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Prüffähige und nicht prüffähige Schlussrechnung: Wann beginnt die Verjährung?

Die Verjährung der Honorarforderung beginnt grundsätzlich mit der Erteilung einer (objektiv) prüffähigen Schlussrechnung. Es sind allerdings sowohl Fälle denkbar, in denen die Verjährung trotz fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung beginnt zu laufen, als auch solche, in denen trotz vorhandener Prüffähigkeit die Verjährung noch nicht beginnt zu laufen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Um eine Honorarforderung durchsetzen zu können, darf diese noch nicht verjährt sein.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 228/02 –)
Ein Architekt erstellt 1995 für erbrachte Architektenleistungen eine Schlussrechnung. In dieser Schlussrechnung berechnet er u.a. Leistungen für Freianlagen. Nach etwa 1 ½ Monaten meldet sich die Auftraggeberin und rügt, dass die Leistungen für Freianlagen als Leistungen für Verkehrsanlagen hätten berechnet werden müssen. Es wird um Zuleitung einer korrigierten Schlussrechnung gebeten. Anfang 1996 erstellt der Architekt eine neue Schlussrechnung, in der er teilweise Leistungen nunmehr als Verkehrsanlagen abrechnet. Mit am 30.12.1998 zugestellten Mahnbescheid, macht er sein Honorar gegen die Auftraggeberin geltend. Diese wendet Verjährung ein, die Verjährungsfrist von zwei Jahren habe bereits mit der 1995 gelegten Schlussrechnung zu laufen begonnen.

Der BGH folgt der Ansicht der Auftraggeberin nicht. Die geltend gemachte Forderung sei nicht verjährt. Der Mahnbescheid habe den Lauf der Verjährung unterbrochen, da er noch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist zugestellt wurde; die zweijährige Frist habe mit Ablauf des Jahres, in dem die Fälligkeit der Forderung eintrat, begonnen zu laufen. Die Fälligkeit der Forderung sei erst mit der 1996 gestellten Rechnung eingetreten.

Zur Erläuterung seiner Entscheidung stellt der BGH nochmals umfassend den Zusammenhang zwischen der Prüffähigkeit der Schlussrechnung und damit der Fälligkeit der Forderung einerseits und der Verjährung der Forderung andererseits dar:

- Eine prüffähige Rechnung i.S.d. § 8 I HOAI müsse diejenigen Angaben erhalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI objektiv unverzichtbar seien, um die sachliche und rechnerische Prüfung des Honorars zu ermöglichen. Der BGH stellte heraus, dass sich die Prüffähigkeit der Schlussrechnung grundsätzlich nach objektiven Kriterien beurteilt.

- Zwei Ausnahmen lässt der BGH von vorgenanntem Grundsatz zu: Der Auftraggeber könne sich zum einen nach Treu und Glauben nicht auf die fehlende Prüffähigkeit berufen, wenn die Rechnung auch ohne die objektiv unverzichtbaren Angaben seinen Kontroll- und Informationsinteressen genügt; des weiteren sei der Auftraggeber nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen, die er nicht spätestens innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Rechnung vorgebracht habe. In beiden Fällen ist letztlich trotz objektiv nicht vorhandener Prüffähigkeit von einer prüffähigen Schlussrechnung auszugehen.

- Unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung stellt der BGH weiter fest, dass die Verjährung der Honorarforderung grundsätzlich erst mit der Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung beginne (vgl. hierzu auch unter Honoraranspruch / .... / Beginn der Verjährung). Sei eine Rechnung nur teilweise prüffähig, beginnen die Verjährungsfrist der Honorarschlussforderung grundsätzlich erst mit der Erteilung einer insgesamt prüffähigen Schlussrechnung.

- Unter Bezugnahme auf die von ihm zugelassenen Ausnahmefällen, in denen von einer Prüffähigkeit letztlich trotz fehlender objektiv prüffähiger Schlussrechnung auszugehen ist, entscheidet der BGH folgerichtig zum Beginn der Verjährung: Könne der Auftraggeber sich nicht auf die fehlende Prüffähigkeit berufen, weil die Rechnung seinen Kontroll- und Informationsinteressen genüge, beginnt die Verjährung, wenn dieser Umstand für den Architekten erkennbar nach außen zu Tage trete. Die Verjährung einer auf eine nicht prüffähige Honorarschlussrechnung gestützten Forderung beginne spätestens, wenn die Frist von zwei Monaten abgelaufen sei, ohne dass der Auftraggeber substantiierte Einwendungen gegen die Prüffähigkeit vorgebracht habe.

Unter Anwendung vorgenannter Grundsätze prüft der BGH, ob eine Fälligkeit der Forderung bereits mit der 1995 gelegten Schlussrechnung eingetreten sei und deshalb bereits Ende 1997 Verjährung vorlag. Im vorliegenden Fall habe die Auftraggeberin innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage der Schlussrechnung eine Rüge ausgesprochen. Danach habe die Verjährung der Forderung jedenfalls dann nicht mit Vorlage der Schlussrechnung oder mit Ablauf der zwei Monate zu laufen begonnen, wenn die Schlussrechnung nicht prüffähig war.

Unter Berücksichtigung oben stehender Grundsätze könnte aber die Verjährung der Honorarforderung doch zu laufen begonnen haben, wenn die Rechnung des Architekten möglicherweise insgesamt objektiv prüffähig war. Hierzu stellt der BGH aber dann eine weitere Ausnahme zu dem Grundsatz, dass die Forderung mit Vorlage einer objektiv prüffähigen Schlussrechnung zu verjähren beginne, auf:

- Der BGH meint nämlich, dass – selbst im Falle einer objektiv prüffähigen Schlussrechnung – die Verjährung der Forderung dann nicht zu laufen beginne, wenn der Auftraggeber die Schlussrechnung rüge und der Architekt daraufhin unter Berücksichtigung der Rüge eine neue Schlussrechnung aufstelle. In diesem Falle beginne die Verjährung erst mit Ausstellung der neuen Schlussrechnung. Der Auftraggeber könne sich gem. Treu und Glauben nicht darauf berufen, die Verjährung habe schon mit der objektiv prüffähigen Schlussrechnung begonnen, denn schließlich habe er selbst die Schlussrechnung gerügt und den Architekten zur Neuaufstellung der Rechnung veranlasst.

Unter Anwendung dieses letzten Ausnahmefalls schließlich kommt der BGH für den vorliegenden Fall – ohne dass er über die objektive Prüffähigkeit der Schlussrechnung entscheiden muss – zu dem Ergebnis, dass so oder so die Verjährung erst mit der Ausstellung der zweiten Schlussrechnung 1996 zu laufen begonnen habe und insoweit Ende 1998 noch wirksam unterbrochen werden konnte.
Hinweis
Die vom BGH hier aufgestellten Grundsätze sind einigermaßen sensationell, insbesondere die Festlegung der 2-Monatsfrist (der BGH erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die zweimonatige Prüfungsfrist gem. § 16 VOB/B). Diese Frist, die im Gesetz keine Grundlage findet, ist nichts anderes als eine erneute Fortbildung des für Architekten geltenden Richterrechts.

Die Grundsätze des BGH´s sind zwar in sich schlüssig, aber auf Grund der vielen Ausnahmefälle schwierig anzuwenden. Die Berechnung der Verjährungsfristen für Honorarforderungen der Architekten wird – so darf man befürchten – durch diese Rechtsprechung nicht einfacherer geworden sein.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck