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Beratungspflicht des Architekten: Kostenschätzungen sind keine Grundlage für Investitionsentscheidungen.

Will der Bauherr eine Kostenschätzung zu besonderen Zwecken, wie zur Unterstützung von Kreditanträgen oder Förderanträgen nutzen, so hat der Architekt im Rahmen der Beratungspflicht ggf. darauf hinzuweisen, dass Kostenschätzungen keine Grundlage für Investitionsentscheidungen sein können.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Voraussetzung einer Haftung wegen Bausummenüberschreitung ist zunächst eine Pflichtverletzung des Architekten.

Beispiel
(nach Bundesgerichtshof , Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03 -, Baurecht 2005, 400)
Ein Architekt wurde mit der Sanierung einer Villa beauftragt. Noch vor Beauftragung hatte er – im Rahmen der Vorstellung einiger Alternativen – das Sanierungsvorhaben mit DM 650.000,00 beziffert. Im Bauantrag wurden die Baukosten erneut mit DM 650.000,00 angegeben. Schließlich tauchte die gleiche Zahl etwa ein halbes Jahre später in einer Kostenaufstellung auf, die der Bauherr für Kreditanträge nutzen wollte. Etwas später wird das Bauvorhaben begonnen. Die Baukosten belaufen sich schließlich auf DM 1.900.000,00. Der Bauherr will den Architekten für seinen "Mindestschaden" in Höhe von DM 1.000.000,00 in Haftung nehmen.
 
Das OLG sieht eine Pflichtverletzung des Architekten und weist die Klage des Bauherrn ab. Die Kostenaufstellung für den Kreditantrag habe lediglich dazu gedient, die steuerrechtliche Abgrenzung der Baukosten für eigen- und fremdgenutzte Wohnungen vorzunehmen. Der BGH hebt das Urteil des OLG auf. Entgegen der Auffassung des OLG sei davon auszugehen, dass der Architekt hier seine Pflichten aus dem Vertrag verletzt habe. Der Architekt schulde grundsätzlich eine zutreffende Aufklärung des Bauherrn über die voraussichtlichen Baukosten. Diese allgemeine Beratungspflicht erfahre keine Einschränkung dadurch, dass Kostenangaben des Architekten zu besonderen Zwecken benötigt würden. Der Architekt müsse deshalb darüber aufklären, dass seine Kostenangaben im Bauantrag oder zur Unterstützung von Kreditanträgen sowie zur Sicherung von Förderungsmöglichkeiten ungenau oder sogar fehlerhaft und deshalb keine geeignete Grundlage für Investitionsentscheidungen seien.

Hinweis
In dem besprochenen Fall hatte ein Sachverständiger festgestellt, dass die Planung, die sie der Kostenaufstellung des Architekten seinerzeit zugrunde lag bereits zu Kosten von mindestens DM 1.340.000,00 führen musste. Mithin war die Kostenaufstellung bzw. Kostenschätzung des Architekten grob fehlerhaft. Die grobe Fehlerhaftigkeit stellt natürlich für sich bereits eine Pflichtverletzung dar. Darüber hinaus muss ein Bauherr, der eine solche Kostenaufstellung verwenden will, selbstverständlich über die grobe Fehlerhaftigkeit aufgeklärt werden. Aus dem Urteil des BGH geht aber auch hervor, dass eine Aufklärungspflicht des Architekten gegenüber dem Bauherrn, insbesondere wenn dieser die Kostenschätzung für besondere Zwecke benötigt, nicht nur bei bekannter Fehlerhaftigkeit besteht. Vielmehr wird man annehmen müssen, dass der Architekt den Bauherrn auch über die jeder – auch einer richtigen – Kostenschätzung immanenten Unsicherheit aufzuklären hat (vgl. auch OLG München Urt. v. 26.04.2006).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck