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Auftraggeber darf Baumaßnahme nicht bei offenkundigen Risiken vornehmen lassen

Muss sich dem Auftraggeber aufgrund eigener Kenntnisse tatsächlicher Umstände aufdrängen, dass die Planungen für sein Vorhaben eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen, ist dem Auftraggeber regelmäßig eine Mitschuld zuzuordnen, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben durchführt.
 


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben aufgrund eines Mitverschuldens des Bauherrn.

 

Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 20.06.2013 - VII ZR 4/12 )
Eine Bauherrin beauftragt Anfang 2000 einen Architekten und einen Tragwerksplaner mit Leistungen zur Sanierung eines Altbaus. Der Altbau liegt an der Steilküste von Rügen. Schon zum Zeitpunkt der Beauftragung liegen Gutachten vor, die dem Bereich, in welchem der Altbau steht, fehlende Standsicherheit bescheinigen. Ebenso lag der Ablehnungsbescheid zu einer Bauvoranfrage mit der Begründung vor, die Standsicherheit des Steilhanges in diesem Bereich sei nicht gewährleistet. Eine 2001 dann erteilte Baugenehmigung enthält die Auflage, wegen fraglicher Standsicherheit genauere Baugrundaufschlüsse noch durchzuführen. Dies wird allerdings unterlassen.

Die Sanierung wird bis Ende 2003 durchgeführt. Im März 2005 wird ein größer Abschnitt der Steilküste weg. Die Nutzung des sich unmittelbar an der Abbruchstelle befindlichen Altbaus wird dem Bauherrn behördlich untersagt. Das Gebäude wird aus Sciherheitsgründen abgetragen. Der Bauherr machte darauf hin rund € 3,0 Mio. Schadensersatz gegenüber dem Architekten und dem Tragwerksplaner geltend. Diese wehren sich u. a. mit dem Argument, die Bauherrin müsse sich ein erhebliches Mitverschulden zurechnen lassen.

Das OLG Rostock hält die Ansprüche grundsätzlich für gegeben und erkennt kein Mitverschulden auf Bauherrnseite. Der BGH hebt das Urteil auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht jegliches Mitverschulden der Bauherrin verneint. Ein Auftraggeber dürfe eine Baumaßnahme nicht ohne weiteres auf der Grundlage offenkundiger Risiken nicht vornehmen lassen. Der Auftraggeberin war bereits aufgrund des von ihr selbst eingeholten Gutachtens bekannt, dass der Altbau in einem von Bebauung freizuhaltenden Sicherheitskorridor lag. Der Befund des Gutachtens wurde in der Folgezeigt bekräftigt. Der auf die Bauvoranfrage erteilte Ablehnungsbescheid stellte ebenfalls auf die fehlende Standsicherheit des Steilhanges ab. Die Baugenehmigung schließlich wurde zwar erteilt, ging aber auch von einer Standsicherheitsgefährdung aus und ordnete weitere Untersuchungen an. Vor diesen Umständen dürfte die Auftraggeberin nicht die Augen verschließen, ohne dadurch gegen die ihrem eigenen Interesse dienende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, zu verstoßen, § 254 I BGB.


Hinweis
Die Kenntnis der Bauherrin in den beschriebenen Sachverhalten entließ nach Ansicht des BGH aber die beiden Planer nicht vollständig aus ihrer Haftung. Selbst eine gewisse Sachkunde des Bauherrn – so der BGH – sei nicht ausreichend, um eine Erörterung von standortbezogenen Umweltrisiken als entbehrlich zu erachten. Gerade eine solche Erörterung hatte hier aber nicht stattgefunden.