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Beratung während der Bauausführung aus Gefälligkeit: faktischer Bauleiter ?

Berät der nur mit der Planung beauftragt gewesene Architekt die Bauherrschaft auf deren Befragen auch während der Bauausführung, bestimmt sich der Umfang seiner Haftung nach der im Einzelfall übernommenen Beratungsleistung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Den Architekten kann eine Haftung auch bei Gefälligkeitsleistungen treffen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 06.07.1959 - VII ZR 89/58, VersR 1959,904)
Die klagende Bauherrschaft hatte den Architekten mit der Genehmigungsplanung für den Wiederaufbau ihres im Krieg zerstörten Hauses beauftragt. Im Rahmen der Bauausführung hatte die Bauherrschaft verschiedentlich Beratungsbedarf. Der Architekt befriedigte den Bedarf. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens stellten sich Setzungsrisse ein, die auf eine unzureichende Fundamentierung zurückzuführen waren. Der Architekt wurde in Anspruch genommen. Er wies darauf hin, dass der Unternehmer ohne Ausführungsplanung die Arbeiten ausgeführt hatte, seine Genehmigungsplanung nicht für die Ausführung gedacht sei und auf Anweisung der Bauherrschaft in Abweichung von den genehmigten Plänen u.a. der Giebel um zwei Meter auf nicht festen Baugrund eigenmächtig versetzt wurde.

Der BGH verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. Es müsse u.a. geklärt werden, ob der Architekt durch die Intensität seiner Beratungsleistungen faktisch die Bauleitung übernommen habe.

Der Umfang einer vom BGH wegen der tatsächlich erbrachten Ratschläge angenommenen Beratungspflicht brauche nicht so umfassend sein, wie wenn der Architekt die Aufsicht über die Bauarbeiten übernommen hat. Der Architekt musste daher in diesem Fall auf Grund einer Beratungspflicht auf von ihm erkannte Mängel hinweisen, dagegen braucht er nicht für Mängel einzustehen, die er bloß hätte erkennen können. Dass der Architekt rechtzeitig die Vorverlegung der Giebelmauer durch die Bauherrschaft erkannt hat, war nicht erwiesen.

Der BGH wies allerdings weiter darauf hin, dass geklärt werden müsse, worauf die Schäden im einzelnen zurückzuführen sind, da sie nicht allein auf die Giebelthematik zurückzuführen seien.
Hinweis
Das Urteil ist von 1959. Die Bedeutung der Entscheidung ist in der juristischen Literatur umstritten. Die Rechtsprechung des die Architektenhaftung maßgeblich bestimmenden VII. Zivilsenates hat sich verschärft: Übernimmt ein Vertragspartner bei der Vertragsausführung Aufgaben, die nach dem Vertrag nicht geschuldet sind, so hat er für dabei schuldhaft verursachte Schäden einzustehen (vgl. Haftung / Haftung bei Gefälligkeitsleistungen / Ratschlag). Allerdings stellt der BGH diesen Grundsatz nicht in Frage. Verdichtet sich die Tätigkeit des Architekten zu einer faktischen Bauleitung, dann baut er entsprechendes Vertrauen der Bauherrschaft auf und haftet grundsätzlich nach den Maßstäben einer vertraglich geschuldeten Bauleitung. Wird er nur punktuell in abgrenzbaren Verantwortungsbereichen tätig, bleibt seine Verantwortung grundsätzlich auch nur auf diesen Bereich begrenzt. Fälle haftungsneutraler Gefälligkeit sind kaum denkbar. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese feine Unterscheidung von der Rechtsprechung getroffen wird. Architekten tun gut daran, Vorsicht walten zu lassen, wenn Sie weitere Leistungen erbringen sollen, und sich ihr Tätigwerden gut überlegen. Auf die Frage der Vergütung kommt es im Rahmen der Haftung regelmäßig nicht an.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck