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Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“: Trägt Architekt die Beweislast ?

Macht der Bauherr unter Bezugnahme auf § 4 I und IV HOAI geltend, die schriftliche Honorarvereinbarung mit dem Architekten sei unwirksam, da der Auftrag bereits vorher mündlich erteilt wurde, so hat der Architekt diesen Vortrag erst dann zu wiederlegen, wenn der Bauherr den früheren Auftrag nach Zeit, Ort und Inhalt nachvollziehbar dargelegt hat.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Im Geltungsbereich des § 4 HOAI ist für die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung erforderlich, daß diese schriftlich bei Auftragserteilung vorgenommen wurde.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 09.01.2001 - 23 U 90/00 -, BauR 2001, 1137)
Ein Architekt wurde mit der Planung von Umbauarbeiten am landwirtschaftlichen Anwesen des Bauherrn beauftragt. Nach zwei persönlichen Vorgesprächen kommt es zu der Unterzeichnung eines schriftlichen Architektenvertrages, welcher auch eine Honorarvereinbarung enthält, die den Mittelsatz festlegt. Nach Erbringung der Leistungen errechnet der Architekt sein Honorar auf der Grundlage des vereinbarten Mittelsatzes. Der Bauherr hält ihm entgegen, er könne lediglich den Mindestsatz verlangen, § 4 IV HOAI; eine Auftragserteilung sei bereits vor Unterzeichnung des Vertrages erfolgt, mithin die Honorarvereinbarung nicht „bei Auftragserteilung“.

Das OLG Düsseldorf spricht dem Architekten Honorar in Höhe des Mittelsatzes zu. Entgegen der vom Bauherrn geäußerten Ansicht sei nicht davon auszugehen, dass bereits vor Unterzeichnung des Vertrages, welcher eine schriftliche Honorarvereinbarung enthielt, der Auftrag an den Architekten erteilt worden sei. Zwar habe grundsätzlich der Architekt, wenn er einen Honorarsatz oberhalb des Mindestsatzes geltend mache, die Beweislast dafür, dass eine schriftliche Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“ erfolgt sei; dies bedeute jedoch nicht, dass er im Prozess jedwede Möglichkeit einer (mündlichen) Auftragserteilung bei früheren Kontakten der Vertragspartner auszuschließen hätte. Voraussetzung hierfür sei vielmehr ein nachvollziehbarer Vortrag des Auftraggebers dazu, dass und wann und bei welcher vorangegangenen Gelegenheit es zu einem Vertragsabschluss gekommen sei. Hieran fehle es vorliegend. Die beiden persönlichen Gespräche zwischen den Parteien vor Vertragsunterzeichnung seien typische Vorgespräche gewesen. Hiervon sei ersichtlich auch der Bauherr selber ausgegangen, weil es anderenfalls der Unterzeichnung des Vertragsformulars nicht mehr bedürft hätte. Der Vortrag des Bauherrn, immerhin habe der Architekt bereits nach dem ersten Zusammentreffen des „Vorbereitungs- und Vorplanungsleistungen“ erbracht, sei weder näher dargelegt noch belegt; allein die Erstellung „erste Aufmaße“ oder die Mitnahme „diverser Unterlagen“ indizierten noch keinen Vertragsabschluss.
Hinweis
Richtig ist es, wenn das Gericht – wie geschehen – an den Bauherrn erhebliche Anforderungen im Hinblick auf die Darlegung solcher Umstände stellt, die nach Ansicht des Bauherrn eine „Auftragserteilung“ schon vor schriftlicher Vertragsunterzeichnung nahelegen. Jedenfalls mit dem Argument des „Beweises des ersten Anscheines“ könnte man sogar durchaus argumentieren, die Beweislast für die Frage, ob die schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung erfolgte, obliege jedenfalls dann dem Bauherrn, wenn in einer frühen Phase ohne wesentliche Arbeiten des Architekten bereits ein schriftlicher Vertrag mit Honorarvereinbarung unterzeichnet wurde.

Unabhängig hiervon ist dem Architekten, der mit dem Bauherrn einen Honorarsatz oberhalb der Mindestsätze wirksam vereinbaren möchte, zu raten, wenn möglich keine Anhaltspunkte zu schaffen, die eine Auftragserteilung bereits vor Unterzeichnung des Vertrages indizieren könnten. Zu solchen Indizien gehört – wie auch hier das Gericht erwähnt – jedenfalls schon umfangreichere Arbeiten des Architekten. Ggf. kann auch der (nachweisbare) Hinweis des Architekten an den Bauherrn hilfreich sein, dass er eine schriftliche Niederlegung der Auftragserteilung fordere und bis zu dieser von einer Auftragserteilung nicht ausgehe. Weiter steht dem Architekten offen, erste Leistungen aquisitorisch zu erbringen und dieses auch gegenüber dem Bauherrn (nachweisbar) klarzustellen; in solchen Fällen könnte der Architekt aber Gefahr laufen, die aquisitorisch erbrachten Leistungen überhaupt nicht mehr gezahlt zu bekommen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck