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Bauherr macht sich Bauvoranfrage nutzbar: Unentgeltliche Akquisition?

Die Tätigkeit des Architekten bewegt sich nicht mehr im rein akquisitorischen, vergütungsfreien Bereich, wenn sich der Bauherr die Planungsleistungen im Rahmen einer Bauvoranfrage nutzbar macht.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Fraglich ist zunächst, ob ein Vertrag tatsächlich zwischen Architekt und Bauherr zustande gekommen ist.

Von dem Zustandekommen eines Vertrages ist nicht auszugehen, wenn der Architekt seine Leistungen lediglich akquisitorisch erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Saarbrücken , Urt. v. 10.02.1999 - 1 U 379/98 -; Baurecht 2000, 753.)
Investoren wollten auf einem noch zu erwerbenden Grundstück ein größeres Bauvorhaben verwirklichen. Es wurden mehrere Architektenbüros angesprochen und aufgefordert, für das Bauvorhaben einen Entwurf vorzulegen. Mit Hilfe des Entwurfes eines Architektenbüros führen die Investoren eine Bauvoranfrage durch, auf deren Grundlage ein Einvernehmen mit der Behörde erzielt wird. Anschließend erwerben die Investoren das Grundstück und beauftragen ein anderes Büro mit entsprechenden Architektenleistungen. Das Architektenbüro, deren Entwurf der Bauvoranfrage zu Grunde lag, macht Honoraransprüche in Höhe von über DM 90.000,00 geltend.

Das OLG ist der Ansicht, dass ein verbindlicher Architektenvertrag zu Stande gekommen und danach ein Honoraranspruch grundsätzlich gegeben sei. Es handele sich vorliegend nicht mehr um den Bereich einer honorarfreien Akquisition. Vielmehr sei auch von einem vertraglichen Bindungswillen der Investoren auszugehen. Hierfür spreche entscheidend, dass die Investoren sich die Leistungen der Architekten im Rahmen der Bauvoranfrage zu Eigen gemacht und verwertet hätten (vgl. grds. zur Frage, ob eine Bauvoranfrage Akquisitionsleistung sein kann unter Vertrag / .. / Bauvoranfrage).
Hinweis
Das Gericht kürzt jedoch den Honoraranspruch der Architekten um die Hälfte. Die Architekten hätte es versäumt, die Investoren auf die Höhe des zu erwartenden Architektenhonorars aufmerksam zu machen. Der Architekt habe auf die Entgeltlichkeit seiner Tätigkeit aufmerksam zu machen, soweit der Bauherr möglicherweise unentgeltliche Leistungen erwarte. Im Rahmen von Bauvorhaben gelte dies um so mehr, als ein Kostenrahmen durch bereits im Vorstadium angefallene Vergütungspflichten nachhaltig gefährdet werden könne.

Die vorstehende Kürzung des Honorars durch das OLG Saarbrücken erscheint nicht unbedenklich. Grundsätzlich war die Rechtsprechung bisher davon ausgegangen, dass dem Architekten nur in ganz besonderen – hier nicht vorliegenden – Fällen eine Pflicht treffe, den Bauherren über die zu erwartende Höhe seines Honorars aufzuklären (vgl. Haftung / vorvertragliche Pflichten / Aufklärung über die Honorarhöhe). Darüberhinaus ist nicht zu erklären, warum der Bauherr nur den halben Lohn zalhlen soll, wenn er die ganze Leistung verwertet.

Allerdings ist nicht völlig von der Hand zu weisen, dass Architekten einen Hinweis auf die Vergütungspflichtigkeit ihrer Leistungen oftmals gerade im Frühstadium einer Zusammenarbeit vermeiden, um den Auftrag nicht zu gefährden. Nach diesseitiger Ansicht ist es demgegenüber zu empfehlen, von vornherein die Frage des Honorars offen anzusprechen und eine der jeweiligen besonderen Situation entsprechende Einigung zu finden (siehe hierzu "Sicherung des Honoraranspruchs nach Aquisition" unter Tips und mehr).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck