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Kündigung: Umsatzsteuer für nicht erbrachte Leistungen?

Der Architekt hat im Fall der Vertragskündigung einen Anspruch auf Zahlung der erbrachten Leistungen zuzüglich Umsatzsteuer und der nicht erbrachten Leistungen abzüglich im wesentlichen der ersparten Aufwendungen. Der Umgang mit der Umsatzsteuerthematik ist bezüglich des auf die gekündigte Leistung entfallenden Vergütungsanspruchs nicht abschließend geklärt.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt a.M. , Urt. v. 07.12.2005 - 13 U 91/04; BGH, Beschluss vom 28.06.2007 - VII ZR 1/06)
Dem Architekten wird vom Bauherrn gekündigt. Der Architekt rechnet die erbrachten Leistungen einerseits und die nicht erbrachten Leistungen andererseits ab. Auf die Vergürtung für die erbrachten Leistungen verlangt er Umsatzsteuer. Auf die Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen verlangt er im Honorarprozess gegen seinen Auftraggeber, dass festgestellt wird, dass der Auftraggeber die Umsatzsteuer zu zahlen hat, wenn das zuständige Finanzamt Umsatzsteuer verlangt. Der Auftraggeber meint, dass der Architekt schon keinen Anspruch auf Umsatzsteuerzahlung habe und damit erst recht keinen Anspruch auf die in der Klage begehrte Feststellung.
Das OLG gibt dem Architekten recht. Zwar könne nach der Rechtsprechung des BGH keine Umsatzsteuer auf die gemäß § 649 BGB berechtigte Vergütung nicht erbrachter Leistungen verlangt werden (BGH Urteil vom 08.07.1999 - VII ZR 237/98). Wohl aber sei nach wie vor offen, ob nach den Regelungen der 6.Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG nicht erbrachte Leistungen im Sinne des § 649 BGB umsatzsteuerpflichtig sind.
Hinweis
Der BGH hat die Revision nicht angenommen. Er hat in der zitierten Entscheidung auf den Weg zum Europäischen Gerichtshof verwiesen, wenn Umsatzsteuer verlangt werden würden. Im Ergebnis wird der sichere Weg sein, entweder dem Auftraggeber eine Erklärung abzuringen, dass er die Umsatzsteuer übernimmt, wenn diese für die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen vom zuständigen Finanzamt verlangt wird, oder eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes herbeizuführen. Entsprechendes gilt auch für Aufhebungsvereinbarungen oder freie Kündigungen von VOB-Bauverträgen (§ 8 VOB/B) (siehe allgemein zur Vertragsbeendigung: Vertrag / vorzeitige Beendigung). Der BGH hat nun nach Vorliegen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs entschieden, dass Umsatzsteuer für die Vergütung nicht erbrachter Leistungen nicht berechnet werden darf BGH Urteil vom 22.11.2007 (s. hierzu Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI / vorzeitige Vertragsbeendigung / Umsatzsteuer2).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck