https://www.baunetz.de/recht/Beruecksichtigung_des_spaeteren_Ausbaus_eines_derzeit_nicht_genehmigten_Spitzbodens_gewuenscht_Wie_verhaelt_sich_der_Architekt__8615477.html


Berücksichtigung des späteren Ausbaus eines derzeit nicht genehmigten Spitzbodens gewünscht: Wie verhält sich der Architekt?

Soll der Architekt die Baumaßnahme so planen, dass ein späterer Ausbau eines Spitzbodens zu Wohnzwecken möglich ist, ist die Leistung des Architekten mangelhaft, wenn sie einen späteren Ausbau zu Wohnzwecken nicht zulässt; dies gilt selbst dann, wenn die beabsichtigte Wohnraumnutzung derzeit bauordnungsrechtlich nicht zulässig ist.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Ein Planungsfehler kann u.a. vorliegen, wenn die Planung von der vereinbarten Gebrauchstauglichkeit abweicht; der Architekt ist grds. an Bauherrnwünsche gebunden.
Beispiel
( - OLG Hamm, Urteil vom 09.06.2022 – 24 U 38/21; BGH, Beschluss vom 27.09.2023 – VII ZR 133/22 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird mit dem Umbau eines Gebäudes beauftragt. Aufgrund eines vorangegangenen Verfahrens steht fest, dass eine Wohnraumnutzung im Spitzboden derzeit nicht genehmigungsfähig ist. Der Bauherr beauftragt den Architekten gleichwohl, die Baumaßnahme so zu planen, dass ein späterer Ausbau des Spitzbodens zu Wohnzwecken möglich ist. Dem kommt der Architekt allerdings nicht nach, u. a. übermittelt er dem Statiker falsche Angaben über die erforderliche Belastbarkeit der entsprechenden Geschossdecken. Später erhält der Bauherr eine Genehmigung für die Nutzung des Spitzbodens für zwei Ferienwohnungen. Er fordert nunmehr die Erstattung von Mehrkosten für die nachträgliche Ertüchtigung der Geschossdecken vom Architekten.

Das OLG Hamm stellt klar, dass die Planungsleistungen des Architekten ungeachtet der Tatsache mangelhaft sei, dass die beabsichtigte spätere Wohnraumnutzung seinerzeit bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen war. Solle ein Architekt die Baumaßnahme so planen, dass ein späterer Ausbau des Spitzbodens zu Wohnzwecken möglich sei, sei die Leistung des Architekten mangelhaft, wenn die Planung einen späteren Ausbau zu Wohnzwecken nicht zulasse.

Hinweis
Grundsätzlich hat ein Architekt zu planen und gegebenenfalls zu bauleiten, was der Bauherr vorgibt. Natürlich muss der Architekt hierbei auf Bedenken, die ihm auf der Grundlage seiner Ausbildung und seiner Stellung als Fachmann kommen müssen, gegenüber dem Bauherrn explizit und nachweisbar hinweisen; das gilt gegebenenfalls auch für wirtschaftliche Aspekte, soweit sie für den Architekten erkennbar sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2021: Auch ohne eine ausdrückliche vertragliche Regelung ist der Planer dazu verpflichtet, die wirtschaftlichen Belange des Auftraggebers im Rahmen der Errichtung einer Solaranlage zu wahren). Erfüllt der Architekt seine Aufklärungspflicht ausreichend, so kommt eine Haftung für ihn grundsätzlich nicht mehr in Betracht (vgl. OLG München, Urteil vom 27.02.2019).

Nur in seltenen Ausnahmefällen wird ein Architekt berechtigt sein, eine vom Bauherrn beauftragte Leistung vollständig zu verweigern: Dies wird grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn durch die Leistungserbringung des Architekten Gefahren für Leib und Leben des Bauherrn oder sonstiger Nutzer entstehen (vgl. Hinweis zum Urteil des OLG München vom 09.08.2016). Auch wird der Architekt ein Bauen ohne Baugenehmigung gegenüber dem Bauherrn verweigern dürfen; zum einen macht sich ein Architekt selbst ordnungsrechtlich belangbar, wenn er ohne Baugenehmigung baut, zum anderen verstößt Bauen ohne Baugenehmigung gegen seine Berufspflichten und der Architekt verliert seinen Haftpflichtversicherungsschutz (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.04.1992).

Hier lag aber kein Bauen ohne Baugenehmigung vor, da dem Architekten lediglich aufgetragen war, die Geschossdecken für einen späteren Ausbau – der ja gerade noch nicht erfolgte – vorzubereiten. Hätte hier der Bauherr Genehmigungen für Ferienwohnungen im Spitzboden nicht erhalten, gleichwohl aber den Ausbau später und ohne Kenntnis des Architekten vorgenommen, wäre  der Architekt hierfür nicht mehr haftbar gewesen.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck