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Mitverschuldenseinwand des Architekten gegenüber dem Bauherrn berechtigt, wenn Statik fehlerhaft?

Ein Architekt kann dem Auftraggeber ein Mitverschulden des selbstständig beauftragten Statikers wegen dessen fehlerhafter Planung nicht entgegenhalten, wenn den Auftraggeber eine Obliegenheit zur Vorlage einer mangelfreien Fachplanung im Rechtsverhältnis zum Architekten nicht trifft.
 
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Statiker.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 15.01.2016 - 22 U 92/15)
Ein Bauherr will einen grenzständigen Neubau an der Giebelwand seines bestehenden, denkmalgeschützten Altbaus errichten lassen. Er beauftragt einen Architekten mit entsprechenden Leistungen, die auch Planung und Überwachung des Aushubes der Baugrube, des Anlegens der Böschungen sowie insbesondere der erforderlichen Unterfangung umfassen. Daneben beauftragt der Bauherr einen Statiker. Später stürzt die Giebelwand des Altbaus teilweise in die Baugrube. Ohne dass die Ursache genau geklärt werden kann, wird unter anderem festgestellt, dass die Böschung nicht DIN-gerecht angelegt war, eine auch dem Architekten bekannte Handskizze des Statikers vorlag zur Unterfangung, die der DIN 4123 widersprach, eine Detailplanung des Architekten nicht vorlag, sowie eine hinreichende Überwachung des Architekten (sowie auch des Statikers) nicht erfolgte. Der Bauherr nimmt den Architekten in Höhe von rund 370.000 € auf Schadensersatz in Anspruch. Der Architekt wendet unter anderem ein, der Bauherr müsse sich das Mitverschulden des Statikers im Verhältnis zu ihm, dem Architekten, anrechnen lassen.
 
Landgericht und Oberlandesgericht entscheiden anders. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 15.05.2013) komme die Zurechnung eines Mitverschuldens eines Fachplaners bei der Inanspruchnahme des Architekten durch den Auftraggeber in Betracht, wenn der Auftraggeber durch die Zurverfügungstellung der Fachplanerleistung eine Mitwirkungsobliegenheit gegenüber dem Architekten erfülle. Vorliegend habe aber der Bauherr eine Obliegenheit im Rechtsverhältnis zum Architekten zur Vorlage einer mangelfreien Fachplanung (Statik) gerade nicht übernommen, vielmehr habe er sich – mangels eigener Fachkenntnisse – einfach zweier Fachleute bedient, die in engem Zusammenwirken den Umbau bzw. teilweisen Neubau seines denkmalgeschützten Anwesens betreuen sollten.

Hinweis
Unter Berücksichtigung des aus dem Urteil hervorgehenden Sachverhaltes ist tatsächlich nicht ersichtlich, welche etwaige Leistung des Statikers hier als Grundlage für die Planung des Architekten hätte dienen können oder sollen; vor diesem Hintergrund wird das Urteil wohl im Ergebnis richtig sein. Das muss allerdings nicht heißen, dass nicht im Einzelfall gleichwohl eine Statikerleistung einmal eine Mitwirkungsobliegenheit des Bauherrn gegenüber dem Architekten darstellen kann (vgl. hierzu auch die Entscheidung des BGH vom 04.07.2002; in dem dortigen Fall lag nach diesseitiger Ansicht eine Mitwirkungsobliegenheit des Bauherrn nahe, wurde aber vom BGH seinerzeit auf der Grundlage der alten, inzwischen etwas revidierten Rechtsprechung, gleichwohl abgelehnt).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck