https://www.baunetz.de/recht/Honorar_fuer_Bauzeitverlaengerung_trotz_fehlender_vertraglicher_Vereinbarung__7495421.html
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Honorar für Bauzeitverlängerung trotz fehlender vertraglicher Vereinbarung!
Gehen Auftraggeber und Planer bei Vertragsschluss davon aus, dass die Leistungen des Planers innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten abgeschlossen sein werden, kann der Planer eine Anpassung des vereinbarten Pauschalhonorars verlangen, wenn aufgrund unvorhergesehener Umstände sich der Zeitraum der Leistung auf 21 Monate verlängert.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.
Als Mehrleistung kommen auch Bauzeitverlängerungen in Betracht.
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.
Als Mehrleistung kommen auch Bauzeitverlängerungen in Betracht.
Beispiel
(nach OLG Dresden , - Urteil vom 06.09.2018 – 10 U 101/18, BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 201/18 NZB zurückgewiesen)
Auf der Grundlage eines entsprechenden Angebotes wird ein Ingenieur mit der besonderen Leistung „örtliche Bauüberwachung“ bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen gemäß Ziffern 2.8.8 und 2.9 der Anlage 2 zu § 3 Abs. 3 HOAI 2009 sowie mit einer ökologischen Baubegleitung im Hinblick auf das Projekt Sicherung und Rekultivierung der Deponie ZZZ im Ortsteil Y zu einem Pauschalpreis von € 30.000,00 netto beauftragt. Das Angebot erfolgte nach einer Aufforderung der zuständigen Gemeinde zur Angebotsabgabe; in dem entsprechenden Anschreiben war ein Fehlen einer besonderen Gefahrenlage sowie eine Dauer der Sanierungsmaßnahme von ca. 9 Monaten zugrundegelegt. Aufgrund eines im Anschluss an den Vertragsabschluss durchgeführten Ortstermins wird festgestellt, dass eine Kampfmittelüberwachung sowie weitere Maßnahmen erforderlich sind, die zu einer erheblichen Änderung der Bauausführung führen; entsprechend verlängert sich der Zeitraum der Sanierung von 9 auf 21 Monate. Die Gesamtbaukosten erhöhten sich von rund Euro 1,6 Million auf mindestens Euro 2,1 Million. Der Ingenieur fordert für 12 Monate zusätzliche Vergütung.
Nachdem das Landgericht Leipzig die Klage des Ingenieurs abgewiesen hatte, hebt das Oberlandesgericht Dresden das erstinstanzliche Urteil auf und erkennt den geltend gemachten Anspruch zu. Der Ingenieur habe auf der Grundlage von § 313 Abs. 1 BGB (Wegfall d. Geschäftsgrundlage) einen Anspruch auf Anpassung des mit der Gemeinde abgeschlossenen Ingenieurvertrages. Die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden seien, hätten sich nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert, sodass es dem Ingenieur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar sei, am unveränderten Vertrag festgehalten zu werden. Die beiden Annahmen bei Vertragsschluss, dass es keiner besonderen Gefahrenvorsorge bedürfe und die Sanierung innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten abgeschlossen werden könne, hätten sich als unzutreffend erwiesen. Die dadurch verursachte Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen der Ingenieurleistung einerseits und der geschuldeten vertraglichen Pauschalvergütung andererseits fallen nicht allein in den Risikobereich des Ingenieurs und führe entsprechend zu einer Anpassung der Honorarforderung.
(nach OLG Dresden , - Urteil vom 06.09.2018 – 10 U 101/18, BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 201/18 NZB zurückgewiesen)
Auf der Grundlage eines entsprechenden Angebotes wird ein Ingenieur mit der besonderen Leistung „örtliche Bauüberwachung“ bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen gemäß Ziffern 2.8.8 und 2.9 der Anlage 2 zu § 3 Abs. 3 HOAI 2009 sowie mit einer ökologischen Baubegleitung im Hinblick auf das Projekt Sicherung und Rekultivierung der Deponie ZZZ im Ortsteil Y zu einem Pauschalpreis von € 30.000,00 netto beauftragt. Das Angebot erfolgte nach einer Aufforderung der zuständigen Gemeinde zur Angebotsabgabe; in dem entsprechenden Anschreiben war ein Fehlen einer besonderen Gefahrenlage sowie eine Dauer der Sanierungsmaßnahme von ca. 9 Monaten zugrundegelegt. Aufgrund eines im Anschluss an den Vertragsabschluss durchgeführten Ortstermins wird festgestellt, dass eine Kampfmittelüberwachung sowie weitere Maßnahmen erforderlich sind, die zu einer erheblichen Änderung der Bauausführung führen; entsprechend verlängert sich der Zeitraum der Sanierung von 9 auf 21 Monate. Die Gesamtbaukosten erhöhten sich von rund Euro 1,6 Million auf mindestens Euro 2,1 Million. Der Ingenieur fordert für 12 Monate zusätzliche Vergütung.
Nachdem das Landgericht Leipzig die Klage des Ingenieurs abgewiesen hatte, hebt das Oberlandesgericht Dresden das erstinstanzliche Urteil auf und erkennt den geltend gemachten Anspruch zu. Der Ingenieur habe auf der Grundlage von § 313 Abs. 1 BGB (Wegfall d. Geschäftsgrundlage) einen Anspruch auf Anpassung des mit der Gemeinde abgeschlossenen Ingenieurvertrages. Die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden seien, hätten sich nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert, sodass es dem Ingenieur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar sei, am unveränderten Vertrag festgehalten zu werden. Die beiden Annahmen bei Vertragsschluss, dass es keiner besonderen Gefahrenvorsorge bedürfe und die Sanierung innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten abgeschlossen werden könne, hätten sich als unzutreffend erwiesen. Die dadurch verursachte Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen der Ingenieurleistung einerseits und der geschuldeten vertraglichen Pauschalvergütung andererseits fallen nicht allein in den Risikobereich des Ingenieurs und führe entsprechend zu einer Anpassung der Honorarforderung.
Hinweis
Das Urteil ist insgesamt erstaunlich.
Es ist – soweit ersichtlich – das erste Urteil, welches einem Planer ein Mehrhonorar aufgrund einer Bauzeitverlängerung ausschließlich auf der Grundlage des § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage), d. h. ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung zuspricht. Dass ein Anspruch auf Mehrhonorar für Bauzeitverlängerung grundsätzlich auf das Institut Wegfall der Geschäaftsgrundlage gestützt werden könnte, hatte der BGH (Urt. v. 30.09.2004 - VII 456/01) klargestellt.
In dem Vertrag selber war offenbar keine Bauzeit vereinbart, vielmehr ging das Gericht von der Bauzeit als Geschäftsgrundlage für den vorliegenden Vertrag aus, weil die Bauzeit in dem Aufforderungsschreiben der Gemeinde enthalten gewesen war (vgl. ähnlich OLG Naumburg, Urteil vom 23.04.2015, anders OLG Dresden, Urt. v. 04.08.2005).
Das Erstaunlichste an dem Urteil ist aber am Ende Art und Weise, wie das Gericht die Mehrvergütung ermittelte: Es teilt hierfür im Prinzip die auf die wesentlichen Positionen des Angebots entfallenden anteiligen Beträge des vereinbarten Pauschalhonorars (in Höhe von Euro 30.000,00) auf die zugrundegelegten 9 Monate Bauzeit auf und rechnete dann das jeweilige monatliche Honorar auf die zusätzlichen 12 Monate hoch (Dreisatz). Das Vorbringen der beklagten Gemeinde, eine Anpassung der Vergütung müsse – wenn – über die Erhöhung der anrechenbaren Kosten erfolgen, wies das Gericht zurück mit dem Argument, dass die Gemeinde nicht habe nachweisen können, dass das vereinbarte Pauschalhonorar in Höhe von Euro 30.000,00 auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten ermittelt worden sei. Das weitere Argument der Gemeinde, der Ingenieur müsse seinen konkreten Mehraufwand nachweisen, wies das Gericht ebenso zurück: Eine solche Verpflichtung widerspreche bereits der Umstand, dass das Honorar des Ingenieurs grundsätzlich aufwandsneutral gewährt werde.
Es wird abzuwarten bleiben, ob das Urteil Schule macht.
Das Urteil ist insgesamt erstaunlich.
Es ist – soweit ersichtlich – das erste Urteil, welches einem Planer ein Mehrhonorar aufgrund einer Bauzeitverlängerung ausschließlich auf der Grundlage des § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage), d. h. ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung zuspricht. Dass ein Anspruch auf Mehrhonorar für Bauzeitverlängerung grundsätzlich auf das Institut Wegfall der Geschäaftsgrundlage gestützt werden könnte, hatte der BGH (Urt. v. 30.09.2004 - VII 456/01) klargestellt.
In dem Vertrag selber war offenbar keine Bauzeit vereinbart, vielmehr ging das Gericht von der Bauzeit als Geschäftsgrundlage für den vorliegenden Vertrag aus, weil die Bauzeit in dem Aufforderungsschreiben der Gemeinde enthalten gewesen war (vgl. ähnlich OLG Naumburg, Urteil vom 23.04.2015, anders OLG Dresden, Urt. v. 04.08.2005).
Das Erstaunlichste an dem Urteil ist aber am Ende Art und Weise, wie das Gericht die Mehrvergütung ermittelte: Es teilt hierfür im Prinzip die auf die wesentlichen Positionen des Angebots entfallenden anteiligen Beträge des vereinbarten Pauschalhonorars (in Höhe von Euro 30.000,00) auf die zugrundegelegten 9 Monate Bauzeit auf und rechnete dann das jeweilige monatliche Honorar auf die zusätzlichen 12 Monate hoch (Dreisatz). Das Vorbringen der beklagten Gemeinde, eine Anpassung der Vergütung müsse – wenn – über die Erhöhung der anrechenbaren Kosten erfolgen, wies das Gericht zurück mit dem Argument, dass die Gemeinde nicht habe nachweisen können, dass das vereinbarte Pauschalhonorar in Höhe von Euro 30.000,00 auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten ermittelt worden sei. Das weitere Argument der Gemeinde, der Ingenieur müsse seinen konkreten Mehraufwand nachweisen, wies das Gericht ebenso zurück: Eine solche Verpflichtung widerspreche bereits der Umstand, dass das Honorar des Ingenieurs grundsätzlich aufwandsneutral gewährt werde.
Es wird abzuwarten bleiben, ob das Urteil Schule macht.
Verweise
Honoraranspruch / Mehrleistungen / Bauzeitverlängerung
Honoraranspruch / Mehrleistungen / Bauzeitverlängerung
Honoraranspruch / Mehrleistungen / Bauzeitverlängerung
Honoraranspruch / Mehrleistungen / Bauzeitverlängerung
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck