https://www.baunetz.de/recht/30jaehrige_Verjaehrungsfrist_bei_Organisationsverschulden_s._aber_unter_Weiteres__43806.html
- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
Mitmachen statt meckern
Engagierte Debatten 2024
Wie eine gut sortierte Bücherei
BauNetz WOCHEN des Jahres
Aus allen Perspektiven
Highlights der Redaktion Wissen
Umbau ist das einzig Wahre
Sechs Beiträge aus der Redaktion BauNetz interior|design
Ressource im Fokus
Best-of CAMPUS 2024
Genossenschaftliche Passage in Düsseldorf
Wohnbauten von Stefan Forster
Stampflehm im Gewerbepark
Firmencampus für Weleda in Schwäbisch Gmünd
30jährige Verjährungsfrist bei Organisationsverschulden! (s. aber unter Weiteres)
Auf die 5jährige Gewährleistungsfrist gemäß § 638 BGB kann sich ein Architekt nicht berufen, wenn er oder sein Bauleiter sich über offensichtliche Mängel unwissend gehalten haben; es gilt die 30jährige Verjährungsfrist [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002].
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.
Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.
Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.
Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Beispiel
(nach OLG Celle , Urt. v. 31.08.1994 - 6 U 194/92 -, NJW-RR 1995, 1486)
Am 10.02.1991 fiel die gesamte Decke (Deckenverkleidung) einschließlich des Dämmmaterials und großer Teile der Deckenunterkonstruktion (Verlattung) in der im Juli 1983 eingeweihten und seither genutzten gemeindlichen Mehrzweckhalle der Stadt K. herunter. Durch das Herabfallen der Decke wurde u.a. der Hallenfußboden, zwei Basketball-Übungsanlagen und zwei Hallenfußballtore beschädigt. Die Stadt nimmt den damals beauftragten Architekten in Haftung. Die damalige Objektüberwachung war von dem Architekten intern einem hierzu abgestellten Bauleiter überlassen worden. Dieser sagt im Rahmen einer Zeugenvernehmung aus, er habe sich - solange er als Architekt tätig sei - um solche handwerklichen Dinge wie die Befestigung von Deckenunterkonstruktionen und abgehängte Decken nie gekümmert und die Art der Ausführung jeweils den Handwerkern überlassen. Der Architekt beruft sich auf Verjährung etwaiger Ansprüche.
Das Gericht gibt der Schadensersatzklage statt. Die vorliegende Pflichtverletzung führe zu einem Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002]. Die Verjährungsfrist gemäß § 638 BGB, die grundsätzlich für derartige Schadensersatzansprüche gelte, sei verstrichen. Die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB sei jedoch ausnahmsweise nicht anzuwenden, wenn ein Werkmangel arglistig verschwiegen worden sei (vgl. § 638 I 1). Ein arglistiger Verstoß gegen vertragliche Offenbarungspflichten liege nicht nur dann vor, wenn bekannte Mängel verschwiegen würden. Vielmehr könne sich der Werkunternehmer (hier der Architekt) seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich unwissend halte oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bediene, Mängel zu offenbaren. Sorge er bei der Herstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so handele er vertragswidrig. Der Werkunternehmer müsse organisatorische Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweise. Der Werkunternehmer haftet dabei auch für die Kenntnis oder Unkenntnis solcher Mitarbeiter, die - wie hier der Bauleiter des Architekten - mit der Prüfung des Bauwerkes auf Mangelfreiheit betraut seien und allein ihr Wissen und ihre Mitteilung den Unternehmer in Stand setzten, seine Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller zu erfüllen. Habe der Unternehmer (Architekt) also die Überwachung und Prüfung des Werkes nicht oder nicht richtig organisiert und wäre der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden, so sei der Bauherr so zu stellen, als wäre der Mangel dem Werkunternehmer (Architekten) bei Ablieferung des Werkes bekannt gewesen; in diesem Falle verjährten die Gewährleistungsansprüche des Bauherrn erst nach 30 Jahren.
Die Voraussetzungen seien hier erfüllt. Der vom Architekten eingesetzte Bauleiter habe seine Bauaufsichtspflichten deutlich verkannt. Die Unwissenheit seines Erfüllungsgehilfen müsse sich der Architekt zurechnen lassen. Er habe die Prüfung des Werkes nicht richtig organisiert. Er hätte den Bauleiter, der erst über relativ wenige Berufsjahre Erfahrung verfüge, entweder schon bei der Einstellung generell oder aus konkretem Anlass bei dem hier in Rede stehenden Bauvorhaben über die Aufgaben eines Bauleiters im Rahmen der Bauaufsicht unterrichten müssen und ihm insbesondere auch mitteilen müssen, dass die Befestigung oder Aufhängung von Deckenunterkonstruktionen zu kontrollieren seien. Eine solche Aufklärung sei unstrittig nicht erfolgt.
(nach OLG Celle , Urt. v. 31.08.1994 - 6 U 194/92 -, NJW-RR 1995, 1486)
Am 10.02.1991 fiel die gesamte Decke (Deckenverkleidung) einschließlich des Dämmmaterials und großer Teile der Deckenunterkonstruktion (Verlattung) in der im Juli 1983 eingeweihten und seither genutzten gemeindlichen Mehrzweckhalle der Stadt K. herunter. Durch das Herabfallen der Decke wurde u.a. der Hallenfußboden, zwei Basketball-Übungsanlagen und zwei Hallenfußballtore beschädigt. Die Stadt nimmt den damals beauftragten Architekten in Haftung. Die damalige Objektüberwachung war von dem Architekten intern einem hierzu abgestellten Bauleiter überlassen worden. Dieser sagt im Rahmen einer Zeugenvernehmung aus, er habe sich - solange er als Architekt tätig sei - um solche handwerklichen Dinge wie die Befestigung von Deckenunterkonstruktionen und abgehängte Decken nie gekümmert und die Art der Ausführung jeweils den Handwerkern überlassen. Der Architekt beruft sich auf Verjährung etwaiger Ansprüche.
Das Gericht gibt der Schadensersatzklage statt. Die vorliegende Pflichtverletzung führe zu einem Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002]. Die Verjährungsfrist gemäß § 638 BGB, die grundsätzlich für derartige Schadensersatzansprüche gelte, sei verstrichen. Die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB sei jedoch ausnahmsweise nicht anzuwenden, wenn ein Werkmangel arglistig verschwiegen worden sei (vgl. § 638 I 1). Ein arglistiger Verstoß gegen vertragliche Offenbarungspflichten liege nicht nur dann vor, wenn bekannte Mängel verschwiegen würden. Vielmehr könne sich der Werkunternehmer (hier der Architekt) seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich unwissend halte oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bediene, Mängel zu offenbaren. Sorge er bei der Herstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so handele er vertragswidrig. Der Werkunternehmer müsse organisatorische Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweise. Der Werkunternehmer haftet dabei auch für die Kenntnis oder Unkenntnis solcher Mitarbeiter, die - wie hier der Bauleiter des Architekten - mit der Prüfung des Bauwerkes auf Mangelfreiheit betraut seien und allein ihr Wissen und ihre Mitteilung den Unternehmer in Stand setzten, seine Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller zu erfüllen. Habe der Unternehmer (Architekt) also die Überwachung und Prüfung des Werkes nicht oder nicht richtig organisiert und wäre der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden, so sei der Bauherr so zu stellen, als wäre der Mangel dem Werkunternehmer (Architekten) bei Ablieferung des Werkes bekannt gewesen; in diesem Falle verjährten die Gewährleistungsansprüche des Bauherrn erst nach 30 Jahren.
Die Voraussetzungen seien hier erfüllt. Der vom Architekten eingesetzte Bauleiter habe seine Bauaufsichtspflichten deutlich verkannt. Die Unwissenheit seines Erfüllungsgehilfen müsse sich der Architekt zurechnen lassen. Er habe die Prüfung des Werkes nicht richtig organisiert. Er hätte den Bauleiter, der erst über relativ wenige Berufsjahre Erfahrung verfüge, entweder schon bei der Einstellung generell oder aus konkretem Anlass bei dem hier in Rede stehenden Bauvorhaben über die Aufgaben eines Bauleiters im Rahmen der Bauaufsicht unterrichten müssen und ihm insbesondere auch mitteilen müssen, dass die Befestigung oder Aufhängung von Deckenunterkonstruktionen zu kontrollieren seien. Eine solche Aufklärung sei unstrittig nicht erfolgt.
Hinweis
Aufgrund der Änderung des Rechts zum 01.01.2002 ergibt sich folgendes:
Die durch die Rechtsprechung zum sog. Organisationsverschulden bewirkte Verlängerung der Verjährung hat zunächst einige Skepsis und Überraschung hervorgerufen. Die Rechtsprechung stellt - grob gesagt - fahrlässige Unkenntnis von Mängel auf Grund fehlender Organisation arglistigem Verschweigen gleich. In beiden Fällen galt nach altem Recht lediglich eine 30jährige Verjährungsfrist, nicht die 5jährige Verjährungsfrist gemäß § 638 BGB. Die Rechtsprechung ist zwischenzeitlich im Grundsatz weitgehend akzeptiert.
Nach neuem Recht wird abzuwarten bleiben, ob die Rechtsprechung das Institut des "Organisationsverschuldens" aufrecht erhält; soweit dies der Fall ist, läuft für entsprechende Ansprüche die Regelverjährung (s. auch unten Weiteres), d.h. etwa drei Jahre ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs, aufgrund von § 634a III BGB n.F. nicht schneller als 5 Jahre, im übrigen in höchstens 10 bzw. 30 Jahren ab Entstehung des Anspruchs.
Aufgrund der Änderung des Rechts zum 01.01.2002 ergibt sich folgendes:
Die durch die Rechtsprechung zum sog. Organisationsverschulden bewirkte Verlängerung der Verjährung hat zunächst einige Skepsis und Überraschung hervorgerufen. Die Rechtsprechung stellt - grob gesagt - fahrlässige Unkenntnis von Mängel auf Grund fehlender Organisation arglistigem Verschweigen gleich. In beiden Fällen galt nach altem Recht lediglich eine 30jährige Verjährungsfrist, nicht die 5jährige Verjährungsfrist gemäß § 638 BGB. Die Rechtsprechung ist zwischenzeitlich im Grundsatz weitgehend akzeptiert.
Nach neuem Recht wird abzuwarten bleiben, ob die Rechtsprechung das Institut des "Organisationsverschuldens" aufrecht erhält; soweit dies der Fall ist, läuft für entsprechende Ansprüche die Regelverjährung (s. auch unten Weiteres), d.h. etwa drei Jahre ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs, aufgrund von § 634a III BGB n.F. nicht schneller als 5 Jahre, im übrigen in höchstens 10 bzw. 30 Jahren ab Entstehung des Anspruchs.
Verweise
Haftung / Verjährung / altes Recht
Haftung
Haftung / Verjährung
Haftung / Verjährung / neues Recht
Haftung / Verjährung / altes Recht
Haftung
Haftung / Verjährung
Haftung / Verjährung / neues Recht
Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck