https://www.baunetz.de/recht/Hat_Urheber_Recht_auf_unveraenderte_Errichtung_seines_Entwurfes__44670.html
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Hat Urheber Recht auf unveränderte Errichtung seines Entwurfes?
Nach Ansicht des LG Berlin verliert der Bauherr jedenfalls dann das Recht zur einseitigen Änderung des Entwurfes, wenn der er den Entwurf zuvor genehmigte; eine Genehmigung kann auch darin liegen, dass der Bauherr mit der Umsetzung der Entwürfe beginnt. (Lehrter Bahnhof)
Hintergrund
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.
Aus dem Urheberrecht leiten sich u.a. Persönlichkeitsrechte sowie das Änderungsverbot ab.
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.
Aus dem Urheberrecht leiten sich u.a. Persönlichkeitsrechte sowie das Änderungsverbot ab.
Beispiel
(nach LG Berlin , Urt. v. 28.11.2006 - 16 O 240/05 – (nicht rechtskräftig))
Ein Architekt wird mit den Planungsleistungen für einen Bahnhof beauftragt. Auf der Grundlage des Entwurfes des Architekten wird mit der Errichtung des Bauwerks begonnen. Noch während der Bauwerkserrichtung nimmt der Bauherr Veränderungen zur Kosteneinsparung vor. Diese Veränderungen betreffen (unter anderem) die große unterirdische Bahnhofshalle. Die dort vom Architekten geplante Gestaltung der Stützen und Decken, welche im weitesten Sinne den Eindruck eines Gewölbes vermittelte, wurde durch den Bauherrn durch eine relativ schlichte und preiswerte abgehängte Flachdecke abgelöst. Nunmehr klagt der Architekt auf die Entfernung der Flachdecken. Der Bauherr wendet unter anderem die erheblichen Mehrkosten ein.
Das LG Berlin gibt der Klage des Architekten statt. Das Werk des Architekten – die Gestaltung des Bahnhofes – genieße als Werk der Baukunst den Schutz des Urheberrechtsgesetzes, da es Ausdruck einer individuellen schöpferischen Leistung, die das Durchschnittsschaffen eines Architekten bei Weitem überrage, sei. An diesem Schutz nehme auch die unterirdische Bahnhofshalle in der ihr verliehenen Gestalt mit der Ausgestaltung der abgehängten Decken als Gewölbedecke teil.
Der Urheber habe auch ein Recht darauf, dass das von ihm geschaffene Werk, in dem seine individuelle künstlerische Schöpferkraft ihren Ausdruck gefunden habe, der Mit- und Nachwelt in seiner unveränderten individuellen Gestaltung zugänglich gemacht werde. Zwar beinhalte nicht jede Abweichung vom Entwurf eine urheberrechtlich relevante Beeinträchtigung. Voraussetzung hierfür sei, dass der Bauherr, der das finanzielle Risiko des Bauprojektes trage, den Entwurf zuvor genehmigte. Denn ihm allein obliege die Entscheidung darüber, wie das vertragsmäßig geschuldete Werk aussehen soll. Kommt es zu keiner Einigung und genehmige der Bauherr den Entwurf nicht, so habe der Architekt keinen Anspruch darauf, dass das Bauwerk nach seinen Vorstellungen errichtet werde. Neben der ausdrücklichen Zustimmung könne der Bauherr die ihm vorgelegten Entwürfe auch konkludent dadurch genehmigen, dass er mit deren Umsetzung beginne. Im Ergebnis müsse daher das Interesse des Architekten an der Umsetzung der urheberrechtlich geschützten Planung das wirtschaftliche Interesse des Bauherrn an einer möglichst kostengünstigen Herstellung überwiegen.
(nach LG Berlin , Urt. v. 28.11.2006 - 16 O 240/05 – (nicht rechtskräftig))
Ein Architekt wird mit den Planungsleistungen für einen Bahnhof beauftragt. Auf der Grundlage des Entwurfes des Architekten wird mit der Errichtung des Bauwerks begonnen. Noch während der Bauwerkserrichtung nimmt der Bauherr Veränderungen zur Kosteneinsparung vor. Diese Veränderungen betreffen (unter anderem) die große unterirdische Bahnhofshalle. Die dort vom Architekten geplante Gestaltung der Stützen und Decken, welche im weitesten Sinne den Eindruck eines Gewölbes vermittelte, wurde durch den Bauherrn durch eine relativ schlichte und preiswerte abgehängte Flachdecke abgelöst. Nunmehr klagt der Architekt auf die Entfernung der Flachdecken. Der Bauherr wendet unter anderem die erheblichen Mehrkosten ein.
Das LG Berlin gibt der Klage des Architekten statt. Das Werk des Architekten – die Gestaltung des Bahnhofes – genieße als Werk der Baukunst den Schutz des Urheberrechtsgesetzes, da es Ausdruck einer individuellen schöpferischen Leistung, die das Durchschnittsschaffen eines Architekten bei Weitem überrage, sei. An diesem Schutz nehme auch die unterirdische Bahnhofshalle in der ihr verliehenen Gestalt mit der Ausgestaltung der abgehängten Decken als Gewölbedecke teil.
Der Urheber habe auch ein Recht darauf, dass das von ihm geschaffene Werk, in dem seine individuelle künstlerische Schöpferkraft ihren Ausdruck gefunden habe, der Mit- und Nachwelt in seiner unveränderten individuellen Gestaltung zugänglich gemacht werde. Zwar beinhalte nicht jede Abweichung vom Entwurf eine urheberrechtlich relevante Beeinträchtigung. Voraussetzung hierfür sei, dass der Bauherr, der das finanzielle Risiko des Bauprojektes trage, den Entwurf zuvor genehmigte. Denn ihm allein obliege die Entscheidung darüber, wie das vertragsmäßig geschuldete Werk aussehen soll. Kommt es zu keiner Einigung und genehmige der Bauherr den Entwurf nicht, so habe der Architekt keinen Anspruch darauf, dass das Bauwerk nach seinen Vorstellungen errichtet werde. Neben der ausdrücklichen Zustimmung könne der Bauherr die ihm vorgelegten Entwürfe auch konkludent dadurch genehmigen, dass er mit deren Umsetzung beginne. Im Ergebnis müsse daher das Interesse des Architekten an der Umsetzung der urheberrechtlich geschützten Planung das wirtschaftliche Interesse des Bauherrn an einer möglichst kostengünstigen Herstellung überwiegen.
Hinweis
Das Urteil hat einiges Aufsehen erregt. Es ist nicht rechtskräftig, der Bauherr hat Rechtsmittel eingelegt. Die wirtschaftlichen Folgen des Urteils für den Bauherrn sind tatsächlich erheblich, er muss seine eigenen abgehängten Decken zurückbauen. Allerdings steht noch nicht fest, ob der Bauherr auch die Gewölbe-Lösung des Architekten durchführen muss.
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass das Bauwerk zur Zeit der Änderung des Entwurfes durch den Bauherrn noch gar nicht fertiggestellt war. Bei einem bereits fertiggestellten Bauwerk leuchtet jedem unmittelbar ein, dass dieses nun in seiner vollendeten Form Urheberrechtsschutz genießt und entsprechend nicht mehr willkürlich durch den Bauherrn verändert werden darf. Währenddessen neigt man dazu, dem Bauherrn vor Fertigstellung die Entscheidungsfreiheit über das Ob und das Wie des Bauwerkes zuzugestehen.
Tatsächlich hat der Bauherr während der Planungsphase aus dem Vertrag sicherlich das Recht, dem Architekten Vorgaben für die Planung zu machen und diese Vorgaben auch zu ändern (mit entsprechenden Konsequenzen für das Honorar). Als maßgeblichen Zeitpunkt, in welchem der Bauherr das uneingeschränkt Änderungsrecht verliert, bestimmt das LG Berlin den Moment der Entscheidung für einen Entwurf. Nach Ansicht des Verfassers ist dies alleine allerdings noch nicht ausreichend. Auch ein ausgewählter Entwurf kann noch geändert werden.
Die Einschränkung der Änderungsbefungnis des Bauherrn kann erst mit Bauwerksentstehung beginnen. Nach wie vor kann der Bauherr das Bauvorhaben aufgeben und den begonnenen Baukörper wieder abreißen (vgl. Abriss: Verletzung Urheberrecht und Ehre des Architekten?); nach wie vor kann er den Baukörper so umgestalten, dass nichts mehr von dem Entwurf des Architekten übrig ist. Nicht aber kann er das nach dem Entwurf des Architekten entstehende Bauwerk so ändern, dass der Entwurf zwar grds. erhalten und erkennbar bleibt, aber im Sinne des Urheberrechts verletzt wird (vgl. Teilabriss: Verletzung Urheberrecht des Architekten?).
Der Fall wirft darüber hinaus eine Reihe von - bisher nicht eindeutig entschiedenen - Fragen auf:
- Welche Rechte könnten möglicherweise für den Bauherrn entstehen, wenn die Ausführung der urheberrechtskonformen Lösung gleichzeitig zu einer haftungsbegründenden Kostenüberschreitung führt? (die hatte der Bauherr hier auch geltend gemacht; das Gericht konnte eine Kostenüberschreitung allerdings nicht feststellen)
- Aus welchem Recht könnte der Architekt vom Bauherrn nicht nur die Beseitigung der urheberrechtsverletzenden Bauteile verlangen, sondern auch die Ausführung der urheberrechtskonformen? (Das UrhG gibt solche Ansprüche nicht ohne weiteres her, mithin müsste ein vertraglicher Anspruch "konstruiert" werden)
- Wenn sich der Bauherr zur Ausführung der urheberrechtskonformen Lösung nicht bereit erklärt (im obigen Fall wäre dann die Rohbaudecke zu sehen), welche weiteren Rechte hat der Architekt, kann er insb. dann Abriss des Gesamtwerkes verlangen? (wie steht es insoweit mit der Verhältnismäßigkeit)
Das Urteil hat einiges Aufsehen erregt. Es ist nicht rechtskräftig, der Bauherr hat Rechtsmittel eingelegt. Die wirtschaftlichen Folgen des Urteils für den Bauherrn sind tatsächlich erheblich, er muss seine eigenen abgehängten Decken zurückbauen. Allerdings steht noch nicht fest, ob der Bauherr auch die Gewölbe-Lösung des Architekten durchführen muss.
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass das Bauwerk zur Zeit der Änderung des Entwurfes durch den Bauherrn noch gar nicht fertiggestellt war. Bei einem bereits fertiggestellten Bauwerk leuchtet jedem unmittelbar ein, dass dieses nun in seiner vollendeten Form Urheberrechtsschutz genießt und entsprechend nicht mehr willkürlich durch den Bauherrn verändert werden darf. Währenddessen neigt man dazu, dem Bauherrn vor Fertigstellung die Entscheidungsfreiheit über das Ob und das Wie des Bauwerkes zuzugestehen.
Tatsächlich hat der Bauherr während der Planungsphase aus dem Vertrag sicherlich das Recht, dem Architekten Vorgaben für die Planung zu machen und diese Vorgaben auch zu ändern (mit entsprechenden Konsequenzen für das Honorar). Als maßgeblichen Zeitpunkt, in welchem der Bauherr das uneingeschränkt Änderungsrecht verliert, bestimmt das LG Berlin den Moment der Entscheidung für einen Entwurf. Nach Ansicht des Verfassers ist dies alleine allerdings noch nicht ausreichend. Auch ein ausgewählter Entwurf kann noch geändert werden.
Die Einschränkung der Änderungsbefungnis des Bauherrn kann erst mit Bauwerksentstehung beginnen. Nach wie vor kann der Bauherr das Bauvorhaben aufgeben und den begonnenen Baukörper wieder abreißen (vgl. Abriss: Verletzung Urheberrecht und Ehre des Architekten?); nach wie vor kann er den Baukörper so umgestalten, dass nichts mehr von dem Entwurf des Architekten übrig ist. Nicht aber kann er das nach dem Entwurf des Architekten entstehende Bauwerk so ändern, dass der Entwurf zwar grds. erhalten und erkennbar bleibt, aber im Sinne des Urheberrechts verletzt wird (vgl. Teilabriss: Verletzung Urheberrecht des Architekten?).
Der Fall wirft darüber hinaus eine Reihe von - bisher nicht eindeutig entschiedenen - Fragen auf:
- Welche Rechte könnten möglicherweise für den Bauherrn entstehen, wenn die Ausführung der urheberrechtskonformen Lösung gleichzeitig zu einer haftungsbegründenden Kostenüberschreitung führt? (die hatte der Bauherr hier auch geltend gemacht; das Gericht konnte eine Kostenüberschreitung allerdings nicht feststellen)
- Aus welchem Recht könnte der Architekt vom Bauherrn nicht nur die Beseitigung der urheberrechtsverletzenden Bauteile verlangen, sondern auch die Ausführung der urheberrechtskonformen? (Das UrhG gibt solche Ansprüche nicht ohne weiteres her, mithin müsste ein vertraglicher Anspruch "konstruiert" werden)
- Wenn sich der Bauherr zur Ausführung der urheberrechtskonformen Lösung nicht bereit erklärt (im obigen Fall wäre dann die Rohbaudecke zu sehen), welche weiteren Rechte hat der Architekt, kann er insb. dann Abriss des Gesamtwerkes verlangen? (wie steht es insoweit mit der Verhältnismäßigkeit)
Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck