https://www.baunetz.de/recht/Rueckgriff_auf_vorbekannten_Formenschatz_kein_Urheberrechtsschutz__9581154.html
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Rückgriff auf vorbekannten Formenschatz: kein Urheberrechtsschutz!
Eine Fassadengestaltung, die auf vorbekannten Formenschatz zurückgreift, welcher denselben Gesamteindruck aufweist, genießt keinen urheberrechtlichen Werkschutz.
Hintergrund
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.
Voraussetzung dafür, dass einem bestimmten Werk Urheberrechtsschutz zuerkannt werden kann, ist, dass das Werk eine persönliche geistige Schöpfung darstellt.
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.
Voraussetzung dafür, dass einem bestimmten Werk Urheberrechtsschutz zuerkannt werden kann, ist, dass das Werk eine persönliche geistige Schöpfung darstellt.
Beispiel
(nach LG Köln , - Urteil vom 28.3.2024 – 14 O3 148/21)
Ein Architektenbüro A nimmt ein anderes Architektenbüro B wegen behaupteter Verletzung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an einer Fassadengestaltung auf Zahlung einer Lizenzgebühr, welche sich auf eine Höhe von rund Euro 2.150.000 € belaufen soll, in Anspruch.
A trägt vor, er sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an der Fassade „XY“, die unter anderem folgende Merkmale aufweise: Die Fassadenkomposition beruhe auf einem vor der Fensterfront befindlichen Raster aus Lisenen und Gesimsen. Benachbarte Kreuzungspunkte seien gegenüber den vertikalen Fenstern alternierend vor- und zurückversetzt. Lisenen und Gesimse hätten sich zu den vorspringenden Kreuzungspunkten verjügende und sich zu den zurückgesetzten Kreuzungspunkten hin verbreiternde Frontflächen. Der Entwurf setze sich aus architektonischer Sicht mit unterschiedlichen Entwurfsmotiven auseinander, die sowohl für den „Frankfurter Stil“ vor dem ersten Weltkrieg als auch für die Architektur Mies van der Rohes wichtig gewesen seien, es gehe in dem Entwurf um die Wiedergewinnung städtischer Eleganz: Die quadratischen Natursteinlisenen bewegten sich in Wellen über die Fassade und erinnerten mit ihren breiten Schwingen an ein Gewebe oder Netz. Sie verbinden, jeweils versetzt, zwei Stockwerke miteinander. Die besondere Gestaltungshöhe werde auch durch die zahlreichen Presseveröffentlichungen und Prämierung belegt, welche die Individualität der Fassade des A bestätigten.
A meint, die von B geplante Fassade übernehme alle wesentlichen Merkmale seiner Fassade. B plante die Gebäude „Neuer Kanzlerplatz“, insbesondere auch im Hinblick auf die Fassadengestaltung (siehe auch BauNetz-Meldung: Hochhaus am Kanzlerplatz). Der „Neue Kanzlerplatz“ besteht aus drei Gebäuden, prägend ist das errichtete Hochhaus, das mit 101m Höhe die anderen überragt. B ist der Ansicht, dem A stehe ein Nutzungsrecht an der Fassade XY nicht zu, da sämtliche von A herausgestellten Gestaltungsmerkmale bereits zum vorbekannten Formenschatzes im Bereich der Architektur gehört hätten. Schon seit den späten fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden kreuzförmig angeordnete konische Gesimse und Lisenen zur Fassadengestaltung eingesetzt. Dies belegten insbesondere die Fassaden des Bidula Building (Addis Abeba 1959), der Beinecke Rare Book and Manuscript Library (New Haven, 1963) sowie der Direction réginale des Télécommunications (Lyon, 1979) und des Space House (London, 1966). In den vergangenen Jahren sei diese Form der Fassadengestaltung wieder in Mode gekommen. Dies zeige sich beispielhaft an der 2013 fertig gestellten Fassade des Gebäudes Pure Aldgate (London) und des 2015 errichteten Beehive Offices (Lima).
Das Gericht erkennt einen urheberrechtlichen Werkschutz für die Fassadengestaltung der Fassade XY nicht an und weist die Klage ab. Zwar habe A hinreichend vorgetragen, um schlüssig die Schutzfähigkeit der Fassade XY darzulegen. Allerdings habe B nachgewiesen, dass die von A herausgestellten Merkmale im Zeitpunkt des Entwurfes der Fassade XY vorbekannt waren. Soweit sich die Fassadengestaltung des A von den zu diesem Zeitpunkt bereits vorbekannten Fassadengestaltungen unterscheide, seien solche Abweichungen unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der Fassadengestaltungen nicht derartig relevant, dass der Fassade des A ein Eigentümlichkeitsgrad zugebilligt werden könne, der eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des Urhebergesetzes darstelle.
(nach LG Köln , - Urteil vom 28.3.2024 – 14 O3 148/21)
Ein Architektenbüro A nimmt ein anderes Architektenbüro B wegen behaupteter Verletzung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an einer Fassadengestaltung auf Zahlung einer Lizenzgebühr, welche sich auf eine Höhe von rund Euro 2.150.000 € belaufen soll, in Anspruch.
A trägt vor, er sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an der Fassade „XY“, die unter anderem folgende Merkmale aufweise: Die Fassadenkomposition beruhe auf einem vor der Fensterfront befindlichen Raster aus Lisenen und Gesimsen. Benachbarte Kreuzungspunkte seien gegenüber den vertikalen Fenstern alternierend vor- und zurückversetzt. Lisenen und Gesimse hätten sich zu den vorspringenden Kreuzungspunkten verjügende und sich zu den zurückgesetzten Kreuzungspunkten hin verbreiternde Frontflächen. Der Entwurf setze sich aus architektonischer Sicht mit unterschiedlichen Entwurfsmotiven auseinander, die sowohl für den „Frankfurter Stil“ vor dem ersten Weltkrieg als auch für die Architektur Mies van der Rohes wichtig gewesen seien, es gehe in dem Entwurf um die Wiedergewinnung städtischer Eleganz: Die quadratischen Natursteinlisenen bewegten sich in Wellen über die Fassade und erinnerten mit ihren breiten Schwingen an ein Gewebe oder Netz. Sie verbinden, jeweils versetzt, zwei Stockwerke miteinander. Die besondere Gestaltungshöhe werde auch durch die zahlreichen Presseveröffentlichungen und Prämierung belegt, welche die Individualität der Fassade des A bestätigten.
A meint, die von B geplante Fassade übernehme alle wesentlichen Merkmale seiner Fassade. B plante die Gebäude „Neuer Kanzlerplatz“, insbesondere auch im Hinblick auf die Fassadengestaltung (siehe auch BauNetz-Meldung: Hochhaus am Kanzlerplatz). Der „Neue Kanzlerplatz“ besteht aus drei Gebäuden, prägend ist das errichtete Hochhaus, das mit 101m Höhe die anderen überragt. B ist der Ansicht, dem A stehe ein Nutzungsrecht an der Fassade XY nicht zu, da sämtliche von A herausgestellten Gestaltungsmerkmale bereits zum vorbekannten Formenschatzes im Bereich der Architektur gehört hätten. Schon seit den späten fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden kreuzförmig angeordnete konische Gesimse und Lisenen zur Fassadengestaltung eingesetzt. Dies belegten insbesondere die Fassaden des Bidula Building (Addis Abeba 1959), der Beinecke Rare Book and Manuscript Library (New Haven, 1963) sowie der Direction réginale des Télécommunications (Lyon, 1979) und des Space House (London, 1966). In den vergangenen Jahren sei diese Form der Fassadengestaltung wieder in Mode gekommen. Dies zeige sich beispielhaft an der 2013 fertig gestellten Fassade des Gebäudes Pure Aldgate (London) und des 2015 errichteten Beehive Offices (Lima).
Das Gericht erkennt einen urheberrechtlichen Werkschutz für die Fassadengestaltung der Fassade XY nicht an und weist die Klage ab. Zwar habe A hinreichend vorgetragen, um schlüssig die Schutzfähigkeit der Fassade XY darzulegen. Allerdings habe B nachgewiesen, dass die von A herausgestellten Merkmale im Zeitpunkt des Entwurfes der Fassade XY vorbekannt waren. Soweit sich die Fassadengestaltung des A von den zu diesem Zeitpunkt bereits vorbekannten Fassadengestaltungen unterscheide, seien solche Abweichungen unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der Fassadengestaltungen nicht derartig relevant, dass der Fassade des A ein Eigentümlichkeitsgrad zugebilligt werden könne, der eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des Urhebergesetzes darstelle.
Hinweis
Das Gericht äußert ausdrücklich, dass es bei seiner Beurteilung nicht verkenne, dass die Fassade des A in der Fachpresse breit besprochen und mit Preisen honoriert wurde. Diese erreichte Öffentlichkeit lasse nach Auffassung des Gerichtes jedoch keinen Schluss auf die Neuheit der Fassadengestaltung bzw. auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit zu.
Das Gericht äußert ausdrücklich, dass es bei seiner Beurteilung nicht verkenne, dass die Fassade des A in der Fachpresse breit besprochen und mit Preisen honoriert wurde. Diese erreichte Öffentlichkeit lasse nach Auffassung des Gerichtes jedoch keinen Schluss auf die Neuheit der Fassadengestaltung bzw. auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit zu.