https://www.baunetz.de/recht/Architekt_muss_fehlerhaften_Einbau_von_Bodenablaeufen_korrigieren__8138563.html


Architekt muss fehlerhaften Einbau von Bodenabläufen korrigieren!

Der Architekt hat bei für ihn erkennbaren Anhaltspunkten für Mängel diese zu prüfen oder zumindest eine Überprüfung durch den Fachplaner sicherzustellen; der Umstand, dass das Gewerk durch einen Fachplaner beaufsichtigt wurde, führt nicht zu einer umfassenden Haftungsfreistellung für den Architekten.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und sons. Fachplanern.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt , - Urteil vom 05.07.2021 – 29 U 110/20)
Eine Stadt beauftragt einen Erweiterungsbau für eine Schule, der im Erdgeschoss über eine Küche, einen Speisesaal, Toiletten, Büro- und Lagerräume sowie einen Heizraum verfügt. Ein Architekt wird mit den Leistungsphasen 1-8 gemäß HOAI beauftragt, ein Fachplaner mit den entsprechenden Leistungen zur technischen Gebäudeausrüstung. Kurz nach der Errichtung des Gebäudes kommt es zu Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelbildungen im Erdgeschoss. Ein Gutachter stellt als Ursache hierfür u.a.  zwei undichte Bodenabläufe fest. Die Stadt nimmt allein den beauftragten Architekten auf Vorschuss i.H.v. Euro 235.000 in Anspruch. Dieser verweist auf seine fehlende Verantwortlichkeit, da schließlich ein Fachplaner mit der Planung, Überwachung des Einbaus und der Abnahme der Bodenabläufe beauftragt worden sei.

Das OLG Frankfurt gibt der Klage gegenüber dem Architekten vollständig statt. Der Architekt habe hier seine Bauüberwachungspflicht verletzt. Zunächst habe der Architekt eine sorgfältige Abnahmebegehung durchführen müssen. Das OLG Frankfurt qualifiziert insoweit den Einbau von Bodeneinläufen als wichtige und kritische Arbeiten, die einer erhöhten Aufmerksamkeit bedürfen (entgegen OLG Köln, Urteil vom 19.10.2005). Bodeneinläufe führten bestimmungsgemäß Wasser und bergen damit das Risiko einer Bodendurchfeuchtung.

Hätte der Architekt eine sorgfältige Abnahmebegehung durchgeführt, hätte er festgestellt, dass der Bodeneinlauf Nr. 11 in der Küche schief war. Der Fliesenbelag war im Bereich des Bodenablaufs Nr. 11 uneben, das sei mit bloßem Auge zu erkennen gewesen. Es hätte keines Rückbaus und auch keines Einsatzes von Werkzeugen bedurft, um die Mängelursache festzustellen. Der Sachverständige habe beschrieben, dass er nur den Abdeckungsrost abgehoben und den Geruchsverschluss händisch aufgedreht habe. Ebenso zu verfahren, sei für den Architekten nicht unzumutbar, sondern geboten gewesen. Das äußerlich auffällige Erscheinungsbild des Bodenablaufes habe Anlass gegeben, dessen fachgerechte Ausführung näher zu überprüfen.

Darüber hinaus habe der Architekt im Rahmen seiner Koordinierungspflicht prüfen müssen, ob der Fachplaner seinen Pflichten zur Überwachung der von ihm zu betreuenden technischen Gewerke tatsächlich nachgekommen sei (das Gericht bezieht sich hierzu auf das Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.11.2011 sowie auf den Beschluss des OLG Hamm vom 16.03.2021). Denn es gehöre zu der Pflicht des Architekten im Rahmen der Leistungsphase 8, die Bauleistung insgesamt unter Einschluss der TGA-Gewerke – bei Mitwirkung der Fachplaner – abzunehmen. Mindestens habe der Architekt den TGA-Fachplaner fragen müssen, ob dieser die Dichtigkeit der Bodeneinläufe und deren ordnungsgemäßen Einbau tatsächlich überprüft habe. Diese Frage sei unstreitig nicht gestellt worden, vielmehr habe der Architekt sich darauf verlassen, dass der Fachplaner seine Aufgaben schon erfüllen würde.

Hinweis
Nach allgemeiner und wohl richtiger Hinsicht ist der Architekt verpflichtet, im Rahmen der ihm zuzumutenden Kenntnisse auch Fachplanerleistungen auf Plausibilität und offensichtliche Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Soweit also hier das äußere Erscheinungsbild des Ablaufes aufgrund des schiefen Einbaus tatsächlich auffällig war, dürfte das Urteil im Ergebnis richtig sein.

Die weitere Begründung des OLG Frankfurt, der Architekt habe auch zu prüfen, ob Fachplaner ihren Pflichten zur Bauüberwachung der von diesen zu betreuenden technischen Gewerke tatsächlich nachgekommen sind mit Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und OLG Hamm, erscheint hingegen zumindest in der Allgemeinheit fraglich: Vorsorglich ist offenbar aber insoweit jedem Architekten anzuraten, die auch mit der Objektüberwachung beauftragten Fachplaner im Rahmen der gemeinsamen Gesamtabnahme zu befragen, ob diese ihren Objektüberwachungen, insbesondere im Hinblick auf die wichtigen und kritischen Gewerke, auch wirklich nachgekommen sind.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck