https://www.baunetz.de/recht/Ein_oder_mehrere_Tragwerke__5093082.html
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Ein oder mehrere Tragwerke?
Mehrere Tragwerke, die nach HOAI getrennt abzurechnen sind, können angenommen werden bei einem Gebäude und einem Ingenieurbauwerk mit jeweils konstruktiv verschiedenen Tragwerken, auch wenn Gebäude und Ingenieurbauwerk übereinander angeordnet sind.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.
Für jedes/jede Gebäude (ggf. Anlage) hat der Architekt sein Honorar gesondert zu ermitteln.
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.
Für jedes/jede Gebäude (ggf. Anlage) hat der Architekt sein Honorar gesondert zu ermitteln.
Beispiel
(nach OLG München , Urt. v. 24.06.2016 - 9 U 3471/09; BGH, Beschluss vom 01.03.2017 – VII ZR 168/16 – NZB zurückgenommen)
Ein Tragwerksplaner erhält den Auftrag für entsprechende Leistungen zur Allianz-Arena in München. Die Arena soll einen so genannten Umgang erhalten, welcher insbesondere die Funktion hat, den Zugang/Ausgang zum Stadion und die Zuwegung zur umliegenden Infrastruktur zu gewährleisten. Dieser Umgang liegt mit dem stadionseitigen Ende der Unterzüge auf dem Tribünenbauwerk auf, aber mittels Lagern ohne feste Verbindung. Der Umgang ist durchgehend durch eine Fuge abgetrennt.
Der Tragwerksplaner beauftragt einen Subplaner mit den Leistungsphasen 4 und 5 für die Statik des Umgangs. Die Parteien vereinbaren ein Pauschalhonorar. Später verlangt der Subplaner ein sehr viel höheres Honorar mit dem Argument, er sei berechtigt, der Honorarermittlung den Mindestsatz zugrunde zulegen. Der Hauptplaner bestreitet dies: Bei dem Umgang handele es sich nicht um ein eigenständiges Objekt nach HOAI. Richtigerweise sei der Umgang als unselbstständiger Teil des Gesamtgebäudes Allianz-Arena anzusehen. Die Leistung des Klägers sei lediglich ein Teil der von ihr, der Hauptplanerin, erbrachten planerischen Gesamtleistungen. Angesichts der Bewertung als unselbstständiger Teil der Gesamtplanung sei das Honorar als Teil der Gesamtleistung zu berechnen. Deren Gesamtkosten lägen über den Tafelwerten der HOAI, so dass eine Honorarberechnung als Mindesthonorar nicht in Betracht komme. Es bleibe vielmehr beim Pauschalhonorar.
Erste und zweite Instanz geben der Klage des Subplaners statt. Bei dem Umgang handele es sich um ein selbstständiges Ingenieurbauwerk. Die Selbstständigkeit dieses Ingenieurbauwerkes werde nicht dadurch berührt, das Ingenieurbauwerk und Gebäude sozusagen übereinander angeordnet sein. Es sei bereits von einer konstruktiven Selbstständigkeit des Umgangs auszugehen. Dieser sei durchgehend durch eine Fuge vom Stadion-Gebäude abgetrennt. Dass der Umgang auch nach Abriss des Stadions unverändert bestehen bleiben könnte, sei nicht Voraussetzung für eine konstruktive Selbstständigkeit (vgl. zwei getrennte Gebäude auf einer Tiefgarage). Auch liege eine funktionale Selbstständigkeit vor. Auch hier werde die funktionale Selbstständigkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die einzelnen, als getrennt zu behandelnden Objekte in ihrer praktischen Nutzung nicht unverändert alleine sinnvoll bestehen könnten (so könnten beispielsweise auch Verbindungsgänge selbstständige Objekte sein).
Handele es sich aber um ein selbstständiges Ingenieurbauwerk, könne auch unter der Geltung der HOAI 1996 das Tragwerk für dieses selbstständige Ingenieurbauwerk gesondert abgerechnet werden. Werde das Tragwerk für den Umgang gesondert abgerechnet, falle es nicht außerhalb der Honorartafel-Höchstwerte, so dass der Subplaner hier sein Mindestsatz verlangen können.
(nach OLG München , Urt. v. 24.06.2016 - 9 U 3471/09; BGH, Beschluss vom 01.03.2017 – VII ZR 168/16 – NZB zurückgenommen)
Ein Tragwerksplaner erhält den Auftrag für entsprechende Leistungen zur Allianz-Arena in München. Die Arena soll einen so genannten Umgang erhalten, welcher insbesondere die Funktion hat, den Zugang/Ausgang zum Stadion und die Zuwegung zur umliegenden Infrastruktur zu gewährleisten. Dieser Umgang liegt mit dem stadionseitigen Ende der Unterzüge auf dem Tribünenbauwerk auf, aber mittels Lagern ohne feste Verbindung. Der Umgang ist durchgehend durch eine Fuge abgetrennt.
Der Tragwerksplaner beauftragt einen Subplaner mit den Leistungsphasen 4 und 5 für die Statik des Umgangs. Die Parteien vereinbaren ein Pauschalhonorar. Später verlangt der Subplaner ein sehr viel höheres Honorar mit dem Argument, er sei berechtigt, der Honorarermittlung den Mindestsatz zugrunde zulegen. Der Hauptplaner bestreitet dies: Bei dem Umgang handele es sich nicht um ein eigenständiges Objekt nach HOAI. Richtigerweise sei der Umgang als unselbstständiger Teil des Gesamtgebäudes Allianz-Arena anzusehen. Die Leistung des Klägers sei lediglich ein Teil der von ihr, der Hauptplanerin, erbrachten planerischen Gesamtleistungen. Angesichts der Bewertung als unselbstständiger Teil der Gesamtplanung sei das Honorar als Teil der Gesamtleistung zu berechnen. Deren Gesamtkosten lägen über den Tafelwerten der HOAI, so dass eine Honorarberechnung als Mindesthonorar nicht in Betracht komme. Es bleibe vielmehr beim Pauschalhonorar.
Erste und zweite Instanz geben der Klage des Subplaners statt. Bei dem Umgang handele es sich um ein selbstständiges Ingenieurbauwerk. Die Selbstständigkeit dieses Ingenieurbauwerkes werde nicht dadurch berührt, das Ingenieurbauwerk und Gebäude sozusagen übereinander angeordnet sein. Es sei bereits von einer konstruktiven Selbstständigkeit des Umgangs auszugehen. Dieser sei durchgehend durch eine Fuge vom Stadion-Gebäude abgetrennt. Dass der Umgang auch nach Abriss des Stadions unverändert bestehen bleiben könnte, sei nicht Voraussetzung für eine konstruktive Selbstständigkeit (vgl. zwei getrennte Gebäude auf einer Tiefgarage). Auch liege eine funktionale Selbstständigkeit vor. Auch hier werde die funktionale Selbstständigkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die einzelnen, als getrennt zu behandelnden Objekte in ihrer praktischen Nutzung nicht unverändert alleine sinnvoll bestehen könnten (so könnten beispielsweise auch Verbindungsgänge selbstständige Objekte sein).
Handele es sich aber um ein selbstständiges Ingenieurbauwerk, könne auch unter der Geltung der HOAI 1996 das Tragwerk für dieses selbstständige Ingenieurbauwerk gesondert abgerechnet werden. Werde das Tragwerk für den Umgang gesondert abgerechnet, falle es nicht außerhalb der Honorartafel-Höchstwerte, so dass der Subplaner hier sein Mindestsatz verlangen können.
Hinweis
Zunächst noch einmal zur Erläuterung: Der Streit, ob es sich bei dem Stadion und den Umgang um zwei verschiedene Objekte – nämlich Gebäude und Ingenieurbauwerk – oder um ein Objekt – nur ein Gebäude – handele, konnte für den Tragwerksplaner deshalb von Bedeutung sein, weil nach HOAI 1996 Tragwerke selbst noch nicht als Objekte definiert waren, wie seit der Novelle 2009. Die getrennte Abrechnung von Tragwerken richtete sich seinerzeit mithin danach, ob die Leistungen des Tragwerkplaners für ein oder mehrere Objekte der HOAI 1996, nämlich Gebäude oder Ingenieurbauwerke, vorgenommen wurden.
Möglicherweise wird dieses Kriterium auch in Zukunft weiter eine Rolle spielen, obgleich nunmehr theoretisch auch mehrere Tragwerke als unterschiedliche Objekte in einem Gebäude oder einem Ingenieurbauwerk vorkommen könnten.
Außer Acht gelassen hat das Gericht allerdings die Rechtsprechung des BGH, dass sich die anrechenbaren Kosten eines Planers immer durch den Vertragsgegenstand bestimmen, d.h. durch die dem Planer zur Bearbeitung bestimmten Gewerke (BGH, Urteil vom 12.01.2006).Vor dem Hintergrund dieses Urteils (welches Generalplaner wegen der Degression der Honorartafel gut im Auge haben sollten) hätte sich das Oberlandesgericht München hier für die Frage, ob der Umgang ein getrenntes Objekt darstelle, gar keine Gedanken machen müssen.
Zunächst noch einmal zur Erläuterung: Der Streit, ob es sich bei dem Stadion und den Umgang um zwei verschiedene Objekte – nämlich Gebäude und Ingenieurbauwerk – oder um ein Objekt – nur ein Gebäude – handele, konnte für den Tragwerksplaner deshalb von Bedeutung sein, weil nach HOAI 1996 Tragwerke selbst noch nicht als Objekte definiert waren, wie seit der Novelle 2009. Die getrennte Abrechnung von Tragwerken richtete sich seinerzeit mithin danach, ob die Leistungen des Tragwerkplaners für ein oder mehrere Objekte der HOAI 1996, nämlich Gebäude oder Ingenieurbauwerke, vorgenommen wurden.
Möglicherweise wird dieses Kriterium auch in Zukunft weiter eine Rolle spielen, obgleich nunmehr theoretisch auch mehrere Tragwerke als unterschiedliche Objekte in einem Gebäude oder einem Ingenieurbauwerk vorkommen könnten.
Außer Acht gelassen hat das Gericht allerdings die Rechtsprechung des BGH, dass sich die anrechenbaren Kosten eines Planers immer durch den Vertragsgegenstand bestimmen, d.h. durch die dem Planer zur Bearbeitung bestimmten Gewerke (BGH, Urteil vom 12.01.2006).Vor dem Hintergrund dieses Urteils (welches Generalplaner wegen der Degression der Honorartafel gut im Auge haben sollten) hätte sich das Oberlandesgericht München hier für die Frage, ob der Umgang ein getrenntes Objekt darstelle, gar keine Gedanken machen müssen.
Verweise
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 1996 / Gebäude- bzw. Anlagenbegriff HOAI 1996
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 1996 / anrechenbare Kosten HOAI 1996
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 2009 / Objektbegriff HOAI 2009 / 2013 / 2021
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 1996 / Gebäude- bzw. Anlagenbegriff HOAI 1996
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 1996 / anrechenbare Kosten HOAI 1996
Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI 2009 / Objektbegriff HOAI 2009 / 2013 / 2021
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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck