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Anordnung von Nachtragsarbeiten durch Architekt ohne Rücksprache mit Auftraggeber pflichtwidrig

Ordnet der Architekt beim bauausführenden Unternehmen die Ausführung von Nachtragsarbeiten an, ohne den Auftraggeber vorher über die angekündigten Nachtragsarbeiten zu informieren und zunächst eine weitere Entscheidung des Auftraggebers abzuwarten, kann darin eine Hinweispflichtverletzung des Architekten gesehen werden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Neben Pflichten zur Überwachung und Rechnungsprüfung treffen den Architekten in der Leistungsphase 8 auch noch sonstige Pflichten.
Beispiel
( - OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 13.10.2022 sowie 02.03.2023 – 21 U 69/21; BGH Beschluss vom 11.10.2023 – VII ZR 64/23 – NZB zurückgewiesen)
Im Rahmen der Errichtung eines Bauvorhabens ordnet der mit Leistungsphase 8 beauftragte Architekt ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber zu nehmen, Nachtragsarbeiten bei einem bauausführenden Unternehmen an. Das Unternehmen macht eine entsprechende Nachtragsforderung gegenüber dem Bauherrn geltend. Dieser will allerdings nicht zahlen.

Vor Beginn des Gerichtsverfahrens verhandelt der Auftraggeber mit dem bauausführenden Unternehmen auch über einen Vergleich. In einem diesbezüglichen Gespräch des Auftraggebers mit dem Architekten, fragt der Auftraggeber den Architekten, ob es nicht klüger sei, den von dem bauausführenden Unternehmen vorgeschlagenen Vergleich anzunehmen, um dann die Frage einer Haftung des Architekten im Nachhinein mit dessen Haftpflichtversicherer zu klären; der Architekt antwortete hierauf, dass dies unrealistisch sei. Der Haftpflichtversicherer des Architekten werde dessen Haftung nur prüfen, wenn eine Verurteilung der Auftraggeber zur Zahlung an das bauausführende Unternehmen vorliege. Der Auftraggeber sollte sich daher im allseitigen Interesse von dem bauausführenden Unternehmen verklagen lassen.

In dem Prozess des bauausführenden Unternehmens gegenüber dem Auftraggeber setzt sich das Unternehmen dann mit einer Vergütung für die beauftragten Nachtragsarbeiten vollständig durch (aufgrund verschiedener Umstände geht das Gericht dabei davon aus, dass der Auftrag an das Bauunternehmen ungeachtet einer möglicherweise fehlenden Vollmacht des Architekten wirksam war). Daraufhin nimmt der Auftraggeber den Architekten in Haftung.

Das Oberlandesgericht Frankfurt erachtet die Anordnung der Nachtragsarbeiten durch den Architekten ohne Rücksprache mit dem Bauherrn als pflichtwidrig.  Allerdings – so das OLG Frankfurt – fehle es an einer substantiierten Darlegung eines kausal durch die etwaige Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Insbesondere sei unzureichend dargetan, wie sich denn der Auftraggeber im Falle eines pflichtgemäßen Hinweises des Architekten verhalten hätte.

Daraufhin stellt der Auftraggeber seine Argumentation um und verlangt nunmehr den Differenzbetrag zwischen dem nicht abgeschlossenen Vergleich und der im Vorprozess zugunsten des Bauunternehmers ausgeurteilten Summe. Der Auftraggeber argumentiert, der Architekt hätte ihm von dem Abschluss des Vergleiches wegen guter Aussichten im Prozess abgeraten.

Das Oberlandesgericht Frankfurt befindet auch diese Argumentation als unzureichend. Dem Gespräch zwischen Architekt und Auftraggeber zum Thema, ob man den Vergleich des bauausführenden Unternehmens annehmen solle oder nicht, sei ein Hinweis des Architekten, dass man den Vergleich nicht annehmen solle, weil der bauausführende Unternehmer mit seiner Klage keinen Erfolg haben werde, nicht zu entnehmen.

Hinweis
Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Architekten Nachtragsarbeiten anzuordnen oder die Berechtigung von rechtlich problematischen Nachtragsforderungen zu beurteilen. Für die Anordnung von Nachtragsarbeiten ist der Bauherr zuständig, dem Architekten fehlt hier in der Regel schon die entsprechende Vollmacht (vgl. OLG München, Urteil vom 10.09.2013). Für die Lösung rechtlich schwieriger Fragen ist der Architekt nicht ausgebildet und entsprechend nicht verpflichtet (wohl leider etwas streitig, vgl. auch Parallelbesprechung).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck