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DIN 18015-2: nicht ohne weiteres allgemeine anerkannte Regel der Technik!

Die DIN 18015-2 (elektrische Anlagen in Wohngebäuden-Teil 2: Art und Umfang der Mindestausstattung) ist ihrem Regelungsgehalt nach nicht geeignet, die Vermutungswirkung, allgemein anerkannte Regel der Technik zu sein, für sich in Anspruch zu nehmen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Grundvoraussetzung einer fehlerfreien Planung ist zunächst die Einhaltung der "vertraglich oder gewöhnlich vorausgesetzten Beschaffenheit", insb. der allg. anerkannten Regeln der Technik und Baukunst.
Beispiel
Ein TGA-Planer wird mit Leistungen für den Neubau von vier Mehrfamilienhäusern beauftragt. Während der Bauausführung stellt ein Kaufinteressent gegenüber dem Bauherren eine Unterschreitung der Vorgaben der DIN 18015-2 fest und verlangt deren Einhaltung. Der Bauherr bessert nach und verlangt den hierdurch entstandenen Mehraufwand vom TGA-Planer ersetzt mit dem Argument, die TGA-Planung habe gegen die vertraglichen Vereinbarungen sowie gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen.

Das OLG Düsseldorf weist die Klage ab. Richtig sei zwar, dass die Vorgaben der DIN 18015-2 durch die TGA-Planung nicht eingehalten worden seien. Allerdings sei die TGA-Planung deshalb nicht vertragswidrig oder mangelhaft. Denn eine vertragliche Vereinbarung, dass die Planung im Hinblick auf die Ausstattung der DIN 18015-2 zu folgen habe, sei nicht festzustellen. Weiter liege ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht vor. Ihrem Regelunggehalt entsprechend sei die DIN 18015-2 bereits nicht geeignet, die Vermutungswirkung, allgemein anerkannte Regeln der Technik zu sein, für sich in Anspruch zu nehmen. Jedenfalls für das vorliegende Bauvorhaben habe der gerichtlich beauftragte Sachverständige darüber hinaus festgestellt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik keine verbindliche Festlegungen über die Mindestzahl an Steckdosen und Anschlüssen beinhalteten; eine etwaige Vermutungswirkung der DIN-Norm wäre damit widerlegt.
Hinweis
Das OLG Düsseldorf definiert als anerkannte Regeln der Technik als diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen, sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind. Anerkannte Regeln der Technik können in DIN-Normen niedergelegt sein, wobei aber DIN-Normen nicht als Rechtsnormen zu qualifizieren sind, sondern lediglich als private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter.

DIN-Normen können hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben (für DIN 4109: BGH, Urteil vom 14.06.2007 - VII ZR 45/06) oder sogar noch darüber hinaus gehen (vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 23.6.1981). Eine Leistung kann trotz Verstoßes gegen eine DIN-Norm mangelfrei sein (OLG Celle, Urteil vom 2.11.2011).