen – Einschätzungstoleranzen hinsichtlich des erreichten Bautenstandes bzw. der Bewertung von Baumängeln; dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Rechnungsprüfung auf der Grundlage von Pauschalpreisverträgen vorzunehmen gewesen sei und auch in einem Zahlungsplan die einzelnen Gewerke allein mit Pauschalbeträgen bepreist worden sein. In einem solchen Fall sei eine exakte Feststellung des erreichten Leistungsstandes nach Leistungspositionen und anhand eines Aufmaßes nach Mengen und Massen nicht geschuldet und erst gar nicht möglich.
Hinweis
Die Einräumung einer Einschätzungstoleranz mag in einem gewissen Umfange seine Berechtigung haben, sollte Architekten aber keinesfalls zur Sorglosigkeit verleiten. Es ist nach diesseitiger Ansicht nicht ohne Weiteres erklärbar, warum der Bauherr hier eine Überzahlung und damit einen Schaden hinzunehmen hat, wenn er einen Fachmann – den Architekten – mit der Rechnungsprüfung beauftragt hat.

Sofern – wie das Gericht sicherlich richtig feststellt – die Rechnungsprüfung hier schwierig war, weil lediglich Pauschalpreise für Gesamtgewerke vorlagen –, muss und kann diese Schwierigkeit nicht ohne Weiteres den Architekten entlasten. Denn der Architekt hätte insoweit mit dem Bauherrn kommunizieren können und müssen, wie Überzahlungen trotz der Besonderheiten vorliegend zu vermeiden gewesen wären. Entsprechend hätte man z.B. einen großzügigen Einbehalt (tatsächlich gab es ein vereinbarten Sicherheitseinbehalt von 5 %, den das Gericht nur am Rande erwähnt) vereinbaren können, um den Bauherrn sicherzustellen; hätte der Bauherr einen solchen erheblichen Sicherheitseinbehalt nicht vereinbaren wollen, so hätte er das Risiko einer Überzahlung selbst und bewusst in Kauf genommen, erst danach wäre nach diesseitiger Ansicht der Architekt von einer Haftung für Überzahlungen freigestellt gewesen. Eine entsprechende Kommunikation bzw. Aufklärung des Bauherrn lag aber im vorliegenden Fall offenbar gar nicht vor.
 

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck