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Kann Schriftform der Honorarvereinbarung in Einzelfällen entbehrlich sein?

Nimmt ein öffentlicher Auftraggeber das schriftliche Honorarangebot eines Architekten in einem gesonderten Schreiben an, so kann er an die entsprechende Honorarvereinbarung gebunden sein, obgleich die Honorarvereinbarung den Anforderungen an die Form gem. § 4 I HOAI nicht entspricht.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Im Geltungsbereich des § 4 HOAI ist für die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung erforderlich, daß diese schriftlich bei Auftragserteilung vorgenommen wurde.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 18.01.2000 - 23 U 204/95 -, BGH, Beschluss vom 12.10.2000, VII ZR 95/00 (Revision nicht angenommen))
Architekten hatten einem öffentlichen Auftraggeber schriftlich Architektenleistungen u.a. mit einem 20 %-igen Umbauzuschlag und einer 7 %-igen Nebenkostenpauschale angeboten. Bei der Stadt wurde auf der Grundlage des Angebotes durch entsprechende handschriftliche Vermerke eine vorläufige Gesamtauftragssumme berechnet. Mit einem entsprechenden Schreiben an die Architekten wurde sodann der Auftrag erteilt. Die in den Abschlagsrechnungen der Architekten bereits anteilig geltend gemachte Nebenkostenpauschale wurde durch die Stadt ausgeglichen. Nach Erbringung der Leistungen stellten die Architekten die Honorarschlussrechnung. Die Rechnungsprüfung der Stadt bestätigte die in der Rechnung angesetzte Nebenkostenpauschale sowie den Umbauzuschlag. Später wendet die Stadt gegenüber dem Architekten ein, ein Anspruch auf den Umbauzuschlag und die Nebenkostenpauschale bestünden mangels Wahrung der in § 4 HOAI vorgesehenen Schriftform nicht.

Das Gericht sieht einen Anspruch des Architekten auf den Umbauzuschlag und die Nebenkostenpauschale als gegeben an. Bei der Prüfung des Anspruches der Architekten stellt das Gericht fest, dass zwar grundsätzlich die Einhaltung der Schriftform zwingende Voraussetzung sei, damit der Architekt Nebenkosten pauschal verlangen (vgl. § 7 III HOAI) bzw. einen Umbauzuschlag von 20 % geltend machen könne (im Hinblick auf den Umbauzuschlag galt noch § 24 HOAI alte Fassung!). Tatsächlich fehle es hier auch an der erforderlichen Schriftform, da das Angebot des Architekten und das Auftragsschreiben der Stadt keine einheitliche Urkunden darstellten (vgl. hierzu auch Honoraranspruch / .... / Angebot u. Annahme). Allerdings sei der Stadt die Berufung auf diesen Formmangel nach Treu und Glauben zu versagen, da sie nicht schutzwürdig sei. § 4 HOAI solle den Bauherrn vor unkalkulierbaren und nicht überschaubaren Honorarerhöhungen schützen. Nach dem Angebot der Architekten, der Auftragserteilung nach einer selbstberechneten Gesamtauftragssumme, nach den bezahlten Abschlagsrechnungen und der Prüfung der Honorarschlussrechnungen sei jedoch davo auszugehen, dass die Stadt hinreichend Kenntnis der auf sie zukommenden Honorarforderungen gehabt hätte.
Hinweis
Diese Entscheidung ist die erste, die es einem Bauherrn versagt, sich auf das Fehlen einer gem. der HOAI-Vorschriften erforderlichen Schriftform zu berufen. Dies ist ein nicht unbedeutender Schritt. Zwar neigt die Rechtsprechung bei öffentlichen Auftraggebern eher als bei privaten dazu, diese auf der Grundlage von Treu und Glauben mit dem Einwand fehlender Schriftform nicht zu hören. Gleichwohl ist nach diesseitiger Ansicht ein substantieller Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Bauherrn nicht zu machen, allerhöchstens ein tendenzieller. Entsprechend müsste die Regel, dass sich ein nicht schutzwürdiger Bauherr auch nicht auf das Fehlen der Schriftform berufen kann, auch bei den privaten Bauherrn auf Dauer durchsetzen. Vielen Architekten, die wegen fehlender Schriftform erhebliche Honorareinbußen hinnehmen müssen (Schriftform ist u.a. bei höheren als Mindestsätzen, bei Nebenkostenpauschale, und insbesondere bei besonderen Leistungen erforderlich), würde eine solche Entwicklung sehr entgegenkommen.

Kontakt
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