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Haftungsausschluss zwischen Bauherr und Architekt: Wann kann er unwirksam sein?

Ein Haftungsausschluss ist unwirksam, wenn er mit der Stellung des Architekten als Sachwalter des Bauherrn und mit dem damit einhergehenden besonderen Vertrauensverhältnis bezüglich des berufstypischen Pflichtenkreises des Architekten unvereinbar ist.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach OLG München , Urt. v. 09.08.2016 - 9 U 2574/15 Bau; BGH, Beschluss vom 19.12.2018 – VII ZR 220 / 16 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird für den Neubau eines Einfamilienhauses mit den Leistungsphasen 3-9 beauftragt. Im Hinblick auf die Planung von Balkonanlagen an Nord- und Südseite des Gebäudes möchte der Bauherr von der Planung des Architekten abweichen. Der Architekt schreibt den Bauherrn an:

"In unser Baustellenbesprechung habe ich Sie auf die Probleme der von Ihnen gewünschten Ausführung ausdrücklich hingewiesen und gewarnt. Wir haben die damit verbundene Problematik gemeinsam mit Herrn R. detailliert besprochen.
Wie bereits mehrfach im Zuge der Änderungen mit Herrn R., Ihnen und mir auf der Baustelle besprochen, melde ich hiermit Bedenken an, gegenüber der von Ihnen gewünschten Ausführung der Balkonentwässerung mit den angefertigten Kupferkästen.
Die Herstellung der Entwässerung ist von mir mehrfach umgeplant und geändert worden. Keiner meiner Planungen kommt nun hier zur Ausführung. Es liegt Ihnen das Angebot der Firma R. vom 24.03.2009 mit der Ausführung mit dem System der Firma G. vor. Dieses ist ein Produkt, welches eine zuverlässige DIN-gerechte Ausführung darstellt. Die Haftung für die Ausführung mit handgefertigen Kupferkästen kann ich nicht übernehmen. Ich bitte Sie um Bestätigung, dass Sie trotz der Aufklärung durch mich auf der Baustelle an Ihrem Wunsch festhalten und die Arbeiten entgegen der anerkannten Regeln der Technik ausführen lassen möchten."


Der Bauherr unterzeichnet das Schreiben. Eine Überwachung der Ausführung der Balkonentwässerung durch den beauftragten Architekten vermeidet der Bauherr offenbar, indem er ihm die Ausführungstermine nicht mitteilt. Das Einfamilienhaus wird fertiggestellt. Etwa 2 Jahre später treten Feuchtigkeitsprobleme an den Balkonanlagen auf. Für die voraussichtlichen Sanierungskosten in Höhe von rund € 40.000,00 nimmt der Bauherr den Architekten in Haftung.

Das Landgericht München gibt der Klage statt. Das Oberlandesgericht München sieht allerdings eine Haftungsfreistellung als wirksam vereinbart an und weist die Klage des Bauherrn ab. Mit der Ausführung der Balkonanlage sei nicht eine Planung des Architekten umgesetzt worden; vielmehr hätten sich die Parteien mit dem oben zitierten Schreiben auf eine Haftungsfreistellung für dieses Gewerk verständigt. Haftungsausschlüsse und -beschränkungen könnten individualvertraglich vereinbart werden, sofern sie nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstießen. Den Parteien eines Architektenvertrages sei es deshalb unbenommen, den Architekten von seiner Haftung bezüglich eines bestimmten Sachverhaltes freizustellen. Auch Individualvereinbarungen dürften allerdings keine haftungsbeschränkenden Regelungen enthalten, die aufgrund einseitiger Interessenwahrnehmung das Gerechtigkeitsgebot verletzten. Ein Haftungsausschluss sei unwirksam, wenn er mit der Stellung des Architekten als  Sachwalter des Bauherrn und dem damit einhergehenden besonderen Vertrauensverhältnis bezüglich des berufstypischen Pflichtenkreises des Architekten unvereinbar sei.

Im konkreten Fall sei die Haftung Freistellung allerdings wirksam. Die Haftungsfreistellung sei auf einen engen umgrenzten, klar überschaubaren Bereich begrenzt, im Übrigen habe der Architekt seine Tätigkeit fortgeführt und Interessen des Klägers beachtet.


Hinweis
Die Entscheidung stellt richtigerweise klar, dass Haftungsfreizeichnungen sich natürlich immer nur auf einen konkreten bestimmten Sachverhalt beziehen können; sobald eine Haftungsfreizeichnung formularmäßig unbestimmte Sachverhalte erfasst, dürfte sie unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze unwirksam sein.

Unabhängig hiervon hat die Rechtsprechung schon immer dann eine Haftungsfreizeichnung als unwirksam, gegebenenfalls als sittenwidrig gem. § 138 BGB verstoßend angesehen, wenn die Risiken, von denen freigezeichnet werden sollte, "besonders groß" waren (insbesondere wenn sie zu Gefährdung von Leib und Leben führten).


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck