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Abdichtung bei 40 Jahre altem Haus nicht geprüft: Verlust des Deckungsschutzes wegen Verletzung elementarer beruflicher Pflichten!

Es liegt eine Verletzung elementarer beruflicher Pflichten vor mit der Folge des Verlustes des Versicherungsschutzes, wenn ein Architekt bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre ist, die Funktionstauglichkeit der vorhandenen Abdichtung nicht prüft und die sich aus der DIN 1895 ergebenden Abdichtungsanforderungen missachtet.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
( - OLG Köln, Beschlüsse vom 08.05.2023 und 10.08.2023, BGH, Beschluss vom 19.06.2024 – VII ZR 182/23 NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird mit der Sanierung eines mehr als 40 Jahre alten Wohnhauses beauftragt. Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurden einer im Keller befindlichen Einliegerwohnung weitere Kellerräume zugeschlagen. In einer Kostenrechnung schlug der Architekt den Bauherren vor, eine Perimeterdämmung an den erdberührten Außenwänden auszuführen. Dieser Vorschlag wurde nicht ausgeführt. Der Architekt wies die Bauherren nicht darauf hin, dass der Verzicht auf diese Maßnahmen innerhalb weniger Jahre zu einem massiven Feuchtigkeitsschaden in der Einliegerwohnung führen könnte. Etwa 5 Jahre später kam es zu eben diesen Feuchtigkeits- und Schimmelschäden. Die Wand wurde mit echtem Hausschwamm befallen. Die Bauherren erhielten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von rund Euro 110.000 gegenüber dem Architekten gerichtlich zugesprochen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Architekten nehmen die Bauherren die Versicherung des Architekten direkt in Anspruch.

Ohne Erfolg. Das OLG Köln weist die Klage ab. Zwar seien die Bauherren hier aufgrund der Insolvenz des Architekten berechtigt, ihre Ansprüche direkt gegenüber der Versicherung  geltend zu machen, § 115 VVG. Allerdings sei die Versicherung ihrerseits berechtigt, den Deckungsschutz zu verweigern, da der Ausschlussgrund der bewussten Pflichtwidrigkeit vorliege. Eine bewusste Pflichtwidrigkeit bzw. wissentliche Pflichtverletzung, die zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führe, begehe der Versicherungsnehmer, der die von ihm verletzten Pflichten positiv kenne. Es müsse feststehen, dass der Versicherungsnehmer die Pflichten zutreffend gesehen habe und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung einer wissentlichen Pflichtverletzung sei der Versicherer. Dies bedeutet, dass zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen habe, der auf eine Wesentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeute. Der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien sei aber nach der Rechtsprechung dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handele, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden könne. Eine Verletzung elementarer beruflicher Pflichten sei anzunehmen, wenn ein Architekt bei der Planung einer kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre ist, die Funktionstauglichkeit der vorhandenen Abdichtung nicht prüft und die sich aus der DIN 1895 ergebenden Abdichtungsanforderungen missachtet.


Hinweis
In dem Prozess ist es dem Architekten möglich nachzuweisen, dass ein Verstoß gegen elementares Grundwissen infolge einer irrigen Annahme nicht bewusst erfolgte (vgl. LG Bad Kreuznach, Urteil vom 07.03.2014); dieser Nachweis war dem Architekten im vorliegenden Prozess aber nicht gelungen. 

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck