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Innenputzarbeiten im Winter: Stichprobenartige Prüfung erforderlich!

Das Auftragen von Innenputz stellt zwar eine einfache, grundsätzlich nicht überwachungsbedürftige Leistung dar; werden Putzarbeiten allerdings im Winter ausgeführt, muss der bauüberwachende Architekt zumindest stichprobenartig prüfen, dass keine Arbeiten bei Temperaturen unter 5 °C vorgenommen werden.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei einfachen und üblichen Arbeiten.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 08.09.2017 - 19 U 133/16; BGH, Beschluss vom 19.12.2018 – VII ZR 234/17 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt ist für ein größeres Bauvorhaben unter anderem mit der Objektüberwachung beauftragt. Nach Fertigstellung der Gebäude kommt es in vielen Räumen zu Mängeln am Decken-Putz, es bilden sich Hohlstellen und Putz fällt herab. Der Bauherr nimmt den Architekten in Haftung, dieser verteidigt sich mit dem Argument, die Innenputzarbeiten stellten einfache handwerkliche Tätigkeiten dar, die er nicht zu überwachen hatte.

Das Oberlandesgericht Köln kommt zu einem anderen Ergebnis und spricht dem Bauherrn Schadensersatz gegen den Architekten dem Grunde nach zu. Bei dem Verputzen der Decken handele es sich jedenfalls vorliegend nicht um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit, die keiner Überwachung durch den die Bauaufsicht führenden Architekten bedürfe. An den Architekten seien bei der Erfüllung des Leistungsbildes Bauüberwachung strenge Anforderungen zu stellen, wobei er zu erhöhter Aufmerksamkeit und einer intensiveren Bauaufsicht bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein höheres Mängelrisiko aufweisen, verpflichtet sei. Zwar werde in der Rechtsprechung das Auftragen von Innenputz teilweise als einfache, nicht überwachungsbedürftige Arbeit angesehen (vgl. z.B. KG Berlin, Urteil vom 15.02.2006), hier läge der Fall aber anders. Der Bauunternehmer habe die Putzarbeiten hier zumindest zu großen Teilen abweichend von der ursprünglichen Bauablaufplanung im Winter (Januar/Februar 2004) ausgeführt. Demgegenüber sei (gemäß DIN 18550 und den Merkblättern der Berufsverbände) anerkannt, dass bei Luft- und Bauteiltemperaturen unter 5 °C Innenputzarbeiten nicht mehr vorgenommen werden dürften. Entsprechend hätte der Architekt hier Anlass zu einer zumindest stichprobenartigen Überprüfung gehabt, ob tatsächlich bei zulässigen Temperaturen verputzt werde.

Hinweis
Der Architekt versucht in dem Prozess nachzuweisen, dass Putzarbeiten tatsächlich weitgehend nur dann stattgefunden hätten, als die Temperaturen 5 °C nicht unterschritten. Da allerdings weder durch den Bauunternehmer noch durch ihn selbst eine lückenlose Baudokumentation (Bautagebuch) erstellt worden war, gelang dem Architekten der Nachweis seiner Behauptung nicht. Die Wichtigkeit der Dokumentation des Baugeschehens durch den Architekten wird hier bestätigt.


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck