https://www.baunetz.de/recht/Bedenkenhinweis_nicht_erteilt_Haftungsfreistellung_gleichwohl_denkbar_bei_Entbehrlichkeit_des_Bedenkenhinweises_1654639.html
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Bedenkenhinweis nicht erteilt: Haftungsfreistellung gleichwohl denkbar bei Entbehrlichkeit des Bedenkenhinweises
Trotz der Verletzung einer Bedenkenhinweispflicht kann eine Haftungsbefreiung des Architekten eintreten, wenn der Auftraggeber nicht aufklärungsbedürftig war, weil er sich der Problematik bewusst war und auch die Tragweite derselben voll erkannt hat bzw. erkennen musste.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.
Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.
Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 10.02.2011 - VII ZR 8/10)
Ein Architekt wird beauftragt unter anderem mit der Erstellung einer Baugenehmigung für einen zu einem Nachbargrundstück hin gelegenen eingeschossigen Anbau mit Dachterrasse. Bauherren und Architekten ist bekannt, dass es für die Genehmigungsfähigkeit des Anbaus einer Zustimmung des Nachbarn bedarf. Der Nachbar erteilt die Zustimmung, das Bauvorhaben wird aber nicht verwirklicht.
Einige Zeit später wird der Architekt erneut von den Bauherren mit der Bau- und Ausführungsplanung eines zweigeschossigen Anbaus auf der zum Nachbargrundstück gelegenen Seite des Grundstücks beauftragt. Nach einer Besprechung im Bauaufsichtsamt verfasst der Architekt ein Besprechungsprotokoll, in welchem er unter anderem festhält, dass eine erneute Nachbarzustimmung notwendig sei. Die Bauherren sind hiermit nicht einverstanden und korrigieren das Protokoll dahingehend, dass nach den Ergebnissen der beim Bauaufsichtsamt geführten Gespräche eine erneute Zustimmung der Nachbarn nicht erforderlich sei. Das Protokoll wird an den Architekten zurückgesandt, welcher es mit einigen kleineren Korrekturen und technischen Daten dem Bauaufsichtsamt zuleitet.
In der Folge wird der Anbau erstellt, allerdings kurz vor Vollendung auf den Nachbarwiderspruch hin – wegen fehlender Nachbarzustimmung – stillgelegt. Es ergeht eine Rückbauverfügung, gegenüber der sich die Bauherren vor dem Verwaltungsgericht erfolglos zu wehren versuchen. Den unter anderem aus dem Rückbau entstandenen Schaden wollen sie nunmehr gegenüber ihrem Architekten geltend machen.
In allen Instanzen wird die Verantwortlichkeit und Haftung des Architekten für die entstanden Schäden festgestellt. Der Architekt schulde eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung (vgl. z. B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.1997), diese liege hier nicht vor.
Sodann prüft der BGH: Trotz der Mangelhaftigkeit der Architektenleistung trete eine Haftungsbefreiung des Architekten ein, wenn ihm eine bindende Vorgabe des Auftraggebers für die Planung gemacht worden ist, er seiner Bedenkenhinweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und aus dem Verhalten des Auftraggebers der Schluss gezogen werden dürfte, dieser wolle die Fortführung der aus Sicht des Architekten bedenklichen Leistung. Eine Haftungsbefreiung des Architekten könne im Falle einer bindenden Planungsvorgabe auch dann eintreten, wenn der Planer seine Bedenkenhinweispflichten zwar verletzt hat, jedoch gleichzeitig feststeht, dass der Auftraggeber trotz der an sich notwendigen Hinweise auf Durchführung der bedenklichen Leistung bestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1975, BauR 1975, 420, 423). Ein solcher Fall kann etwa dann angenommen werden, wenn der Auftraggeber nicht aufklärungsbedürftig war, weil er sich der Problematik bewusst war und auch die Tragweite derselben voll erkannt hat bzw. erkennen müssen.
Beweisbelastet für die ordnungsgemäße Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht bzw. für deren Entbehrlichkeit sei der Architekt.
Der BGH stellt fest, dass der Architekt vorliegend seiner Bedenkenhinweispflicht nicht ausreichend nachgekommen war. In dem Besprechungsprotokoll des Architekten sei ein ausreichender Hinweis schon deshalb nicht enthalten, weil der Architekt darin lediglich den Gesprächsinhalt der Besprechung mit dem Bauaufsichtsamt ohne eigene Bewertung wiedergegeben habe. Zudem sei in diesem Vermerk kein Hinweis auf die mit einer fehlenden Nachbarzustimmung verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken (Nachbarwiderspruch mit anschließender Stilllegungs- und Abrissverfügung) enthalten. In der Folge prüft der BGH und verneint im Ergebnis die Entbehrlichkeit eines Bedenkenhinweises. Die handschriftlichen Änderungen des Aktenvermerkes durch die Bauherrin lassen nicht darauf schließen, dass den Bauherren die Notwendigkeit einer erneuten Nachbarzustimmung bewusst war und sie die Tragweite der Problematik voll erkannt hatten. Selbst wenn die von den Bauherren vertretene Rechtsauffassung zur Tragweite der bereits erteilten Nachbarzustimmung eher fern lag, war sie nicht so offenkundig falsch, dass der Architekt von einem Bedenkenhinweis befreit war.
(nach BGH , Urt. v. 10.02.2011 - VII ZR 8/10)
Ein Architekt wird beauftragt unter anderem mit der Erstellung einer Baugenehmigung für einen zu einem Nachbargrundstück hin gelegenen eingeschossigen Anbau mit Dachterrasse. Bauherren und Architekten ist bekannt, dass es für die Genehmigungsfähigkeit des Anbaus einer Zustimmung des Nachbarn bedarf. Der Nachbar erteilt die Zustimmung, das Bauvorhaben wird aber nicht verwirklicht.
Einige Zeit später wird der Architekt erneut von den Bauherren mit der Bau- und Ausführungsplanung eines zweigeschossigen Anbaus auf der zum Nachbargrundstück gelegenen Seite des Grundstücks beauftragt. Nach einer Besprechung im Bauaufsichtsamt verfasst der Architekt ein Besprechungsprotokoll, in welchem er unter anderem festhält, dass eine erneute Nachbarzustimmung notwendig sei. Die Bauherren sind hiermit nicht einverstanden und korrigieren das Protokoll dahingehend, dass nach den Ergebnissen der beim Bauaufsichtsamt geführten Gespräche eine erneute Zustimmung der Nachbarn nicht erforderlich sei. Das Protokoll wird an den Architekten zurückgesandt, welcher es mit einigen kleineren Korrekturen und technischen Daten dem Bauaufsichtsamt zuleitet.
In der Folge wird der Anbau erstellt, allerdings kurz vor Vollendung auf den Nachbarwiderspruch hin – wegen fehlender Nachbarzustimmung – stillgelegt. Es ergeht eine Rückbauverfügung, gegenüber der sich die Bauherren vor dem Verwaltungsgericht erfolglos zu wehren versuchen. Den unter anderem aus dem Rückbau entstandenen Schaden wollen sie nunmehr gegenüber ihrem Architekten geltend machen.
In allen Instanzen wird die Verantwortlichkeit und Haftung des Architekten für die entstanden Schäden festgestellt. Der Architekt schulde eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung (vgl. z. B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.1997), diese liege hier nicht vor.
Sodann prüft der BGH: Trotz der Mangelhaftigkeit der Architektenleistung trete eine Haftungsbefreiung des Architekten ein, wenn ihm eine bindende Vorgabe des Auftraggebers für die Planung gemacht worden ist, er seiner Bedenkenhinweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und aus dem Verhalten des Auftraggebers der Schluss gezogen werden dürfte, dieser wolle die Fortführung der aus Sicht des Architekten bedenklichen Leistung. Eine Haftungsbefreiung des Architekten könne im Falle einer bindenden Planungsvorgabe auch dann eintreten, wenn der Planer seine Bedenkenhinweispflichten zwar verletzt hat, jedoch gleichzeitig feststeht, dass der Auftraggeber trotz der an sich notwendigen Hinweise auf Durchführung der bedenklichen Leistung bestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1975, BauR 1975, 420, 423). Ein solcher Fall kann etwa dann angenommen werden, wenn der Auftraggeber nicht aufklärungsbedürftig war, weil er sich der Problematik bewusst war und auch die Tragweite derselben voll erkannt hat bzw. erkennen müssen.
Beweisbelastet für die ordnungsgemäße Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht bzw. für deren Entbehrlichkeit sei der Architekt.
Der BGH stellt fest, dass der Architekt vorliegend seiner Bedenkenhinweispflicht nicht ausreichend nachgekommen war. In dem Besprechungsprotokoll des Architekten sei ein ausreichender Hinweis schon deshalb nicht enthalten, weil der Architekt darin lediglich den Gesprächsinhalt der Besprechung mit dem Bauaufsichtsamt ohne eigene Bewertung wiedergegeben habe. Zudem sei in diesem Vermerk kein Hinweis auf die mit einer fehlenden Nachbarzustimmung verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken (Nachbarwiderspruch mit anschließender Stilllegungs- und Abrissverfügung) enthalten. In der Folge prüft der BGH und verneint im Ergebnis die Entbehrlichkeit eines Bedenkenhinweises. Die handschriftlichen Änderungen des Aktenvermerkes durch die Bauherrin lassen nicht darauf schließen, dass den Bauherren die Notwendigkeit einer erneuten Nachbarzustimmung bewusst war und sie die Tragweite der Problematik voll erkannt hatten. Selbst wenn die von den Bauherren vertretene Rechtsauffassung zur Tragweite der bereits erteilten Nachbarzustimmung eher fern lag, war sie nicht so offenkundig falsch, dass der Architekt von einem Bedenkenhinweis befreit war.
Hinweis
Im Ergebnis führen oben stehende Vorgaben des BGH dazu, dass der Architekt grundsätzlich vollständig haftete; allerdings leitete der BGH aus dem – tatsächlich etwas unverständlichen – Verhalten der Bauherren eine diesen zuzurechnende Mitschuld ab (vgl. Parallelbesprechung).
Im Ergebnis führen oben stehende Vorgaben des BGH dazu, dass der Architekt grundsätzlich vollständig haftete; allerdings leitete der BGH aus dem – tatsächlich etwas unverständlichen – Verhalten der Bauherren eine diesen zuzurechnende Mitschuld ab (vgl. Parallelbesprechung).
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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck