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Meldepflicht und Anzeigeobliegenheit

Eine Pflicht zur Anzeige eines Versicherungsfalls kann auch entstehen, wenn die Ansprüche gegen den Architekten zwar nicht ausdrücklich geltend gemacht, aber vorbehalten werden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

Liegt ein Versicherungsfall vor, so hat der Architekt zur Wahrung seiner Ansprüche bestimmte formelle Verfahren, u.a. Anzeigepflichten, zu beachten.
Beispiel
(nach LG Saarbrücken , Urt. v. 18.05.2006 - 12 O 438/05)
Der Architekt erstellt eine Wertschätzung der Immobilie seiner Auftraggeber, die auf der Grundlage von einer Bank ein Darlehen erhalten. Das wird notleidend und die Sache geht acht Jahre nach der Erstellung der Wertschätzung in die Zwangsversteigerung. Dort wurde der Wert auf nur die Hälfte des vom Architekten geschätzten Wertes ermittelt. Die Bank hielt dem Architekten die Unterschiede vor. Der Architekt antwortet, dass ihm eine Stellungnahme nicht möglich sei, da ihm die Unterlagen nicht mehr vorlägen. Eine Benachrichtigung seiner Haftpflichtversicherung nahm der Architekt nicht vor. Es folgten selbständiges Beweisverfahren und Klage, die mit einem Vergleich erledigt wurde.

Der Architekt wandte sich an seine Versicherer (er hatte nach Erstellung des Gutachtens den Versicherer gewechselt). Der Vorversicherer war allerdings nicht mehr einstandspflichtig. Die 5-jährige Nachhaftung des Vorversicherers des Architekten hatte just am Ende des Monats, in dem der Architekt das erste Mal von der Bank angeschrieben wurde und ihm die Unterschiede seiner Wertschätzung zum Gutachten aus der Zwangsversteigerung vorgehalten wurden.

Die Klage des Architekten gegen seinen (derzeitigen) Versicherer blieb ohne Erfolg. Das Landgericht stützt die Entscheidung auf die Versicherungsbedingungen A II. 2. b) BBR:

"Beim Versichererwechsel erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf solche Verstöße, die während der Versicherungsdauer bei Vorversicherern begangen wurden und die erst nach Ablauf der 5-jährigen Nachhaftung (A Ziffer II 1) ohne Verschulden des Versicherungsnehmers gemeldet werden können...."

In dem Schreiben der Bank werde der Architekt mit einem möglichen Fehlverhalten bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit konfrontiert. Ihm werde vorgehalten, dass seine Wertschätzung deutlich über der Wertermittlung eines anderen Sachverständigen lag. Zwar würden in dem Schreiben noch keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht, sondern lediglich Regressansprüche vorbehalten. Auch habe der Architekt zu diesem Zeitpunkt (neun Jahre später) die Berechtigung des Vorwurfs nicht prüfen können, da ihm seine Wertermittlung nicht mehr vorlag. Gleichwohl begründete das Schreiben nach Ansicht des Landgerichtes den Eintritt des Versicherungsfalls und damit das Einsetzen der Anzeigeobliegenheit gem. § 5 Nr. 2 Satz 1 AHB.

Dafür reiche nämlich aus, dass ein Dritter einen Verstoß behauptet und aus dem Verstoß Schadensersatzansprüche resultieren können; die Prüfung der Haftpflichtfrage gehöre gerade zu den Pflichten des Versicherers (§ 3 Ziff. II Nr. 1 Abs. 1 AHB).

Weder der alte noch der neue Versicherer des Architekten waren daher einstandsverpflichtet.
Hinweis
Die Entscheidung trifft sicher einen Einzelfall mit Bezug zur Nachhaftung des Vorversicherers bzw. Eintrittspflicht des Versicherers für Altfälle, der zudem auch zeitlich sehr unglücklich gelaufen ist. Die Meldepflicht des A II. 2. b) BBR entspricht nach Ansicht des Landgerichtes der Anzeigeobliegenheit des § 5 Nr.2 AHB: „Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer ... unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, schriftlich anzuzeigen. ...“ . Versicherungsfall „ist das Schadenereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte“ (§ 5 Nr.1 AHB). Ob der Komplex auch einer Überprüfung durch ein Oberlandesgericht oder den BGH standhält, wird abzuwarten sein. Das Landgericht stellt hohe Ansprüche an die Reaktion eines Architekten und erwartet ungeachtet seines eigenen Informationsbedürfnisses unverzügliche Meldung an den Versicherer.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck