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Einbehalt von Bauabzugssteuer: Keine Hinweispflicht für den Architekten

Der Architekt ist im Rahmen der Rechnungsprüfung nicht verpflichtet, den Auftraggeber auf einen Einbehalt von Bauabzugssteuern hinzuweisen; das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber steuerlich beraten ist oder über eigene Sachkunde verfügt.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Im Rahmen der Objektüberwachung hat der Architekt eine Rechnungsprüfung der eingereichten Unternehmerrechnungen vorzunehmen.
Beispiel
(nach Landgericht Bielefeld , Urt. v. 16.02.2024 - 7 O 167/20)
Eine Immobilien- und Projektentwicklungsgesellschaft beauftragt einen Architekten mit Planungs- und Objektüberwachungsleistungen für den Neubau eines Ärztehauses. Im Rahmen der Errichtung wird eine Baufirma mit umfangreicheren Bauleistungen beauftragt. Unstreitig verfügt die Baufirma über eine Freistellungsbescheinigung für die Bauabzugssteuer bis zum 31.07.2015. Diese Freistellungsbescheinigung lag dem Bauherrn vor, dem im Übrigen die Problematik der Bauabzugssteuer auch bekannt war. In den Folgejahren 2016 und 2017 verfügte die Baufirma, obgleich sie weitere erhebliche Bauleistungen erbrachte, über keine Freistellungsbescheinigung mehr. Später wird die Immobilien- und Projektentwicklungsgesellschaft seitens des Finanzamtes auf Nachzahlung der Bauabzugssteuer seit dem 31.07.2015 in Höhe von rund Euro 91.000,- in Anspruch genommen. Diesen Betrag verlangt die Gesellschaft von dem beauftragten Architekten erstattet mit dem Argument, der Architekt habe im Rahmen der Rechnungsprüfung auf die fehlende Freistellungsbescheinigung ab dem 01.08.2015 hinweisen müssen, zumal ihm die Freistellungsbescheinigung zum 31.07.2015 vorgelegen und er diese an den Bauherrn übermittelt habe. Der Architekt bestreitet, dass ihm die Freistellungsbescheinigung vorgelegen habe.

Das Landgericht Bielefeld weist die Klage gegen den Architekten ab. Der Architekt sei entgegen der Auffassung der Immobilien- und Projektentwicklungsgesellschaft aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Planungsvertrag bzw. dem sich hieraus ergebenden Pflichtenprogramm nicht gehalten, die Klägerin auf den Einbehalt von Bauabzugssteuern betreffend die Baufirma hinzuweisen. Insoweit schließt sich das Gericht der weit überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung an, wonach ein solcher Hinweis deshalb nicht erforderlich sei, weil die Pflicht nur Unternehmer als Auftraggeber treffe und diese die für ihre Tätigkeit geltenden gültigen Steuerregelungen selber kennen müssten (zum Meinungsstand: LG Hannover, Urteil vom 05.07.2017 – 14 O 236/16). Daran würde sich hier selbst dann nichts ändern, wenn der Architekt dem Bauherrn die Freistellungsbescheinigung bis zum 31.7.2015 selbst übermittelt hätte.

Hinweis
Zur Einführung des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung zum 30.08.2001 war die Frage, ob Architekten hier möglicherweise eine Hinweispflicht treffen könnte, noch nicht klar zu beantworten (vgl. Sonderthema). Bis heute ist die Frage nicht völlig eindeutig und einheitlich beantwortet, da es abweichende Ansichten gibt. Jedenfalls, wenn die Problematik der Bauabzugssteuer dem Auftraggeber nicht nachweisbar bekannt ist, könnte es für Architekten empfehlenswert sein, den Bauherrn entsprechend und nachweisbar aufzuklären.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck