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Der Architekt hat nicht nur seine gegenüber dem Bauherrn bestehenden vertraglichen Pflichten zu erfüllen; er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass während der Errichtung des Bauwerks Dritte nicht geschädigt werden. Diese Pflicht trifft den Architekten während sämtlicher Leistungsphasen.
Die Planung des Architekten muss gewährleisten, dass niemand, weder der Bauherr noch andere Personen, an Eigentum oder Gesundheit zu Schaden kommen. Eine Haftung des Architekten im Rahmen der Vergabe ist beispielsweise denkbar, wenn der Architekt wider besseres Wissen einen nicht geeigneten Unternehmer beauftragt, der in Folge seiner mangelnden Eignung später dritten Personen Schäden zufügt.
Vor allem aber während der Leistungsphase der Objektüberwachung treffen Architekten Pflichten, Dritte nicht zu schädigen, insb. sogenannte Verkehrssicherungspflichten: Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder in der Lage ist, die Gefahrenquelle zu kontrollieren, ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass niemand durch die Gefahrenquelle geschädigt wird. Eine Baustelle stellt eine Gefahrenquelle dar. Nach ständiger Rechtsprechung ist zwar in erster Linie der Bauunternehmer verkehrssicherungspflichtig, da er die Gefahrenquelle "Baustelle" geschaffen hat. Selbst verkehrssicherungspflichtig wird der Architekt unter anderem aber, wenn er selber eine Gefahrenquelle schafft, erkannt hat oder bei angemessener Sorgfalt hätte erkennen können. Kennt er eine Gefahrenquelle, so muss er für ausreichende Sicherung sorgen (vgl. ausführlich zu den einzelnen Verkehrssicherungspflichten den Beitrag des Verfassers in DAB 11/97).
Auf Baustellen kommt es erfahrungsgemäß zu überdurchschnittlich vielen Unfällen mit überdurchschnittlichen Schweregraden. Betroffen sind insbesondere Arbeitnehmer der ausführenden Bauunternehmen. Die Verantwortung für die Sicherheit ihrer Arbeitnehmer obliegt in aller erster Linie den Arbeitgebern, d. h. also den bauausführenden Unternehmen selbst. Nach bisheriger Rechtslage war die Rechtssprechnung relativ zurückhaltend mit der Verantwortlichkeit eines Architekten für Arbeitsunfälle von Baustellenbeschäftigten. Zwar gilt der Grundsatz, dass im Rahmen einer deliktischen Haftung ggf. auch den Architekten eine Haftung direkt gegenüber dem verunfallten Baustellenbeschäftigten treffen konnte, jedenfalls im Innenverhältnis mit dem Arbeitgeber des Baustellenbeschäftigten sollte aber die Haftung des Architekten hinter derjenigen des Arbeitgebers zurücktreten (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.1971, NJW 1971, 752; BGH, Urteil vom 20.09.1993, BauR 1984, 77; anderes könnte man nach alter Rechtslage allerhöchstens dann annehmen, soweit der Architekt gleichzeitig als "verantwortlicher Bauleiter" gem. LBauO bestellt war).
Nach der seit Mitte 1998 in Kraft getretenen Baustellenverordnung, die dem Schutz der Baustellenbeschäftigten zum Ziele hat, hat der Bauherr je nach Größe und Art des Bauvorhabens eine Vorankündigung gegenüber Behörden abzugeben, einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator zu bestellen sowie eine Sicherheits- und Gesundheitsplan und eine sogenannte Unterlage nachstellen zu lassen. Auf diese Pflicht, die den Bauherrn trifft, hat der Architekt den Bauherrn hinzuweisen; unterlässt er einen Hinweis, so kann ihn hieraus eine Haftung treffen. Übernimmt der Architekt selber die Aufgaben eines Sicherheits- und Gesundheitskoordinators, so obliegen ihm manigfaltige Pflichten nach den Bestimmungen der Baustellenverordnung (s. Sonderthema / SiGeKo).