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Mindestsatzunterschreitung gemäß § 4 II HOAI zulässig bei ständigen Geschäftsbeziehungen?

Umstände, die das Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist, können eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen; dies kann der Fall sein bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Beispiel
(nach OLG Braunschweig , Urt. v. 24.08.2006 - 8 U 154/05)
Bauträger und Architekt kommen zusammen und vereinbaren die Zusammenarbeit bei der beabsichtigten Bebauung eines kleineren Wohngebietes mit vielleicht fünf Häusern. Die beiden schließen eine Art Rahmenvertrag. Zunächst wird der Auftrag für ein erstes Haus erteilt. Sukzessive sollen Aufträge in Abhängigkeit des Verkaufserfolgs und der finanziellen Situation für gleiche oder ähnliche Häuser erfolgen.

Bauträger und Architekt geraten in Streit und trennen sich. Sie streiten nun über das Honorar für zwei weitere Häuser. Das vertraglich festgehaltene Honorar liegt unter den Mindestsätzen. Der Bauträger meint, dass die zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden engen Geschäftsbeziehungen, die durch den Rahmenvertrag dokumentiert werden würden, einen Ausnahmefall im Sinne des § 4 II HOAI begründen würden. Die Mindestsatzunterschreitung sei daher rechtmäßig.

Das OLG hält einiges von der Argumentation. Es beruft sich auf die in der Literatur (zitiert wird Locher Koeble Frik, HOAI, 9. Auflage, § 4 Rdnr. 87) vertretene Ansicht, dass ein Ausnahmefall insbesondere dann anzunehmen sei, wenn eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien besteht, z.B. ein Rahmenvertrag zwischen einem Wohnungsbauunternehmen und einem Architekten. Als Grund für einen „Rabatt“ müsse es nämlich ausreichen, wenn durch ständige Geschäftsbeziehungen für den Auftragnehmer eine gewisse Sicherheit und Stabilität geschaffen wird und wenn darüber hinaus noch dem Auftragnehmer Teilleistungen oder auch die Koordinationstätigkeit erleichtert oder gar erspart werden. Das OLG dekliniert die Sache allerdings nicht durch, da es zu der Ansicht gelangt, dass es für die Folgeaufträge an der Schriftlichkeit mangelt und damit § 4 II HOAI schon aus formellen Gründen ausscheidet.
Hinweis
Der Anwendungsbereich des § 4 II HOAI liegt längst nicht mehr im Bereich der Utopie. Das Ausfüllen der Vorgabe des BGH, dass auch rechtliche und wirtschaftliche Verflechtungen einen Ausnahmefall begründen können, bleibt letztlich der Bewertung im Einzelfall überlassen mit den damit einhergehenden Unsicherheiten aber je nach Sichtweise auch Chancen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck