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Pflichtverletzung des Architekten: Unterlassene Hinwirkung auf Anspruchssicherung gegen Sonderfachmann?

Der Architekt hat den Bauherrn auf das Risiko einer denkbaren Verjährung von nicht fernliegenden Ansprüchen gegen den Sonderfachmann hinzuweisen und die Einholung von Rechtsrat dringlich zu empfehlen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Der Architekt ist in seiner Funktion als Sachwalter des Bauherrn diesem gegenüber zur umfassenden Beratung und Aufklärung während des gesamten Vertragsverhältnisses verpflichtet.

Fraglich ist, inwieweit diese Beratung auch rechtliche Fragen umfassen darf und muss.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 20.06.2002 - 2 U 209/01, BauR 2003,1062)
Ein Architekt hatte die Vollarchitektur, d. h. auch die in den Leistungsphasen 8 und 9 beschriebenen Leistungen, übernommen. Es stellten sich nach Abnahme Rissbildungen ein. Er riet dem Bauherrn zur Durchführung von Sanierungsmassnahmen, die sich später als untauglich erwiesen. In der Zwischenzeit waren Ansprüche gegen den verantwortlichen Statiker verjährt. Die Haftung fiel nun in voller Höhe der Sanierungskosten und der ungeeigneten Nachbesserung auf den Architekten. Der Architekt hat gegen seine im Rahmen der Leistungsphase 9 übernommene Verpflichtung verstoßen, auf die Sicherung von möglichen Ansprüchen gegen denkbar verantwortliche Baubeteiligte, hier den Statiker, nicht ausreichend hingewirkt zu haben. Die Rissbildungen hatten Anlass genug für eine entsprechende Annahme gegeben. Der Architekt hätte die Gefahr eines möglichen Anspruchsverlustes dem Bauherrn nachdrücklich vor Augen führen müssen und das Beweissicherungsverfahren als sicheren Weg anraten müssen sowie die nachdrückliche Empfehlung aussprechen müssen, sich zur Vorbereitung einer Anspruchssicherung gegen den Statiker fachkundigen Rechtsrates zu versichern.
Hinweis
Die Entscheidung zeigt, wie haftungsträchtig die Übernahme der Leistungsphase 9 ist. Sie zeigt, dass der Architekt mindestens rechtliches Problembewusstsein haben muss und handeln muss, indem er wenigstens frühzeitig nachhaltig auf das Einholen fachkundigen Rechtsrates drängt, auch wenn ihn das nicht von einer gewissen Aufklärungspflicht entbindet. Das Gericht sah kein Mitverschulden des Bauherrn und keine gesamtschuldnerische Haftung von Architekt und Statiker. Die Pflicht aus Leistungsphase 9 stehe gesondert mit der Folge, dass der Architekt durch Verstoß gegen seine Pflicht alleine für den Fehler des nicht mehr haftbar zu machenden Statikers haftete. Das Urteil wurde rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH Beschluss vom 27.03.2003, VII ZR 268/02

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