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Der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator

Der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator: die Diskussion über seine rechtliche Stellung ist nach wie vor offen.


Inhaltsübersicht:

Hintergrund:

Arbeitsschutz auf Baustellen: bisherige Rechtslage

A. Verpflichtete: Bauherr, Arbeitgeber, Beschäftigte
B. Konsequenzen für Architekten:
1. Architekten, die Leistungsphasen der HOAI übernommen haben
2. Architekten als verantwortliche Bauleiter im Sinne der Landesbauordnung
C. Ergebnis

Hinweis:

Arbeitsschutz auf Baustellen: Neu: Baustellenverordnung

A. Einleitung
1. Ursprung
2. Zweck
3. Wesentlicher Inhalt
B. Verpflichtete: Bauherr, Arbeitgeber, Beschäftigte, "Dritte", SiGeKo
C. Konsequenzen für Architekten
1. Architekten, die mit Leistungsphasen aus der HOAI beauftragt wurden
2. Architekten, die als "Dritte" einen SiGeKo bestellen sollen
3. Architekten, die die Aufgaben des SiGeKo´s selber wahrnehmen
- Vertragsverhältnis
- Aufgaben
- Weisungsrecht
- Haftung
- Haftpflichtversicherung
- Honorierung
D. Ergebnis

Weiteres:

Fortbildung und praktische Arbeitshilfen
Hintergrund
Die seit Juli 1998 in Kraft getretene Baustellenverordnung befaßt sich mit dem Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei Bauvorhaben, insb. im Hinblick auf die Baustellenbeschäftigten; die zentrale Figur, mit der der Sicherheits- und Gesundheitsschutz auf Baustellen zukünftig gewährleistet werden soll, ist der Sicherheits- u. Gesundheitskoordinator. Dieser erfüllt seine Aufgabe insb. durch eine Koordination und Überwachung der verschiedenen bauausführenden Unternehmen.

I. Bisherige Rechtslage

A. Verpflichtete: Bauherrn, Arbeitgeber, Beschäftigte


Bisher wurden arbeitschutzrechtliche Zwecke durch vielerlei kaum aufeinander abgestimmte Vorschriften mit verschiedenen Adressaten verfolgt. Verpflichtete der verschiedenen Vorschriften waren im wesentlichen Bauherrn, Arbeitgeber, Beschäftigte.

Der Bauherr als Initiator der Baustelle ist grds. der erste Anknüpfungspunkt für Verpflichtungen im Hinblick auf den schadensfreien Ablauf des Bauvorhabens. Der Bauherr ist Adressat verschiedener jdfs. u.a. auch dem Arbeitsschutz dienender Vorschriften, im wesentlichen in der Bauordnung (z.B. §§ 14, 19, 35 VII, vgl. zum Bauleiter gem. § 59a der Bauordnung NW unten). Ihn treffen entsprechende Verkehrssicherungspflichten, d.h. er muß grds. dafür Sorge trage, dass auf der Baustelle niemand zu Schaden kommt. Allerdings führt der Bauherr selten das Bauvorhaben selbst durch, er delegiert die einzelnen Aufgaben an die Bauunternehmer (die i.d.R. gleichzeitig Arbeitgeber für die Baustellenbeschäftigten sind) und ggfs. an Architekten: auf die Bauunternehmer und Architekten gehen dann auch die entsprechenden, ürsprünglich den Bauherrn treffenden Pflichten über. Der Bauherr muss lediglich eine geeignete Auswahl treffen. Soweit der Bauherr nicht delegiert oder trotz Delegation selbst tätig wird, bleibt er Adressat der Pflichten.

Eigentliche arbeitsschutzrechtliche Pflichten oblagen - folgerichtig - bisher im wesentlichen den jeweiligen Arbeitgebern, d.h. für die Baustellenbeschäftigten den bauausführenden Unternehmen; sie wurden (und werden) hierzu durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen verpflichtet, u.a. durch das BGB, die Gewerbeordnung, durch die Arbeitsstättenverordnung, die Bauordnung (vgl. § 59) sowie durch Unfallverhütungsvorschriften, durch das Arbeitssicherheitsgesetz und seit 1996 auch durch das Arbeitschutzgesetz (ArbSchG). Daneben treffen die Arbeitgeber als diejenigen, denen der Bauherr die Durchführung des Bauvorhabens übertragen hat, (primäre) Verkehrssicherungspflichten (die sozusagen ürsprünglich dem Bauherrn oblagen): die Unternehmer müssen dafür Sorge tragen, dass niemand durch die von ihnen eröffnete Baustelle zu Schaden kommt.

Schießlich sind auch die Beschäftigten durch das ArbSchG insb. zur Mitwirkung verpflichtet.

(Die VOB/B (die keine öffentlich-rechtliche Wirkung entfaltet) verteilt die Aufgaben des Sicherheitsschutzes ebenfalls zwischen Bauherren und Arbeitgebern; gem. § 4 Nr.1 hat der Bauherr für die allg. Ordnung auf der Baustelle und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmern zu sorgen (eine Aufgabe, die er i.d.R. an den Architekten delegiert), gem. § 4 Nr. 2 ist der Auftragnehmer für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher und damit auch arbeitsrechticher Vorschriften gegenüber seinen Arbeitnehmern allein verantwortlich.)

B. Konseqenzen für Architekten

1. Architekten, die Leistungsphasen gemäß HOAI übernommen haben


Architekten obliegt in erster Linie die mangelfreie Erfüllung der ihnen vom Auftraggeber übertragenen architektonischen Leistungen. Daneben haben Architekten allerdings nach ständiger Rechtsprechung auch dafür Sorge zu tragen, daß Dritte nicht in Zusammenhang mit der Errichtung des Bauvorhabens an Gesundheit oder Eigentum geschädigt werden (diese Verpflichtung wird ihnen sozusagen durch den Bauherrn, dem sie als Initiator des Bauvorhabens originär obliegt, kraft des Architektenauftrages übertragen). Eine Berücksichtigung entsprechender Sicherheitsbelange hat bereits in der Planungsphase zu beginnen und setzt sich fort insb. in der Phase der Objektüberwachung; neben den Koordinations- und Überwachungspflichten hat der objektüberwachende Architekt auch sogenannte (sekundäre) Versicherungspflichten, d. h. ihn treffen in gewissem Umfang Überwachungspflichten im Hinblick auf die von den Bauunternehmen verursachten Gefahrenquellen.

(In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß dem Architekten, der lediglich in einem Vertragsverhältnis mit dem Bauherrn stand, auch keinerlei öffentlich-rechtliche Weisungsbefugnisse gegenüber den bauausführenden Unternehmen oder gar gegenüber deren Arbeitnehmer zusteht; Weisungsbefugnisse - soweit sie bestehen - leiten sich aus entsprechenden ausdrücklichen oder stillschweigenden privatrechtlichen Vereinbarungen mit dem Bauherrn, der solche Befugnisse innehat, ab.)

Allerdings beurteilt die bisherige Rechtsprechung die Verantwortlichkeit des Architekten für Arbeitsunfälle von Baustellenbeschäftigten recht zurückhaltend; Unfallverhütungsvorschriften sollen sich nach bisheriger Ansicht i. d. R. nur an die bauausführenden Unternehmen/Arbeitgeber richten, das gleiche gilt für die Vorschriften aus dem Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetz. Kam es auf Grund der Verletzung von Arbeitgeberpflichten zu einem Baustellenunfall, so sollte die Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten jedenfalls im Innenverhältnis hinter derjenigen des Arbeitgebers zurücktreten (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.1971, NJW 1971, 752; BGH, Urteil vom 20.09.1993, BauR 1984, 77).

2. Architekten als verantwortliche Bauleiter

In der neuen Bauordnung NW wird (erneut) die Stellung des öffentlich-rechtlich verantwortlichen Bauleiters geregelt. Gemäß § 59a mußte der Bauleiter die für seine Arbeiten erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen. Der Architekt kann diese Aufgabe übernehmen, eine - jdfs. rechtliche - Pflicht für die Übernahme gab es nicht. Gemäß § 59a I hat der Bauleiter im Rahmen seiner Aufgabe auf den sicheren bautechnischen Betrieb auf der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer und auf die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen zu achten. Die dafür erforderlichen Weisungen sind von dem Bauleiter zu erteilen, d.h. ihm steht - anders als dem einfachen objektüberwachenden Architekten - eine öffentlich-rechtliche Weisungsbefugnis zu. Das heißt, dem Bauleiter nach Landesbauordnung obliegen nicht unerhebliche arbeitsschutz-rechtliche Pflichten, die er im Rahmen einer ordentlichen Koordination und Überwachung der verschiedenen Arbeiten zu erfüllen hat.

(Trotz dieser spezifizierten Aufgaben und der besonderen, erforderlichen Qualifikation entschied der BGH, daß die Aufgaben des Bauleiters gemäß den entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen im wesentlichen den Aufgaben des objektüberwachenden Architekten gemäß § 15 II Nr. 8 HOAI entsprächen, ein gesondertes Honorar sei deshalb für die Tätigkeit des Bauleiters nach Landesbauordnung nicht zu beanspruchen.)

C. Ergebnis

Kam es nach alter Rechtslage auf einer Baustelle zu einem Unfall eines Baustellenbeschäftigten, so konnte dieser i. d. R. Schadensersatzansprüche geltend machen gegen seinen Arbeitgeber, wenn dieser Arbeitsschutzrechte oder Verkehrssicherungspflichten verletzt hatte, gegen sonstige Baustellenunternehmer, wenn diese ihre (primären) Verkehrssicherungspflichten verletzt haben, und - auch gleichzeitig - gegen einen Architekten, ebenfalls wenn dieser seine (sekundäre) Verkehrssicherungspflicht verletzte. Es bestand ggf. zwischen Bauunternehmern und dem Architekten eine sogenannte Gesamtschuldnerschaft, d. h. der Geschädigte kann jeden Schädiger in voller Höhe in Anspruch nehmen, insgesamt den Schaden aber nur einmal ersetzt verlangen. Nahm der Geschädigte einen Schädiger in Anspruch, so konnte dieser bei dem anderen Schädiger Rückgriff nehmen in der Höhe, in welchem der andere Schädiger den Schaden zu verantworten hat (Innenverhältnis). Nach bisheriger Rechtsprechung haftete der Arbeitgeber, der Arbeitsschutzpflichten verletzt hatte, im Verhältniss zu einem lediglich sekundäre Verkehrssicherungspflichten verletzenden Architekten im Innenverhältnis alleine und ausschließlich. Eine richterliche Entscheidung über die Verteilung der Haftung zwischen einem Arbeitgeber und einem verantwortlichen Bauleiter nach Landesbauordnung liegt nicht vor; hier ist jedoch auf Grund der erheblich höheren Pflichtenstellung des verantwortlichen Bauleiters (die auch durch dessen Weisungsbefugnisse bestätigt werden) anzunehmen, dass ein verantwortlicher Bauleiter auch im Innenverhältnis zum Bauunternehmer/Arbeitgeber bei Verletzung seiner (auch arbeitsschutzrechtlichen) Pflichten zu einem nicht nur ganz geringen Anteil mithaften wird. Gesondertes Honorar für die Erfüllung der genannten Pflichten erhält - auch der Architekt als verantwortlicher Bauleiter - nicht.
Hinweis
Die Baustellenverordnung

A. Einleitung


Seit dem 01.07.1998 ist die Baustellenverordnung in Kraft getreten.

1. Ursprung

Artikel 118 a EG-Vertrag ermächtigt den Rat der europäischen Gemeinschaften durch Richtlinien Mindestvorschriften zu erlassen, die dem Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer dienen. In Ausübung dieser Ermächtigung wurde eine sogenannte Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz erlassen; einzelne Bereiche des Arbeitsschutzes wurden durch flankierende Einzelrichtlinien detailliert geregelt, u. a. Arbeitsstätten, Arbeit an Bildschirmgeräten, die Benutzung von Arbeitsmitteln. Eine weitere Einzelrichtlinie, die Baustellensicherheitsrichtlinie (92/57/EWG) von 1992, befasst sich mit zeitlich begrenzten oder ortsveränderlichen Baustellen. Die europäische Rahmenrichtlinie wurde durch den bundesdeutschen Gesetzgeber mit dem Arbeitsschutzgesetz seit August 1996 in deutsches Recht umgesetzt. Die Baustellensicherheitsrichtlinie wurde in deutsches Recht umgesetzt durch die Baustellenverordnung (BaustellV). (Die in der Richtlinie gesetzte Frist zur Umsetzung in nationales Recht zum 31.12.1993 wurde damit - auch wegen massiven Widerstandes u. a. der Architektenschaft - um 4 * Jahre überschritten.)

2. Zweck

Ziel der europäischen Baustellensicherheitsrichtlinie und deren Umsetzung in der deutschen BaustellV ist die wesentliche Verbesserung von Sicherheits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen. Bekanntermaßen ereignen sich auf Baustellen überdurchschnittlich viele Unfälle überdurchschnittlichen Schweregrades. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, liegen aber nach allgemeiner Ansicht u. a. in der Tatsache begründet, daß auf Baustellen in der Regel Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig und nacheinander arbeiten. Zwar würde jedem einzelnen Arbeitgeber auf Grund bereits bestehender arbeitsrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des Arbeitsschutzgesetzes, des Arbeitssicherheitsgesetzes, der Unfallverhütungsvorschriften und der LBauO-en, die Sorge für Sicherheit und Gesundheit seiner Arbeitnehmer obliegen; im Hinblick auf die besonderen Gefahren, die sich aus dem Nebeneinander und Nacheinander der verschiedenen Bauabläufe auf Baustellen ergäben, fehlte es jedoch nach allg. Ansicht bisher an einem Verantwortlichen (vgl. aber § 8 ArbschG, § 56 BauO NW a.F.). Als Verantwortlicher wurde - folgerichtig - nunmehr der Bauherr gefunden.

3. Wesentlicher Inhalt

Die einzelnen Vorschriften der Baustellenverordnung sollen hier nicht im einzelnen erörtert werden, insoweit wird das Lesen des relativ kurzen Textes empfohlen. Als wesentlich kann folgendes herausgegriffen werden:
Die Baustellenverordnung gilt für alle Bauvorhaben, mit deren Ausführung am 01.07.1998 oder später begonnen wurde. Die Pflichten, die grundsätzlich dem Bauherrn auferlegt werden, bestimmen sich im einzelnen nach Art und Umfang der Baustelle:

  1. bei allen Bauvorhaben
    sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes im Rahmen der Planung der Ausführung zu berücksichtigen.

  2. bei Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrere Arbeitgeber (auch ein GU mit Sub`s) tätig werden, sind ein oder mehrere geeignete sogenannte Sicherheits- und Gesundheitskoordinatoren zu bestellen

  3. bei Baustellen, bei denen (alternativ)
    1. die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der mehr als 20 Beschäftigte tätig werden, oder
    2. der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet,
    ist der zuständigen Behörde spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung mit bestimmten Angaben über die Baustelle zu übermitteln (zuständige Behörden sind beispielsweise in NRW die staatlichen Ämter für Arbeitsschutz)

  4. bei Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrere Arbeitgeber tätig werden
    und die Baustelle darüber hinaus (alternativ)
    1. eine Größe erreicht, die eine Vorankündigung gegenüber der Behörde erforderlich macht (s.o.) oder
    2. dort gefährliche Arbeiten (in Anhang II. der BauStV aufgezählt) ausgeführt werden
    so ist weiter vor Errichtung der Baustelle ein sogenannter Sicherheits- und Gesundheitsplan zu erarbeiten.


Der Koordinator hat während der Planung und der Ausführung des Bauvorhabens verschiedene Aufgaben, u. a. den ggf. erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsplan auszuarbeiten, eine sogenannte Unterlage mit erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigende Angaben zu Sicherheits- und Gesundheitsschutz zusammen zu stellen, und im übrigen insbesondere die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zu überwachen und zu koordinieren.

B. Verpflichtete

Verpflichtete der Bestimmungen der Baustellenverordnung sind im wesentlichen Bauherrn, Arbeitgeber, Beschäftigte, sogenannte "Dritte", denen die Pflichten des Bauherrn übertragen wurden, und der Sicherheits- u. Gesundheitskoordinator. Von Architekten werden i.d.R. die beiden letztgenannten Funktionen wahrgenommen.

Die oben genannten Pflichten aus der BaustellV obliegen - wie gesagt - zunächst einmal dem Bauherrn; der Bauherr kann aber sämtliche Verpflichtungen auf einen "Dritten" delegieren, mit der Folge, dass er selbst nur noch für die Auswahl des Dritten verantwortlich bleibt. Der Bauherr kann auch die Funktion des Dritten selbst wahrnehmen und nur einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator bestellen; er bleibt dann verantwortlich für die Vorankündigung und die Auswahl des SiGeKo`s (vgl. hierzu auch unten). Der Bauherr kann schließlich auch selbst die Aufgaben des SiGeKo`s übernehmen.

Der vom Bauherrn beauftragte Dritte kann seinerseits entweder einen ggf. erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator bestellen oder diese Aufgabe selber wahrnehmen.

Neben dem Bauherrn werden auch den Arbeitgebern der Baustellenbeschäftigten sowie selbständigen Unternehmern flankierende Pflichten zum Arbeitsschutz auferlegt, u. a. ihre - soweit vorhanden - Beschäftigten in verständlicher Form und Sprache über die sie betreffenden Schutzmaßnahmen zu informieren sowie die Hinweise des Koordinators und den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu berücksichtigen. Ausdrücklich ist festgehalten, daß die Verantwortlichkeit der Arbeitgeber für die Erfüllung ihnen gemäß sonstiger Vorschriften obliegender Arbeitsschutzpflichten unberührt bleibt.

Verletzungen der Pflicht zur Vorankündigung bzw. der Pflicht zur Errichtung eines SiGe-Plans können ordnungsrechtlich oder - wenn das Leben oder die Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet wird - strafrechtlich geahndet werden, insb. gegenüber dem Bauherrn, ggfs. auch gegenüber dem beauftragten "Dritten" bzw. dem SiGeKo.

C. Konsequenzen für den Architekten

In welcher Art und Weise wird nun der Architekt von den Regelungen der BaustellV betroffen?

1. Architekten, die lediglich Leistungsphasen gemäß HOAI übernommen haben:

Zunächst bleibt festzustellen, daß die BaustellV dem Architekten, der lediglich Leistungsphasen gemäß HOAI übertragen bekommen hat, Pflichten direkt nicht auferlegt; es gibt für den Architekten auch keine (rechtliche) Notwendigkeit, dem Bauherrn seine Pflichten gem. BaustellV abzunehmen! Allerdings muss jeder Architekt seinen Bauherrn (möglichst nachweisbar) auf die Pflichten gemäß BaustellV hinweisen. Unterläßt der Architekt diesen Hinweis, ist nicht auszuschließen, daß er für später entstehende Schäden mit haftbar gemacht wird. Weiter wird jeder Architekt gut daran tun, die allg. Grundsätze gem. § 4 ArbSchuG bei der Planung zu berücksichtigen (soweit dies nicht sowieso schon erfolgte), vgl. § 2 I BaustellV.

2. Architekten, der mit den Pflichten des Bauherrn gemäß BaustellV beauftragt
wurden, ohne selbst Sicherheits- und Gesundheitskoordinator zu sein:


Diesen Architekten obliegt (zusätzlich) die Berücksichtigung der allg. Grds. gem. § 4 ArbSchuG bei der Planung gem. § 2 I BaustellV und - soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen -
- die Vorankündigung
- die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitskoordinators.

Der Architekt, der nicht selber als Koordinator tätig wird, sondern eine dritte Person als Koordinator bestellt, hat auf die erforderlich Qualifizierung Acht zu geben, anderenfalls kann ihn eine Haftung wegen mangelhafter Auswahl treffen. Die BaustellV stellt keine Mindestanforderungen für die Auswahl des Koordinators (anders früher der Bauleiter gem. § 56 II LBauO NW), sie spricht lediglich von "geeigneten Koordinatoren". Danach muß man annehmen, daß für die Aufgabe des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators nur solche Personen in Frage kommen, die mehrere Jahre Erfahrung in bauleitender Tätigkeit sowie im Sicherheits- und Gesundheitsschutz haben. Nachdem seit Inkrafttreten der BaustellV ein erhebliches Angebot an Fortbildungskursen besteht, wird man jedenfalls i.d.R. besser eine entsprechend fortgebildete Person auswählen.

Wird mit dem Koordinator ein Vertrag abgeschlossen, so ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Koordinators einem gesetzlichen Leitbild - Dienst- oder Werkvertrag - nicht eindeutig zuzuordnen ist, die Einordnung ist bisher ungeklärt. Deshalb empfiehlt es sich, Rechte und Pflichten sorgfältig auszuformulieren, u. a. sollte auf folgendes geachtet werden:

- Die vom Koordinator zu erbringenden Leistungen müssen mindestens diejenigen gemäß § 3 BaustellV sein (beachte nochmals: die Bestellung des Koordinators befreit nicht ohne weiteres von der ggfs. vorhandenen Pflicht zur Vorankündigung);
- Im Hinblick auf die gemäß BaustellV einzuhaltenden Fristen (Sicherheits- und Gesundheitsplan vor Einrichtung der Baustelle) sollten ggfs. entsprechende Fristen im Vertrag geregelt werden.
- Die Honorierung muß festgelegt werden, (für den Bauherrn) zu empfehlen sind eher Pauschalhonorare, bei Zeithonoraren sollten (im Interesse des Bauherrn) Höchstgrenzen vereinbart werden; (s. auch unten.)
- Eine ordentliche Kündigung des Koordinators sollte (im Interesse des Bauherrn) ausgeschloßen werden, für eine ordentliche Kündigung des Bauherrn kann die Rechtsfolge des § 649 BGB vereinbart werden. Meines Erachtens stellt auch der Ausschluß einer ordentlichen Kündigung auf beiden Seiten (im Interesse des Koordinators) eine angemessene Regelung dar (der Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts des Bauherrn in AGB`s des Koordinators dürfte in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Architektenrecht unwirksam sein). Allerdings sollte sich der Bauherr ein Kündigungsrecht für den Fall des vorzeitigen Abruchs des Bauvorhabens vorbehalten (bei dessen Ausübung § 649 BGB gälte);
- Haftungsregelungen sind zu treffen, hier erscheint ggf. ein Haftungsbeschränkung auf (ausreichend hohe) Haftpflichtversicherungssummen (im Intersse des Koordinators) nicht unangemessen (ob solche in AGB`s des Koordinators wirksam vereinbart werden können, ist ungeklärt); zu beachten ist jedoch, dass eine Haftungsbeschränkung im Vertrag mit dem Bauherrn keine Wirkung im Haftungsverhältnis zu einem etwaig geschädigten Baustellenbeschäftigten herbeiführt. Die Versicherung sollte nachgewiesen werden;
- Es sollte vertraglich geregelt werden, dass dem Koordinator im Rahmen der Ausübung seiner Pflichten die Weisungsbefugnisse des Bauherrn aus dessen Bauverträgen gegenüber den Bauunternehmern zustehen;

3. Für Architekten, die jedenfalls auch die Aufgaben des Sicherheits- und
Gesundheitskoordinators selber wahrnehmen, ist (zusätzlich) folgendes zu berücksichtigen:

Vertragsverhältnis

Welchem gesetzlichen Leitbild - Dienst- oder Werkvertrag - die Tätigkeit des Koordinators zuzuordnen ist, ist bisher - wie gesagt - ungeklärt. Wird die Funktion des Koordinators einem Architekten, der bereits mit Leistungsbildern bzw. deren Leistungsphasen gem. HOAI beauftragt ist, übertragen, so ist zu berücksichtigen, dass Architektenleistungen - auch solche, die dienstvertraglichen Charakter haben - von der Rechtsprechung dem Werkvertragsrecht zugeordnet werden (bisher einzige Ausnahme: isoliert beauftragte Lph 9). Jedenfalls sollte der Architekt eine schriftliche Vereinbarung mit dem Bauherrn über die Beauftragung treffen; in dieser kann vereinbart werden, daß die Regelungen des "Hauptvertrages" auch für die Beauftragung als SiGeKo gelten (u.U. wichtig z.B. im Hinblick auf Haftungsbeschränkungen im Hauptvertrag). Es kann aber auch ein gesondeter Vertrag geschlossen werden. Zum Mindesinhalt des Vertrages siehe oben.

Aufgaben
Die Aufgaben des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators können vom Architekten - wenn er die Eignungsvoraussetzungen mitbringt - übernommen werden; auch juristische Personen können Sicherheits- und Gesundheitskoordinator werden. Dem Architekten obliegen als Koordinator insbesondere die in § 3 der BaustellV näher beschriebenen Aufgaben. Zu welchem Zeitpunkt die Pficht zur Erfüllung der Aufgaben einsetzt, ist in der BaustellV nicht eindeutig gesagt, auszugehen ist jedenfalls davon, daß die spezifischen Aufgaben des Koordinators spätestens mit Beginn der Leistungsphase 5, also mit der Ausführungsplanung einsetzen. Zu den wesentlichen Aufgaben des Koordinators gehören die Ausarbeitung des Sicherheits- und Gesundheitsplans (SiGe-Plan) sowie der sogenannten Unterlage. Daneben obliegen ihm aber gegenüber den Arbeitgebern (nicht direkt gegenüber den Arbeitnehmern) bzw. gegenüber den selbständigen Unternehmern Koordinations- und Kontrollpflichten. Der Koordinator hat auch zu überwachen, daß die Arbeitgeber etwaige ausländische Arbeitnehmer über die sie betreffenden Schutzmaßnahmen in "verständlicher Sprache" unterrichten.

Weisungsrecht
Die BaustellV gesteht dem Koordinator ein öffentlich-rechtliches Weisungsrecht nicht zu (allerdings haben die Arbeitgeber und die selbständigen Unternehmer laut BaustellV die Hinweise des Koordinators und den SiGe-Plan "zu berücksichtigen"). Ist im Vertrag mit dem Bauherrn ein Weisungsrecht ausdrücklich nicht geregelt, so wird aber oftmals von der stillschweigenden Übertragung einer Weisungsbefungnis durch den Bauherrn im Rahmen der SiGeKo-Beauftragung auszugehen sein. Dem Koordinator ist im übrigen zu raten, seine ggf. erforderlichen Hinweise gegenüber den Arbeitgebern und Unternehmern hinreichend zu dokumentieren. Mißachten Arbeitgeber oder selbständige Unternehmer Hinweise des Koordinators, so sind weitere Arbeiten der betreffenden Firmen ggf. vom Koordinator einzustellen, der Bauherr und ggf. auch die zuständigen Behörden (Arbeitsschutzämter, Bauordnungsämter) zu benachrichtigen.

Haftung
Erfüllt der Koordinator seine Aufgaben nicht oder nicht vollständig und kommt es in Folge der Nichterfüllung zu Unfällen auf der Baustelle, so ist eine (zivilrechtliche) Haftung des Koordinators je nach Einzelumständen wahrscheinlich, jedenfalls nicht ausgeschlossen. Ob und inwieweit den Architekten, der die Aufgaben des Koordinators übernommen hat, Pflichten treffen, die über diejenigen eines normalen objektüberwachenden Architekten hinausgehen, wird unterschiedlich beurteilt. Meines Erachtens ist zu berücksichtigen, daß die bisherige Rechtsprechung die Verantwortlichkeit des Architekten für Arbeitsunfälle von Baustellenbeschäftigten recht zurückhaltend beurteilt hat (s. hierzu oben). Da dem Architekten, soweit er auch Koordinator ist, nunmehr ausdrücklich arbeitsschutzrechtliche Pflichten obliegen, wird die Verantwortlichkeit des Architekten/Koordinators bei Baustellenunfällen von Beschäftigten zukünftig meines Erachtens höher einzustufen sein. Dies könnte sich insb. darin zeigen, dass dem Architekten-Koordinator im Innenverhältnis der gemeinschuldnerischen Haftung mit dem Bauunternehmer-Arbeitgeber ein (größer) Haftungsanteil zugeordnet wird. Zu beachten ist im übrigen, dass eine Haftungsbeschränkung im Vertrag mit dem Bauherrn keine Wirkung im Haftungsverhältnis zu einem etwaig geschädigten Baustellenbeschäftigten herbeiführt. Kurz anzumerken ist schließlich, dass den Koordinator bei Verletzung seiner Pflicht zur Erstellung eines SiGe-Plans eine öffentlich- u. strafrechtliche Haftung nach § 7 BaustellV treffen kann.

Haftpfichtversicherung
Nach bisherigen Erfahrungen haben sich die Haftpflichtversicherungen der Architekten in der Regel bereit erklärt, daß zusätzliche Risiko des Koordinators ohne Prämienerhöhung mitzuübernehmen; dies jedenfalls dann, wenn der Architekt entsprechende Qualifikationen für die Übernahme der Pflichten vorzuweisen hat oder an einer Fortbildungsmaßnahme (s. unten III.) teilgenommen hat. Es ist dem Architekten dringend anzuraten, sich mit seiner Haftpflichtversicherung in Verbindung zu setzen, wenn er Aufgaben des Koordinators übernehmen will.

Honorar
Ob und inwieweit das Honorar des Architekten-Koordinators frei vereinbart werden kann, und ob eine Vereinbarung schriftlich zu erfolgen hat, hängt von der bisher ungeklärten Frage ab, wie die Leistungen des Koordinators honorarrechtlich einzuordnen sind:

- Die Leistungen des Koordinators stellen nach bisher geäußerten Ansichten keine Grundleistungen im Sinne der HOAI-Leistungsbilder dar; dies wird meines Erachtens jedenfalls für die Leistungen "Erstellung eines SiGe-Plans" und "Erstellung einer Unterlage" zu gelten haben (allerdings ist nicht auszuschließen, daß hierzu auch andere Auffassungen vertreten werden; nach alter BGH-Rechtsprechung stellten die Leistungen des verantwortlichen Bauleiters gemäß Landesbauordnung, die ebenfalls arbeitsschutzrechtliche Elemente enthielten, keine gesondert zu honorierenden Leistungen dar, s.o.).
- Die Leistungen des Koordinators werden honorarrechltich unter Umständen als besondere Leistungen im Sinne der HOAI anzusehen sein (dagegen OLG Celle unter Honoraranspruch / .. / SiGeKo-Leistung. Danach erhält der Architekt, der auch Grundleistungen übertragen bekommen hat, für seine Leistungen nur dann ein gesondertes Honorar, wenn dieses schriftlich vereinbart wurde, § 5 IV HOAI. Das Honorar kann entweder als Pauschale oder als Zeithonorar vereinbart werden. Soweit ein Zeithonorar vereinbart wird, sind die Vorgaben des § 6 HOAI zu berücksichtigen. Der Architekt, der allein die Funktion des Koordinators wahrnimmt, kann ein Honorar frei vereinbaren und braucht nicht eine besondere Form einzuhalten, da § 5 IV HOAI für "isoliert beauftragte" besondere Leistungen nicht gilt; ist eine Vereinbarung nicht getroffen, ist § 632 BGB einschlägig (im Falle der Einordnung in das Dienstvertragsrecht 612 BGB).
- Geht man davon aus, dass die Aufgaben des SeGeKo´s auch für Architekten nicht unter die HOAI fallen, so kann ein Honorar formlos und frei vereinbart werden, im übrigen gelten § 632 bzw. 612 BGB.

Dem Architekten, der die Aufgaben des Koordinators zusätzlich übernimmt, ist letzlich dringend anzuraten, eine schriftliche Vereinbarung über die Honorierung seiner zusätzlichen Leistungen mit dem Bauherrn zu treffen. (Die Architektenkammer NRW hat ein "Leistungsbild Sicherheits- und Gesundheitskoordinator" sowie einen Honorarvorschlag entworfen, vgl. http://www.aknw.de/; der AHO gibt als Nummer 15 seiner Schriftenreihe eine Praxishilfe zur Honorarfindung heraus; zu bestellen über www.aho.de).

D. Ergebnis

Gegenüber der Rechtslage vor Inkrafttreten der Baustellenverordnung hat sich nichts grundlegend Wesentliches verändert. Zu beachten ist, dass arbeitsschutzrechtliche Pflichten, die früher ausschließlich den Arbeitgebern der Baustellenbeschäftigten oblagen, nunmehr auch Bauherren treffen können, bzw. "Dritte" und Sicherheitskoordinatoren, soweit diesen die Verpflichtungen vom Bauherrn übertragen wurden.

Schon nach alter Rechtsprechung hafteten Architekten im Rahmen (der ihnen vom Bauherrn übertragenen) sekundären Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber Baustellenbeschäftigten; die (zusätzliche) Übernahme der Funktion des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators bedingt deshalb keine grundsätzlich neue Haftung; allerdings wird man davon ausgehen müssen, dass sich die Haftung des Koordinators bei Unfällen von Baustellenbeschäftigten gegenüber dem einfachen objektüberwachenden Architekten verschärft. Jedenfalls im Innenverhältnis der gesamtschuldnerischen Haftung mit den Arbeitgebern der Baustellenbeschäftigten wird dem Sicherheits- und Gesundheitskoordinator ein voraussichtlich nicht unerheblicher Anteil an der Haftung zugeordnet werden. Entsprechend muss sich der Koordinator rechtzeitig um eine ausreichende Haftpflichtversicherung kümmern. Um noch bestehenden Unsicherheiten über die honorarrechtliche Einordnung der Tätigkeit des Koordinators vorzubeugen, sollte ein Honorar für die Tätigkeit immer schriftlich vereinbart werden.


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