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Entwurfsplanung erbracht: Kann das noch Akquise sein?

Die Grenze unentgeltlicher, werbender Tätigkeit ist jedenfalls dort erreicht, wo der Architekt absprachegemäß in die konkrete Planung übergeht; ab diesem Punkt wird der Architekt üblicherweise nur entgeltlich tätig.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Fraglich ist zunächst, ob ein Vertrag tatsächlich zwischen Architekt und Bauherr zustande gekommen ist.

Von dem Zustandekommen eines Vertrages ist nicht auszugehen, wenn der Architekt seine Leistungen lediglich akquisitorisch erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Karlsruhe , - Urteil vom 05.12.2023 Az. 19 U 103/22 BGH, Beschluss vom 10.07.2024 – VII ZR 9/24 (Gegenvorstellung zurückgewiesen))
Ein Investor betreibt u. a. ein größeres Wohnbauprojekt. Bei einem Gespräch mit der zuständigen Stadt begleitet ihn ein Architekt. In der Folge fertigt der Architekt eine Vorentwurfsplanung. Anlässlich eines Termins mit "Vertriebsleuten" unterrichtet der Investor den Architekten über den konkreten Bedarf für das Projekt, u. a. die Zahl und Größe der Wohnungen verbunden mit einer damit einhergehenden Verkleinerung des benachbarten, auch projektierten Hotels. Das Schreiben endet mit der Bitte an den Architekten, den genannten Wohnungsmix zu überprüfen und sich kurzfristig zurück zu melden, falls dieser nicht möglich sei.

In der Folge kommt es zu einem weiteren Gespräch, in dem u. a. vereinbart wird, dass zu jeder Variante zwei Grundrissdarstellungen erarbeitet werden sollen, darüber hinaus wird ein Zeitraum für die Überarbeitung der Planung von 4-6 Wochen angesetzt. Im Weiteren wird der Investor durch die Stadt aufgefordert, zur Vorbereitung der Beratungen in den städtischen Gremien einige Ansichten und Skizzen vorzulegen und die Planung im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vorzustellen, da an diesem Tag Beschlussfassungen auch betreffend das Projekt stattfinden würden. Schließlich bestätigte der Gemeinderat das Gesamtprojekt. Einige Wochen später legte dann der Architekt dem Investor nach vorangegangenen Änderungen endgültige Fassungen der erarbeiteten Entwurfsplanung vor. Über die Vergütung der Entwurfsplanung streiten die Parteien, der Investor meint, es handele sich um Akquise.

Das OLG Karlsruhe folgt der Argumentation des Investors nicht und spricht den Honoraranspruch des Architekten dem Grunde nach zu. Bei Architektenleistungen sei zwar die Schwelle zwischen Akquise und Beauftragung nicht oder nur schwer objektiv festzumachen. Letztlich entscheidend in diesem Zusammenhang sei, wie aus der Warte des Leistungsempfängers das Handeln des Architekten oder bei Verwertung der Architektenleistung dies aus Sicht des Architekt nach Treu und Glauben zu verstehen sei, ob also auf einen Rechtsbindungswillen geschlossen werden könne. In diesem Kontext seien insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, als Indizien anzuführen, die auf einen Rechtsbindungswillen schließen lassen. Die Grenze unentgeltlicher, werbender Tätigkeit sei jedenfalls aber dort für jedermann erkennbar erreicht, wo der Architekt absprachegemäß in die konkrete Planung übergehe; ab diesem Punkt werde der Architekt üblicherweise nur entgeltlich tätig.


Hinweis
Wie das OLG Karlsruhe richtigerweise herausstellt, ist die Abgrenzung zwischen einer unentgeltlichen Akquisetätigkeit und einem verbindlichen, honorarpflichtigen Auftrag keine Mathematik. D. h. auch, dass das Vorliegen einer Entwurfsplanung keinen zwingenden Schluss auf einen entgeltlichen Vertrag bewirken kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.01.2023; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.04.2018). Andererseits stellt das Vorliegen einer in Kenntnis und in Abstimmung mit einem Bauherrn erbrachten Entwurfsplanung ein gewichtiges Indiz für einen verbindlichen Vertragsschluss dar. Auch hierüber besteht weitgehend Einigkeit (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2005; OLG Hamm, Urteil vom 26.09.1989).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck