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Intensität der Bauüberwachung bei Verlegung von Teppichboden

Bei der Verlegung von 3000 m² Teppichboden handelt es sich schon wegen des reinen Umfangs und des damit einhergehenden großen Schadenpotenzials nicht um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit;  der objektüberwachende Architekt muss jedenfalls eine stichprobenhafte Prüfung vornehmen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt a.M. , Urt. v. 16.09.2024 - 29 U 61/23)
Für den Neubau eines Bürogebäudes wird ein Planer u. a. mit Architektenleistungen gemäß HOAI beauftragt, Leistungsphasen 1-9. Zu den von dem Planer zu erbringenden Leistungen gehört auch die Planung des Fußbodenaufbaus, einschließlich des Teppichbodens. Zwei Jahre nach Abnahme der Leistungen des Planers durch den Bauherrn zeigen sich Mängel am Teppichboden. In den Flurbereichen sowie in einzelnen Büro- und Nebenräumen traten Wellen und Schüsselungen im Teppichbodenbelag auf, außerdem löste sich der Teppichboden großflächig vom Untergrund und die Stöße von Teppichfliesen lösten sich. Ein Sachverständiger stellt als Mangelursache eine fehlende Grundierung vor Verklebung des Teppichbodens fest. Die fehlende Grundierung sei für einen bauüberwachenden Architekten erkennbar gewesen, zumal hier der Teppich in mehreren Abschnitten verlegt worden sei. Der Bauherr nimmt den Architekten auf Euro 180.000 Vorschuss in Haftung. Dieser verteidigt sich u. a. mit dem Argument, die Verlegung des Teppichs sei eine handwerkliche Selbstständigkeit und habe durch ihn nicht überwacht werden müssen.

Das OLG Frankfurt folgt der Ansicht des Architekten nicht und gibt der Klage des Bauherrn statt. Unbeachtlich sei, dass die Verlegung eines Teppichbodens möglicherweise grundsätzlich eine einfache und übliche handwerkliche Selbstverständlichkeit darstelle. Ebenso wenig komme es darauf an, dass es sich bei der Verlegung des Teppichbodens bzw. dem Aufbringen der Grundierung nicht um eine "gefahrenträchtige" Leistung gehandelt habe. Hier sei wegen des reinen Umfangs der Arbeiten und des damit einhergehenden großen Schadenspotenzial jedenfalls stichprobenhafte Kontrollen erforderlich gewesen.


Hinweis
Um ein wichtiges oder kritisches Gewerk handelt es sich bei einem Teppichboden, auch wenn er 3000 m² umfasst, wohl nicht. Die Funktion des Gebäudes wird durch einen fehlerhaft verlegten Teppichboden nicht erheblich beeinträchtigt. Gleichwohl erscheint es schlüssig und nachvollziehbar, wenn ein Architekt bei der Verlegung eines Teppichbodens jedenfalls stichprobenhaft überprüft, ob der Handwerker die wesentlichen grundsätzlichen Arbeitsschritte, eben u. a. die Grundierung, auch richtig vollzieht.


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck