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Nochmals: Ständige Geschäftsbeziehungen als Fall zulässiger Mindestsatzunterschreitung?

Nicht jede ständige Geschäftsbeziehung begründet die Zulässigkeit einer  Mindestsatzunterschreitung, sondern nur solche, die zu einem geringeren Arbeitsaufwand aufgrund von Synergieeffekten oder zu einer stabilen sozialen Absicherung führen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Beispiel
(nach Oberlandesgericht Düsseldorf , Urt. v. 14.07.2016 - 5 U 73/14)
Ein Architekt macht gegenüber seinem Bauherrn Resthonoraransprüche geltend. Er legt hierzu eine Mindestsatzabrechnung vor, die das vertraglich vereinbarte Honorar erheblich überschreitet. Der Bauherr beruft sich auf eine zulässige Mindestsatzunterschreitung gem. § 4 II HOAI 1996 wegen ständiger Geschäftsbeziehung.
 
Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt der Mindestsatz-Klage des Architekten weitgehend statt. Unstreitig auch nach dem Vortrag des Architekten habe hier zwar eine ständige Geschäftsbeziehung bestanden; dies allein reiche aber für die Annahme eines Ausnahmefalles für eine zulässige Mindestsatzunterschreitung nicht aus. Vielmehr müsse zusätzlich die Zusammenarbeit eine Qualität haben, die die Unterschreitung der Mindestsätze kompensiere. Dies könne der Fall sein, wenn der Arbeitsaufwand aufgrund von Synergieeffekten geringer oder eine stabile soziale Absicherung mit der Tätigkeit verbunden sei.

Synergie-Effekte seien hier nicht anzunehmen: zwar habe der Architekt eine Zeit lang auch sich wiederholende Einfamilien-Reihenhäuser in Neubaugebieten geplant; bei dem streitgegenständlichen Objekt handele es sich aber um einen Bürokomplex, der sich deutlich von der bisherigen Tätigkeit abhebe. Auch eine stabile, soziale Absicherung könne nicht erkannt werden: obgleich die Parteien über einen Zeitraum von fast zehn Jahren viel zusammen gearbeitet hätten und der Umsatz des Architekten mit dem Bauherrn in einigen Jahren  rund 50 % des Gesamtumsatzes des Architekten betragen habe, seien auch erhebliche Schwankungen im Umsatz festzustellen, so dass keine stabile Absicherung anzunehmen sei. 
Hinweis
Eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen Architekt und Bauherr nicht partout als Berechtigung für eine Mindestsatzunterschreitung zu qualifizieren, erscheint durchaus richtig. Neben der Frage der Synergie-Effekte und der sozialen Absicherung dürfte nach diesseitiger Ansicht auch die Frage der Höhe der Mindestsatzunterschreitung eine Rolle spielen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck