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Architekt zum Abnahmetermin durch Bauherren entsandt: Anscheinsvollmacht?

Wird der Bauherr unter Vorschlag von Abnahmeterminen zur Abnahme aufgefordert und entsendet er zum Termin einen mit der Sache befassten Architekten, muss er sich dessen rechtsgeschäftliche Erklärung (Abnahme) im Wege der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Liegen die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht vor, so ist eine Erklärung des Architekten dem Bauherren wie bei einer Bevollmächtigung zuzurechnen.
Beispiel
(nach OLG Zweibrücken , - (Beschluss vom 14.11.2017 – 5 U 42/17); BGH, Beschluss vom 11.03.2020 – VII ZR 291/17 NZB zurückgewiesen)
Im Rahmen der Durchführung eines Bauvorhabens beauftragt der Bauherr unter anderem ein Unternehmen mit Innenputz- und Wärmedämmarbeiten. Der vom Bauherrn ebenfalls beauftragte Architekt wird seit Beauftragung des Bauunternehmers in die vertraglichen Beziehungen zwischen Bauherr und Bauunternehmer einbezogen, unter anderem in die Vereinbarung eines Zahlungsplanes. Später kündigte der Bauunternehmer. In seinem Kündigungsschreiben fordert er den Bauherrn zur Abnahme unter Vorschlag von  Abnahmeterminen auf. Schließlich findet ein Abnahmetermin statt, zu welcher der Bauherr seinen Architekten schickt. In dem Termin erklärt der Architekt die Abnahme. In dem darauf folgenden Prozess, in welchem der Bauunternehmer Restwerklohn geltend macht, trägt der Bauherr vor, der Restwerklohn sei bereits mangels wirksamer Abnahme nicht fällig. Der zum Abnahmetermin entsandte Architekt habe eine Vollmacht zur Abnahme nicht gehabt.
 
Diesen Einwand lässt das OLG Zweibrücken nicht gelten und gibt der Zahlungsklage des Bauunternehmers gegen den Bauherrn statt. Werde der Besteller unter Vorschlag von Abnahmetermin zur Abnahme aufgefordert und entsende er zum Termin einen mit der Sache befassten Architekten, müsse er sich dessen rechtsgeschäftliche Erklärungen, auch eine Abnahmeerklärung, im Wege der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. Dass der Bauunternehmer auf die Bevollmächtigung des Architekten vertrauen durfte, ergebe sich zusätzlich aus dem Umstand, dass der von dem Bauherrn beauftragte Architekt bereits seit Vertragsschluss die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien involviert war.
Hinweis
Für die rechtlichen Konsequenzen der Teilnahme eines Architekten an einem Abnahmetermin ist zu unterscheiden zwischen einerseits der Wirksamkeit einer solchen vom Architekten erklärten Abnahme aus Sicht des Bauunternehmers und andererseits etwaiger Pflichtverletzungen des Architekten gegenüber dem Bauherren.
 
Für die Frage der Wirksamkeit einer Abnahmeerklärung gegenüber dem Bauunternehmer gilt grundsätzlich, dass ein Architekt nicht ohne weiteres bevollmächtigt ist, für den Bauherrn eine Abnahme der Bauleistung vorzunehmen. Die Rechtsprechung hat allerdings bereits in verschiedenen Konstellationen entschieden, dass aufgrund der Umstände eine Anscheinsvollmacht anzunehmen war, mithin die Abnahmeerklärung gegenüber dem Bauunternehmer wirksam. Eine entsprechende Konstellation behandelt obenstehender Fall, eine andere wurde durch das OLG DüsseldorfUrteil vom 12.11.1996 entschieden. Das OLG Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 01.03.2000 sogar entschieden, dass ein vom Bauherrn zur Abnahme entsandter Architekt kraft Anscheinsvollmacht berechtigt sei, namens des Bauherrn eine Verkürzung der Gewährleistung zu vereinbaren.

Eine andere Frage ist, ob der Bauherr aufgrund des Verhaltens des Architekten möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegen diesen hat. Grundsätzlich ist der Architekt verpflichtet, den Bauherrn über wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Abnahme (Abnahmevoraussetzungen und Abnahmewirkungen) sowie der Tatsache, dass er selbst grundsätzlich nicht ohne weiteres zu Erklärungen im Rahmen der Abnahme berechtigt ist, aufzuklären. Der Architekt hat entsprechend auch dafür zu sorgen, dass die Rechte seines Auftraggebers im Rahmen der Abnahme gewahrt und Ansprüche nicht verloren gehen. Unterlässt er beispielhaft eine schriftliche Vorbehaltserklärung für einen Vertragsstrafenanspruch des Bauherrn, so haftet er entsprechend gegenüber diesem (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.04.2007). Ob in oben behandeltem Fall der Bauherr Schadensersatz gegenüber dem Architekten geltend machen könnte, erscheint eher zweifelhaft.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck