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Architekt kann sich grundsätzlich auf Schriftformverstoß berufen

Ein Architekt ist nur dann gehindert, sich auf das Fehlen einer schriftlichen und damit formwirksamen Vereinbarung bei Auftragserteilung gemäß § 7 HOAI zu berufen, wenn dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung .

Im Geltungsbereich des § 7 HOAI ist für die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung erforderlich, daß diese schriftlich bei Auftragserteilung vorgenommen wurde.
Beispiel
(nach BGH, Urteil vom 3.8.2023 , - VII ZR 102 / 22)
Ein Bauunternehmen wurde von der Landesstraßenbaubehörde S im Mai 2013 mit Planungsleistungen für eine Flutbrücke und deren Errichtung beauftragt. Das Bauunternehmen beauftragt einen Architekten mit den Planungsleistungen. Vor Beginn der Arbeiten unterbreitet der Architekt der dem Unternehmen ein Angebot über Planungsleistungen für ein Honorar in Höhe von Euro 310.000, welches das Bauunternehmen nicht annahm. Der Architekt begann dennoch mit den Planungen. In der Folge unterbreitete der Architekt dem Bauunternehmen ein weiteres Angebot, in welchem die letztlich beauftragten Leistungen mit einem Betrag in Höhe von Euro 170.000 bewertet wurden. Der Auftraggeber unterzeichnete auch diesen Vertrag nicht, sondern übersandte seinerseits dem Architekten ein Vertragsentwurf, in dem das Honorar mit Euro 161.000 angegeben wurde. Dieser Entwurf wurde wiederum von dem Architekten nicht unterzeichnet. Nachdem das Bauunternehmen lediglich Euro 161.000 zahlt, klagte der Architekt mit dem Argument des Mindestsatzes weitere Euro 114.000 ein.

Das Oberlandesgericht Celle weist die Honorarklage des Architekten ab. Dazu stellt das Oberlandesgericht zunächst fest, dass zwischen den Parteien eine Pauschalhonorarvereinbarung über Euro 161.000 € zustandegekommen sei und der Architekt sich vorliegend treuwidrig verhalte, weil das Vertrauen des Auftraggebers auf das vereinbarte niedrigere Honorar schutzwürdig sei (vergleiche hierzu Urteile unter Bindung an Mindestsatz unterschreiten der Honorarvereinbarung). Darüber hinaus bleibe der Architekt an die getroffene Vereinbarung gebunden, auch wenn die Pauschalhonorarvereinbarung gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 7 HOAI verstieße. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles führe dies anderenfalls zu einem unerträglichen Ergebnis.

Der BGH hebt die Entscheidung des OLG Celle auf. Erweise sich eine Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI ausnahmsweise treuwidrig, weil das Vertrauen des Auftraggebers auf das vereinbarte niedrigere Honorar schutzwürdig sei, lägen nicht zugleich die Voraussetzungen vor, unter denen der Architekt nach Treu und Glauben gehindert sei, sich auf das Fehlen einer schriftlichen und damit formunwirksamen Vereinbarung bei Auftragserteilung (§ 7 Abs. 1 HOAI 2009/2013) zu berufen; hierzu bedürfe es vielmehr der Feststellung, dass dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde und es daher gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sei, sich auf die Formunwirksamkeit zu berufen. Für die Annahme der Treuwidrigkeit genüge es nicht, dass der Architekt dem Bauunternehmen überhaupt im Rahmen der Vertragsverhandlungen einen Pauschalpreis angeboten habe, den das Bauunternehmen letztlich jedoch nicht akzeptiert habe. Ein widersprüchliches Verhalten des Architekten liege nicht vor, vielmehr habe der Architekt dem Bauunternehmen mehrfach ein schriftliches Angebot über die von ihm für angemessen gehaltene Summe von Euro 170.000 unterbreitet. Dass dem Architekten, wie das Berufungsgericht feststellte, bewusst gewesen sei, dass das von ihm angebotene Pauschalhonorar die Mindestsätze der HOAI unterschreiten würde, habe nicht zur Folge, dass die Berufung auf die Formunwirksamkeit treuwidrig wäre. Die auch für das Bauunternehmen als Fachunternehmen offenkundige Formunwirksamkeit der Vereinbarung habe der Architekt nicht treuwidrig herbeigeführt und auch nicht zu vertreten.

Hinweis
Parteien einer Vereinbarung, für die Schriftform vorgeschrieben ist, kann es im Einzelfall verwehrt sein, sich auf die fehlende Schriftform zu berufen. Bekannt ist dies vor allem für die Seite des Auftraggebers (z.B. LG Mainz, Urteil vom 23.6.2010 sowie OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.7.1992).

Das Bauunternehmen hatte sich für sein Argument, dem Architekten sei ebenfalls die Berufung auf die fehlende Schriftform verwehrt, auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 23.11.2010 – 23 U2 115/09) berufen. In dieser Entscheidung hatte des Oberlandesgericht Düsseldorf dargelegt, dass ein Ausnahmefall, in welchem ein Architekt sich nicht auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis berufen könne, vorliege, wenn der Architekt bei seinem Auftraggeber aktiv das berechtigte Vertrauen erweckt habe, eine formwirksame Pauschalhonorarvereinbarung abzuschließen. Dies sei der Fall, wenn der Architekt die Vereinbarung zuvor selbst initiiert und die Verfahrensweise zu deren Abschluss vorgegeben habe und zur Formwirksamkeit lediglich die Unterschrift des Architekten fehle.