https://www.baunetz.de/recht/Staendige_Geschaeftsbeziehung_ohne_Rahmenvertrag_Unterschreitung_der_Mindestsaetze_moeglich__1453175.html
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Ständige Geschäftsbeziehung ohne Rahmenvertrag: Unterschreitung der Mindestsätze möglich?
Eine Mindestsatzunterschreitung gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1996 ist möglich, wenn eine ausländische Gesellschaft Vorarbeiten kostengünstig im Ausland durchführen kann, dem Auftraggeber die Erbringung von Statikerleistungen auf Pauschalhonorarbasis selber vorgeschlagen hat und innerhalb von ca. 3 Jahren in 17 Fällen mit der Erbringung von Statikerleistungen beauftragt wurde; es bedarf nicht des formalen Abschlusses eines entsprechenden Rahmenvertrages.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.
Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.
Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 21.09.2010 - 10 U 50/10 (nicht rechtskräftig), vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 163/10)
Ein Generalplaner beauftragt über einen Zeitraum von etwa 3 Jahren ein bulgarisches Ingenieurbüro, welches auch einen Sitz in Deutschland unterhält, als Subunternehmern mit Leistungen der Tragwerksplanung in 17 Fällen. Das bulgarische Ingenieurbüro, welches jedenfalls Vorarbeiten in Bulgarien erbringen lässt, rechnet vorgenannte Aufträge jeweils auf der Grundlage schriftlich geschlossener Pauschalpreisverträge ab. Während dieser Zeit legt das Ingenieurbüro dem Generalplaner aus eigener Initiative auch ein Angebot zum Abschluss eines Rahmenvertrages vor, es kommt allerdings nicht zu einer Unterzeichnung. Bei einem neuen Auftrag wird wiederum ein Pauschalpreis vereinbart, welcher etwa 77 % des Mindestsatzhonorars nach HOAI 1996 ausmacht. Nach Erbringung der Leistung fordert das Ingenieurbüro die Differenz zwischen Pauschale und Mindestsatz. Der Generalplaner beruft sich auf § 4 Abs. 2 HOAI 1996.
Das OLG Stuttgart hält zunächst die HOAI auch auf das bulgarische Ingenieurbüro für anwendbar (vgl. Parallelbesprechung). Allerdings folgte das Gericht hier der Auffassung des Generalplaners und bestätigt das Vorliegen eines zur Mindestsatzunterschreitung berechtigenden Ausnahmefalles gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1996. Es weist zunächst darauf hin, dass das Pauschalhonorar schriftlich bei Auftragserteilung abgeschlossen wurde und insoweit die von der herschenden Ansicht geforderten Voraussetzungen vorliegen (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2008).
Das Gericht begründet dann die Zulässigkeit der Mindestsatzunterschreitung gemäß § 4 Abs. 2 mit der engen wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Parteien. Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sei der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen; die zulässigen Ausnahmefälle dürften nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet werde, einen ruinösen Preiswettbewerb unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Unstreitig hätten die Parteien seit 2003 17 Mal zusammengearbeitet und jeweils in der gleichen Art und Weise nach dem vereinbarten Pauschalhonorar abgerechnet. Der Generalplaner habe dabei die Ingenieurgesellschaft jedes Mal ohne eine Ausschreibung beauftragt. Folglich habe es keinen Wettbewerb der Klägerin mit anderen Anbietern gegeben. Weiterhin sei ein Teil der Planungsleistung kostengünstig in Bulgarien erbracht worden. Die Zusammenarbeit sei so intensiv gewesen, dass der Umsatz zwischen den Parteien bis zu 20 % des Jahresumsatzes der Ingenieurgesellschaft ausgemacht habe. Schließlich habe die Ingenieurgesellschaft selbst der Generalplanerin einen Vorschlag für den Abschluss eines Rahmenvertrages unterbreitet. Vor diesem Hintergrund sei eine Gefährdung des Wettbewerbes nicht zu erkennen.
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 21.09.2010 - 10 U 50/10 (nicht rechtskräftig), vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 163/10)
Ein Generalplaner beauftragt über einen Zeitraum von etwa 3 Jahren ein bulgarisches Ingenieurbüro, welches auch einen Sitz in Deutschland unterhält, als Subunternehmern mit Leistungen der Tragwerksplanung in 17 Fällen. Das bulgarische Ingenieurbüro, welches jedenfalls Vorarbeiten in Bulgarien erbringen lässt, rechnet vorgenannte Aufträge jeweils auf der Grundlage schriftlich geschlossener Pauschalpreisverträge ab. Während dieser Zeit legt das Ingenieurbüro dem Generalplaner aus eigener Initiative auch ein Angebot zum Abschluss eines Rahmenvertrages vor, es kommt allerdings nicht zu einer Unterzeichnung. Bei einem neuen Auftrag wird wiederum ein Pauschalpreis vereinbart, welcher etwa 77 % des Mindestsatzhonorars nach HOAI 1996 ausmacht. Nach Erbringung der Leistung fordert das Ingenieurbüro die Differenz zwischen Pauschale und Mindestsatz. Der Generalplaner beruft sich auf § 4 Abs. 2 HOAI 1996.
Das OLG Stuttgart hält zunächst die HOAI auch auf das bulgarische Ingenieurbüro für anwendbar (vgl. Parallelbesprechung). Allerdings folgte das Gericht hier der Auffassung des Generalplaners und bestätigt das Vorliegen eines zur Mindestsatzunterschreitung berechtigenden Ausnahmefalles gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1996. Es weist zunächst darauf hin, dass das Pauschalhonorar schriftlich bei Auftragserteilung abgeschlossen wurde und insoweit die von der herschenden Ansicht geforderten Voraussetzungen vorliegen (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2008).
Das Gericht begründet dann die Zulässigkeit der Mindestsatzunterschreitung gemäß § 4 Abs. 2 mit der engen wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Parteien. Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sei der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen; die zulässigen Ausnahmefälle dürften nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet werde, einen ruinösen Preiswettbewerb unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Unstreitig hätten die Parteien seit 2003 17 Mal zusammengearbeitet und jeweils in der gleichen Art und Weise nach dem vereinbarten Pauschalhonorar abgerechnet. Der Generalplaner habe dabei die Ingenieurgesellschaft jedes Mal ohne eine Ausschreibung beauftragt. Folglich habe es keinen Wettbewerb der Klägerin mit anderen Anbietern gegeben. Weiterhin sei ein Teil der Planungsleistung kostengünstig in Bulgarien erbracht worden. Die Zusammenarbeit sei so intensiv gewesen, dass der Umsatz zwischen den Parteien bis zu 20 % des Jahresumsatzes der Ingenieurgesellschaft ausgemacht habe. Schließlich habe die Ingenieurgesellschaft selbst der Generalplanerin einen Vorschlag für den Abschluss eines Rahmenvertrages unterbreitet. Vor diesem Hintergrund sei eine Gefährdung des Wettbewerbes nicht zu erkennen.
Hinweis
Jedenfalls im Ergebnis dürfte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht von vorne herein falsch sein. Nach diesseitiger Ansicht rechtfertigt wohl insbesondere der Umstand, dass der Auftragnehmer bei ständigen Geschäftsbeziehungen erhebliche Vorteile genießt und in der Regel auch wirtschaftlich besser abgesichert ist, grundsätzlich eine Mindestsatzunterschreitung. Dies war auch bereits in der Vergangenheit anerkannt (vgl. z. B. OLG Braunschweig, Urteil vom 24.08.2006 ). Der BGH hat das Urteil allerdings aufgehoben und die Sache zum OLG Stuttgart zurückverwiesen (BGH; Urteil vom 27.10.2011 - VII ZR 163/10 ) Neu ist die Klarstellung des OLG Stuttgarts, dass ein Ausnahmefall gem. § 4 II HOAI 1996 wegen ständiger Geschäftsbeziehungen auch ohne Rahmenvertrag angenommen werden könne. Dies ist umso bedeutsamer, als in der Begründung zur HOAI-Novelle 2009 der Rahmenvertrag ausdrücklich als Fall einer zulässigen Mindestsatzunterschreitung genannt ist.
Jedenfalls im Ergebnis dürfte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht von vorne herein falsch sein. Nach diesseitiger Ansicht rechtfertigt wohl insbesondere der Umstand, dass der Auftragnehmer bei ständigen Geschäftsbeziehungen erhebliche Vorteile genießt und in der Regel auch wirtschaftlich besser abgesichert ist, grundsätzlich eine Mindestsatzunterschreitung. Dies war auch bereits in der Vergangenheit anerkannt (vgl. z. B. OLG Braunschweig, Urteil vom 24.08.2006 ). Der BGH hat das Urteil allerdings aufgehoben und die Sache zum OLG Stuttgart zurückverwiesen (BGH; Urteil vom 27.10.2011 - VII ZR 163/10 ) Neu ist die Klarstellung des OLG Stuttgarts, dass ein Ausnahmefall gem. § 4 II HOAI 1996 wegen ständiger Geschäftsbeziehungen auch ohne Rahmenvertrag angenommen werden könne. Dies ist umso bedeutsamer, als in der Begründung zur HOAI-Novelle 2009 der Rahmenvertrag ausdrücklich als Fall einer zulässigen Mindestsatzunterschreitung genannt ist.
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck