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Bauherr verweigert Auskunft über anrechenbare Kosten: Schätzung erlaubt

Der Architekt kann die anrechenbaren Kosten ausnahmsweise schätzen, wenn er die Grundlagen für ihre Ermittlung in zumutbarer Weise nicht selbst beschaffen kann und der Bauherr ihn vertragswidrig dabei nicht unterstützt (zum Beispiel durch Auskunftserteilung bzw. Herausgabe von Unterlagen).
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Im System der HOAI stellen die anrechenbaren Kosten eine der Grundlagen zur Berechnung der Honorars dar.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 27.10.1994 - VII ZR 217/93 – )
Ein Architekt wird mit Architektenleistungen für ein Bauvorhaben beauftragt. Der genaue Umfang der Baukosten ist dem Architekten nicht bekannt. Zur Erstellung seiner Honorarrechnung verlangt er vom Bauherrn Auskunft, die der Bauherr allerdings verweigert. Nunmehr schätzt der Architekt seine anrechenbaren Kosten.

Der BGH hat in diesem Urteil erstmals bestätigt, dass der Architekt ausnahmsweise die anrechenbaren Kosten schätzen darf, wenn ihm die hierfür erforderlichen Informationen fehlen und der Bauherr Auskunft verweigert. Im Prozess reicht es nicht aus, dass der Bauherr die Schätzung des Architekten bestreitet; er muss vielmehr zu Angaben unter Vorlage der Unterlagen konkret Stellung nehmen.
Hinweis
Das Urteil des BGH ist verschiedentlich durch von Oberlandesgerichten ergänzt worden:

- Die Grundsätze des Urteils gelten für Tragwerksplaner (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.1999 – 22 U 248/98 –) und andere Fachplaner ebenso.

- Der Bauherr kann dem Statiker nicht mit Erfolg entgegenhalten, seine Honorarschlussrechnung sei mangels ordnungsgemäßer Kostenermittlung nicht prüffähig. Der Bauherr ist verpflichtet, dem Statiker die Baukosten im einzelnen mitzuteilen, und handelt treuewidrig, wenn er sich auf ein Bestreiten der von dem Statiker angesetzten anrechenbaren Kosten beschränkt (OLG Hamm, Urteil vom 11.03.1994 – 12 U 9/93 –);

- hat der AN bei Vorliegen einer Pauschalhonorarvereinbarung ein rechtliches Interesse, eine Vergleichsvereinbarung an Hand der Kostenfeststellung vorzunehmen, um die Wirksamkeit der Pauschale überprüfen zu können, so hat er einen Anspruch auf Auskunft über die anrechenbaren Kosten; der AG muss Auskunft über die Höhe der Baukosten erteilen und die Rechnungen für eine angemessene Zeit dem AN überlassen (OLG Köln, Urteil vom 13.01.1998
– 22 U 131/97 –);

- der Auskunftsanspruch des Architekten gegen den Bauherrn zur Berechnung der Honorarforderung entfällt nicht, wenn der Architekt bereits eine Schlussrechnung erteilt hat, an die er gebunden ist, wenn der Bauherr die Prüffähigkeit der Honorarschlussrechnung bestreitet (OLG Köln, Urteil vom 30.05.1990
– 26 U 60/89 –);

- soweit keine Gewerkerechnungen vorliegen, beschränkt sich die Auskunftspflicht des Bauherrn auf die Darstellung von Art und Umfang der durchgeführten Arbeiten, um den Architekten in die Lage zu versetzen, die anrechenbaren Kosten nach ortsüblichen Preisen zu übermitteln (OLG Köln, Urteil vom 30.05.1990
– 26 U 60 /89 –)

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck