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Schwiegersohn der Bauherrin gibt Anweisungen: wie hat Architekt zu reagieren?

Ordnet ein nicht dazu bevollmächtigter Dritter (hier: Schwiegersohn der abwesenden Bauherrin) den von der Baugenehmigung nicht umfassten Abbruch des Dachstuhls an, muss der Architekt einschreiten und die bauausführenden Firmen vom Abriss abhalten.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Neben Pflichten zur Überwachung und Rechnungsprüfung treffen den Architekten in der Leistungsphase 8 auch noch sonstige Pflichten.

Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 11.02.2011 - 19 U 153/06; BGH, 29.04.2013 -VII ZR 68/11- NZB zurückgewiesen )
Ein Architekt wird mit der Objektüberwachung des Umbaus eines im Außenbereich stehenden Gebäudes beauftragt. Zuvor war für diesen Umbau eine Baugenehmigung erteilt worden. Nicht lange nach Beginn der Ausführungsarbeiten ordnet der Schwiegersohn der Bauherrin – in deren Abwesenheit und ohne deren Kenntnis – gegenüber den Bauhandwerkern entgegen der vorliegenden Baugenehmigung den Abriss des Dachstuhls an. Der Architekt lässt – nachdem er erfolglos versucht hat die Bauherrin zu erreichen – die Handwerker gewähren. Trotz später erreichter Nachtragsgenehmigung entstehen Schäden, die die Bauherrin gegenüber dem Architekten geltend macht. Dieser wendet ein, die Bauherrin müsse sich das Verhalten des Schwiegersohns zurechnen lassen, dieser habe sich wie ein Bauherr verhalten.

 

Das OLG Hamm verurteilt den Architekten uneingeschränkt. Der Architekt habe gegen die Anordnung des Schwiegersohns einschreiten und die bauausführenden Firmen davon abhalten müssen, den Dachstuhl einzureißen, bevor nicht eine Entscheidung der Bauherrin in dieser Frage eingeholt worden war. Der Schwiegersohn sei weder Auftraggeber noch Bauherr des Vorhabens gewesen. Eine Zurechnung des Verhaltens des Schwiegersohns über die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht komme nicht in Betracht. Es könne bereits nicht festgestellt werden, dass der Schwiegersohn sich über einen Zeitraum von gewisser Dauer hinweg gegenüber dem Architekten wie ein Bevollmächtigter der Klägerin verhalten habe. Darüber hinaus habe der Architekt nicht darlegen können, aus welchen Gründen die Bauherrn ein etwaiges Verhalten des Schwiegersohns gekannt habe oder hätte kennen müssen.

Hinweis
Es ist sicherlich für einen Planer im realen Baualltag häufig nicht einfach zu entscheiden, wessen Hinweise und Anordnungen im Einzelfall zu berücksichtigen bzw. zu befolgen sind oder nicht. Insbesondere aber in Fällen von besonderer Bedeutung – hier drohte durch den Abriss die bereits erteilte Genehmigung und der Bestandsschutz zu erlöschen – darf sich der Architekt nur auf eindeutige Sachverhalte verlassen: danach ist niemand anders weisungsbefugt, als derjenige, der den Architektenvertrag unterschrieben hat bzw. ein Dritter, der vom Vertragspartner eine Vollmacht erhalten hat oder als weisungsbefugt bezeichnet ist. Gegebenenfalls ist zu einer Klarstellung im Vertrag zu raten.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck