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Leistungen des Architekten im Gefälligkeitsverhältnis: Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit?

Wird ein Architekt für den Bauherrn aus Gefälligkeit unentgeltlich beratend tätig, kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine stillschweigende Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen angenommen werden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Den Architekten kann eine Haftung auch bei Gefälligkeitsleistungen treffen.
Beispiel
(nach OLG Dresden , Urt. v. 19.10.2010 - 5 U 300/10)
Ein Architekt besichtigt ein Einfamilienhaus, welches die Käufer von einem Bauträger erworben haben. Der Architekt verlangt für seine Tätigkeit kein Honorar, da er für die Eltern der Käufer bei einem Bauvorhaben tätig gewesen war. Der Architekt stellt betreffend einer Treppe einen Verstoß gegen die DIN 18065 fest und schätzt Mängelbeseitigungskosten auf DM 10.000,00 bis DM 13.500,00. Die Erwerber des Einfamilienhauses üben daraufhin gegenüber dem Bauträger ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von DM 50.000,00 aus und leiten ein selbständiges Beweisverfahren ein. In diesem Verfahren wird zwar ein Mangel der Treppe festgestellt, aber – nach zunächst höherer Einschätzung – weit niedrigere Mängelbeseitigungskosten. Die Erwerber nehmen den Architekten nunmehr wegen (umsonst) aufgewandter Verfahrenskosten in Anspruch.
 
Das OLG Dresden weist solche Ansprüche in zweiter Instanz zurück. Dabei könne dahinstehen, wie das rechtliche Verhältnis zwischen den Parteien einzuordnen sei. Die Feststellung des Mangels an sich sei durch den Sachverständigen im Beweisverfahren bestätigt worden. Im Hinblick auf die Einschätzung der Mängelbeseitigungskosten durch den Architekten sei – angesichts der Tatsache, dass auch der Sachverständige zunächst höhere Kosten ausgeworfen habe – allenfalls eine fahrlässige Pflichtverletzung anzunehmen. Für eine solche fahrlässige Pflichtverletzung komme aber eine Haftung des Architekten gegenüber den Erwerbern hier nicht in Betracht.

Werde ein Architekt für einen Bauherren aus Gefälligkeit unentgeltlich beratend tätig, so könne – wie hier – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine stillschweigende Haftungsbegrenzung auf sogenannte "Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten" angenommen werden. Der Architekt hafte dann nur für vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen bzw. Schlechtleistungen, nicht aber für leicht fahrlässige. Eine solche Haftungsmilderung komme in Betracht, wenn sich der Geschädigte aufgrund besonderer Umstände auf ein ausdrückliches Ansinnen des Schädigers einer solchen Haftungsmilderung billigerweise nicht hätte verschließen können; zwar sei bei solchen ergänzenden Auslegungen jedenfalls dann Zurückhaltung geboten, wenn die Tätigkeit des Leistenden einem Vertrauensverhältnis entspringe und ein Gegenstand von wirtschaftlicher und geschäftlicher Bedeutung betreffe. Hier konnten die Erwerber jedoch billigerweise nicht erwarten, dass der Architekt für seine mit erkennbar begrenztem Aufwand gewonnene unentgeltliche Kostenschätzung die selbe Gewähr übernehmen wolle wie ein gerichtlicher Sachverständiger nach zweimaliger Überprüfung seines Ausgangsgutachtens.
Hinweis
Das Urteil des OLG Dresden betrifft wohl einen Einzelfall und ist nicht verallgemeinerungsfähig. Deshalb ist äußerste Vorsicht für Planer bei Gefälligkeitsleistungen geboten. Jedem Planer sei hier angeraten, vor Leistung der Gefälligkeit nachweisbar den Bauherrn darauf hinzuweisen, dass die Gefälligkeit eben unentgeltlich, darum aber auch unverbindlich und unter Ausschluss jeglicher Haftung erfolge. Selbst dann noch sollte die Gefälligkeit keinen Umfang annehmen, welcher für den Bauherrn von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Denn dann würde voraussichtlich selbst vorgenannter Hinweis nicht mehr jegliche Haftung ausschließen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck