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Muss Architekt Mehraufwand bei Bauzeitverlängerungen im Einzelnen nachweisen?

Die Parteien können einen Honoraranspruch für den Fall einer Bauzeitverlängerung wirksam vereinbaren. Besteht eine solche Vereinbarung, sind nach Ansicht des Kammergerichtes gleichwohl an den Nachweis des Mehraufwandes zur Darlegung des zusätzlichen Honoraranspruches hohe Anforderungen zu stellen; nur solche Mehraufwendungen sind zu erstatten, die aus – dem Architekten/Ingenieur nicht zurechenbaren – Bauzeitverzögerungen kausal resultieren.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch Bauzeitverlängerungen in Betracht.
Beispiel
(nach KG , Urt. v. 15.03.2005 - 27 U 399/03 –, BGH, Beschluss vom 28.09.2006 – VII. ZR 106/05 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Ein Planerbüro wird mit Architektenleistungen für ein größeres Bauvorhaben beauftragt. In dem Vertrag befindet sich eine Klausel, nach welcher bei einer Bauzeitverzögerung aufgrund von Unstimmigkeiten, die der Planer nicht zu vertreten hat, für Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren ist. Die vereinbarte Ausführungszeit wird nach Vortrag des Planerbüros um 25 Monate, jedenfalls aber um 14 Monate überschritten. Das Planerbüro verlangt eine Mehrvergütung in Höhe von rund € 990.000,00. Vorsorglich stellt es Personalkosten für den 14-monatigen Überschreitungszeitraum in Höhe von rund € 840.000,00 dar. Das Planerbüro führt aus, der Bauherr habe sich einer gütlichen Vereinbarung über die Vergütung des Mehraufwandes verweigert. Der Bauherr beruft sich auf unzureichenden Nachweis des Mehraufwandes.

Das Kammergericht schließt sich der Ansicht des Bauherrn an und weist die Klage wegen unzureichender Darlegung des Mehraufwandes ab. Unter Berufung auf das Urteil des BGH (Urt. v. 30.09.2004) räumt das Kammergericht zunächst einen Anspruch dem Grunde nach ein. Die entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien sei wirksam. Aus der Vereinbarung folge nicht nur die Pflicht, in eine zusätzliche Vergütung einzuwilligen, sondern letztlich auch einen durch die Bauzeitverzögerung bedingten Mehraufwand zu erstatten.

Allerdings habe das Planerbüro den Nachweis, welche Mehraufwendungen im Einzelnen durch die Bauzeitverzögerung entstanden sei, nicht erbringen können. Entgegen der Ansicht des OLG Brandenburg (Urteil vom 16.12.1999 – 12 U 34/99 –) könne eine Berechnung des Mehraufwandes nicht in der Art erfolgen, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die gesamte Ausführungszeit dem Vertragshonorar für die Leistungsphase 8 gegenüber zu stellen seien und der Mehrbetrag durch Differenzbildung zu ermitteln sei. Diese Ermittlungsmethode führe zu einem Aufwandshonorar, ein Zeithonorar im Sinne des § 6 HOAI könne jedoch nach der HOAI nur in den Teilen abgerechnet werden, in denen die HOAI dies ausdrücklich zulasse (§ 16 Abs. 2 und 3 HOAI).

Ein Mehrvergütungsanspruch ergebe sich auch nicht aufgrund der von dem Planerbüro dargestellten Personalkosten für den Zeitraum der 14-monatigen Bauzeitüberschreitung. Zwar seien die behaupteten Arbeitsstunden der Mitarbeiter nachgewiesen worden. Nicht nachgewiesen worden sei allerdings, dass diese Stunden nicht in Grundleistungen der Leistungsphase 8 zuzuordnen seien, sondern einen Mehraufwand darstellten, der nicht bereits durch das vereinbarte Honorar abgegolten sei. Die zeitliche Verschiebung von Überwachungsmaßnahmen könne allein keinen Mehrvergütungsanspruch begründen. Hinzukommen müsse die Feststellung, dass es sich hierbei um Mehrfachleistungen handele, die auf Umständen beruhen, die von der Klägerin nicht zu vertreten seien. Ein konkreter Mehraufwand setze voraus, dass die einzelnen Störungen des Bauablaufs bestimmten Mehrleistungen zugeordnet werden könnten. Dies sei – so das Kammergericht – nur durch eine zeitnahe Dokumentation möglich gewesen.
Hinweis
Das Urteil wird die möglicherweise aufgrund es Urteils des BGH (Urt. v. 30.09.2004) entstandene Euphorie erheblich dämpfen, zumal der BGH das Urteil durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde im Grundsatz abgesegnet hat. Das Kammergericht Berlin stellt enorm hohe – nach Ansicht des Verfassers nicht oder kaum zu erfüllende – Anforderungen an den Nachweis des Mehraufwandes.

Die Begründung des Urteils wirft allerdings einige Fragen auf. So meint das Gericht, die Mehrvergütung für die Bauzeitverlängerung könne nicht auf der Grundlage derjenigen Vergütung errechnet werden, die auf die vereinbarte Bauzeit entfalle, da eine solche Aufwandsvergütung HOAI-widrig sei. Nun hat allerdings der BGH in seinem vorzitierten Urteil ausdrücklich ausgesprochen, dass der Bereich der Vergütung auf eine Bauzeitverlängerung außerhalb des Anwendungsbereiches der HOAI falle (vor diesem Hintergrund ist dem Verfasser auch nicht ganz begreiflich, warum der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat). Im Ergebnis ist das Urteil nach Ansicht des Verfassers den beiderseitigen – auch in den vertraglichen Vereinbarungen niedergelegten – Interessen nicht gerecht geworden.

Planer sollten sich in Zukunft überlegen, ob sie konkrete Maßstäbe und Berechnungsmethoden in ihre entsprechenden Bauzeitverlängerungsvereinbarungen aufnehmen. Dabei könnte auch daran gedacht werden, sich nicht alleine am Mehraufwand zu orientieren, sondern – wie bereits einmal vorgeschlagen (Wie kann eine vertragliche Vereinbarung über zusätzliches Honorar im Falle von Bauzeitverlängerungen aussehen?) – an dem Honorar, welches die Parteien vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsschluss die Bauzeitverlängerung hätten vorhersehen können. Ob und inwieweit solche Klauseln einer AGB-Kontrolle standhalten, ist völlig offen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck