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Darf Immobilienunternehmen auf Wirksamkeit einer mindestsatz-unterschreitenden Honorarvereinbarung vertrauen?

Einem im Immobilienbereich tätigen Auftraggeber sind nicht ohne weiteres weitreichende Kenntnisse der HOAI zuzurechnen; bei der Vertrauensabwägung ist auch noch dem Umstand Bedeutung beizumessen, aus wessen Initiative die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung getroffen wurde.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 23.11.2010 - 23 U 215/09)
Für die Erstellung von Bauantragsunterlagen für neun identische Bestandshäuser bietet ein Architekt (welcher für diese Häuser offenbar schon vorher Leistungen gegenüber einer dritten Person erbracht hatte) einem Bauherrn unter Datum vom 05.10.2006 ein Pauschalhonorar in Höhe von € 25.000,00 pro Haus, insgesamt € 225.000,00 an. Nach – bestrittenem – Vortrag des Bauherrn führt dieser am gleichen Tag ein Telefongespräch mit dem Architekten, in welchem die Parteien nach einem entsprechenden neuen Angebot ein Pauschalhonorar für sämtliche neun Häuser von insgesamt € 40.000,00 brutto vereinbaren. Unter Datum vom 15.11.2006 legt der Architekt sodann eine "Vereinbarung über Architektenleistungen" vor, in welcher er sein Angebot über das Gesamthonorar von € 40.000,00 brutto "wie vereinbart" wiederholt, allerdings ohne das Angebot selbst zu unterzeichnen. Der Bauherr unterzeichnet die Vereinbarung am 16.11.2006 und sendet sie per Fax zurück.

Im weiterem stellt der Architekt zweimal "Abschlagsrechnungen" über jeweils 50% "des vereinbarten Honorars", jeweils € 20.000,00. Das Projekt wird später nicht durchgeführt. Der Architekt rechnet schließlich gegenüber dem Bauherrn neu nach HOAI-Mindestsatz € 302.000,00 ab. Der Bauherr beruft sich auf eine Bindung des Architekten an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung.
 
Das OLG Düsseldorf folgt der Argumentation des Bauherrn und gesteht dem Architekten ein über den Pauschalbetrag in Höhe von € 40.000,00 hinausgehendes Honorar unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22.05.1997; vgl. dort auch zu den Voraussetzungen für eine Bindung des Architekten an die Honorarvereinbarung) nicht zu. Es liege hier in mehrfacher Hinsicht ein erheblich widersprüchliches Verhalten des Architekten vor, welches nicht nur in seinen Angeboten, sondern auch in seiner Rechnungslegung zum Ausdruck komme. Demgegenüber habe der Bauherr auf das Angebot des Architekten vom 15.11.2006 Vertrauen dürfen; einem im Immobilienbereich tätigen Auftraggeber seien nicht ohne weiteres weiterreichende Kenntnisse der HOAI zuzurechnen (vgl. zur HOAI-Kundigkeit von Bauherrn auch BGH, Urt. v. 18.12.2008). Bei der Vertrauensabwägung sei auch der Umstand von Bedeutung, dass die Initiative zur pauschalen Honorarvereinbarung durch den Architekten ergriffen worden sei. Schließlich könne bei einem Immobilienunternehmen, dass auch auf der Grundlage des Architektenhonorars seine Kalkulation vornehme und wirtschaftlich weitreichende Entscheidungen treffe – hier den Ankauf des Sanierungsgrundstückes am 06.11.2006 –, davon ausgegangen werde, dass es sich auf die getroffene Pauschalhonorarvereinbarung eingerichtet habe.
Hinweis
Das Urteil verdeutlicht, dass das Einklagen von Mindestsätzen bei vorhergehenden mindestsatzunterschreitenden Honorarvereinbarungen für Architekten selbst bei professionellen Auftraggebern richtigerweise kein Selbstläufer ist, sondern eine Frage des Einzelfalls.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck